Anzeige
Anzeige
Kommentar

Deshalb wäre die Deutsche Bahn mit dem GDL-Vertrag besser dran

Im Tarifstreit mit der GDL könnte die Bahn den neuen Tarifvertrag einfach akzeptieren. Denn sie könnte vor allem von besseren Arbeitsbedingungen des Zugpersonals profitieren.

3 Min.
Artikel merken
Anzeige
Anzeige
Der GDL-Streik lässt die Deutsche Bahn in eine Krise stürzen. Doch die Lösung ist einfacher als gedacht (Bild: picture alliance/dpa | Julian Stratenschulte)

Genervte Pendler:innen, Chaos auf den Straßen – wenn es so wieder losgeht, ist eins klar: Die GDL streikt mal wieder. Seit November ist es schon das fünfte Mal, dass die Gewerkschaft der Lokomotivführer:innen wieder auf die Straße geht.

Anzeige
Anzeige

Die Forderungen haben sich nicht verändert. Der Lohn soll um 555 Euro angehoben werden. Auch Azubis würden laut Plan der GDL mehr Geld bekommen. Auch die Zuschläge für Schichtarbeit sollen um 25 Prozent steigen. Zeitgleich soll die wöchentliche Arbeitszeit auf 35 Stunden gesenkt werden – ohne Lohnabsenkung. Währenddessen sollen zwei freie Wochentage im Schichtdienst garantiert werden. Hinzu kommen soll auch eine Inflationsausgleichsprämie in Höhe von 3.000 Euro und fünf Prozent Arbeitgeberanteil für die betriebliche Altersvorsorge.

Keine hohen Forderungen

Schon von 2013 bis zum nun auslaufenden Vertrag ist der Lohn um 533 Euro angestiegen. Klingt viel? Ist es nicht! Durch die Inflation ist der Lohn effektiv geringer. Was also nach einem verwöhnten Haufen Forderungen klingt, ist vielmehr eine gerechte Entlohnung für einen Knochenjob, den zu wenige möchten – dank des Fachkräftemangels ist die Auswahl sowieso schon gering. Was die Bahn nur nicht verstehen will: Auch sie würde von einem besseren Tarifvertrag profitieren.

Anzeige
Anzeige

Die wohl direkteste Konsequenz findet sich in der Zuverlässigkeit der Bahn. Die Züge sind ohnehin nicht vorbildlich. Im Jahr 2023 befanden sich die Bahnverspätungen auf Rekordniveau. Auch die schon vergangenen Streiks machen die Bahn immer unzuverlässiger. Nun sollen die angekündigten Wellenstreiks dafür sorgen, dass die Bahn zu einem schier unbrauchbaren Verkehrsmittel wird. Streiks werden ab sofort nicht mehr angekündigt und sollen kürzer sein. Die Methode der GDL ist vielleicht nicht die feine englische Art, zeigt aber einen wichtigen Aspekt. Spontane Ausfälle sind auch ohne Streiks nicht so unwahrscheinlich. Denn ein großer Grund für die wachsende Unzuverlässigkeit ist auch der Fachkräftemangel.

In allen Bereichen ein Gewinn für die DB

Es gibt nämlich schlichtweg zu wenig Personal bei der Bahn. 68.600 Stellenanzeigen veröffentlichte die Bahn im vergangenen Jahr. Die wenigsten davon werden wirklich besetzt. Der bayerische GDL-Bezirksvorsitzende Uwe Böhm erzählt sogar der Abendzeitung, dass der Konzern mittlerweile ein Rekrutierungsbüro in Ägypten aufmache, um Lokführer:innen zu bekommen. Der Erfolg scheint mäßig zu sein. Ausfälle können entweder nur durch wachsenden Stress des vorhandenen Personals oder gar nicht kompensiert werden.

Anzeige
Anzeige

Bei dieser Notlage wirken die Forderungen der GDL kontraproduktiv: Das schon dünn besetzte Personal würde noch weniger arbeiten, wodurch noch mehr Menschen gebraucht werden. Doch das Gegenteil ist der Fall: Denn der Tarifvertrag macht einen undankbaren Schichtarbeitsjob viel attraktiver. Dass das so funktioniert, zeigen gleich mehrere Handwerksbetriebe.

Bestes Beispiel ist die von den Medien als „Gen-Z-Bäckerei“ betitelte Filiale Till und Brot. Damit Bäcker:innen nicht um 2 Uhr nachts aufstehen müssen, öffnet Till Gurka sein Geschäft erst um 11 Uhr. Die Bäckerei hat mehr Bewerbungen als überhaupt Personal benötigt wird und einen treuen Kund:innenstamm. Würde die Bahn den Tarifvertrag annehmen, dann würde auch der undankbare Beruf Lokomotivführer:in attraktiver werden. Die verringerte Arbeitszeit pro Person könnte einfacher durch neues Personal aufgefangen werden.

Anzeige
Anzeige

Insgesamt wäre der GDL-Tarifvertrag in eigentlich allen Bereichen ein Gewinn für die Deutsche Bahn. Dass der Konzern nach weiteren Streiks einknickt, wirkt aber unwahrscheinlich. So könnte sich der Fachkräftemangel durch die Kündigungen frustrierter Angestellter noch weiter verschärfen. Die Kosten, die dadurch entstehen würden, könnten sogar höher werden als beim Vorschlag der GDL.

Fluktuation kostet

Arbeitskräfte zu verlieren, kostet das Unternehmen eine Menge Geld und Zeit. Denn es braucht Exit-Gespräche, Stellenanzeigen, Bewerbungsgespräche, Probearbeit, gutes Onboarding und noch viel mehr, um die Stellen neu zu besetzen. Laut einer Deloitte-Analyse fallen durchschnittlich 14.900 Euro an, bis die Nachbesetzung fertig eingearbeitet ist. Bei Unternehmen mit über 1.000 Angestellten, wie bei der Deutschen Bahn, die alleine in Deutschland über 200.000 Menschen beschäftigt, kommen die Kosten auf über 17.000 Euro. Da die Analyse aus dem Jahr 2018 ist, sollten die Zahlen heute sogar noch höher sein. Im Vergleich zu den Kosten einer Neubesetzung sind die Forderungen der GDL sogar harmlos. Eine Massenkündigung hingegen wäre jedoch katastrophal.

Mehr zu diesem Thema
Fast fertig!

Bitte klicke auf den Link in der Bestätigungsmail, um deine Anmeldung abzuschließen.

Du willst noch weitere Infos zum Newsletter? Jetzt mehr erfahren

Anzeige
Anzeige
Ein Kommentar
Bitte beachte unsere Community-Richtlinien

Wir freuen uns über kontroverse Diskussionen, die gerne auch mal hitzig geführt werden dürfen. Beleidigende, grob anstößige, rassistische und strafrechtlich relevante Äußerungen und Beiträge tolerieren wir nicht. Bitte achte darauf, dass du keine Texte veröffentlichst, für die du keine ausdrückliche Erlaubnis des Urhebers hast. Ebenfalls nicht erlaubt ist der Missbrauch der Webangebote unter t3n.de als Werbeplattform. Die Nennung von Produktnamen, Herstellern, Dienstleistern und Websites ist nur dann zulässig, wenn damit nicht vorrangig der Zweck der Werbung verfolgt wird. Wir behalten uns vor, Beiträge, die diese Regeln verletzen, zu löschen und Accounts zeitweilig oder auf Dauer zu sperren.

Trotz all dieser notwendigen Regeln: Diskutiere kontrovers, sage anderen deine Meinung, trage mit weiterführenden Informationen zum Wissensaustausch bei, aber bleibe dabei fair und respektiere die Meinung anderer. Wir wünschen Dir viel Spaß mit den Webangeboten von t3n und freuen uns auf spannende Beiträge.

Dein t3n-Team

NanoPolymer

Ob allein die Verringerung der Arbeitszeit zu mehr Personal führen würde stelle ich stark in Frage. In der Nacht arbeiten und auch am Wochenende und zu Feiertagen muss man ja trotzdem.

Dazu muss jede Stunde deutlich teurer bezahlt werden damit am Ende die Fahrer genauso viel wie vorher in der Tasche haben. Heißt Preise müssen wieder hoch.

Mal schauen wo die sich diesmal treffen.

Antworten

Melde dich mit deinem t3n Account an oder fülle die unteren Felder aus.

Bitte schalte deinen Adblocker für t3n.de aus!
Hallo und herzlich willkommen bei t3n!

Bitte schalte deinen Adblocker für t3n.de aus, um diesen Artikel zu lesen.

Wir sind ein unabhängiger Publisher mit einem Team von mehr als 75 fantastischen Menschen, aber ohne riesigen Konzern im Rücken. Banner und ähnliche Werbemittel sind für unsere Finanzierung sehr wichtig.

Schon jetzt und im Namen der gesamten t3n-Crew: vielen Dank für deine Unterstützung! 🙌

Deine t3n-Crew

Anleitung zur Deaktivierung
Artikel merken

Bitte melde dich an, um diesen Artikel in deiner persönlichen Merkliste auf t3n zu speichern.

Jetzt registrieren und merken

Du hast schon einen t3n-Account? Hier anmelden

oder
Auf Mastodon teilen

Gib die URL deiner Mastodon-Instanz ein, um den Artikel zu teilen.

Anzeige
Anzeige