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Social Media Guidelines: Sinnvoll oder doch überflüssig?

Über den Sinn und Unsinn von Social Media Guidelines ist in den letzten Tagen und Wochen kontrovers diskutiert worden. Während die eine Seite sich sicher ist, dass sie mittlerweile überflüssig sind, beharrt die andere Seite auf ihre Wichtigkeit. Doch wer hat nun Recht? Quo vadis Social Media Guidelines – der Versuch einer Antwort.

Von Falk Hedemann
6 Min. Lesezeit
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Social Media Guidelines: Sind sie heute noch notwendig oder doch schon verzichtbar?

Contra: Social Media Guidelines sind 2011 nicht mehr notwendig

Auf dieser Seite steht beispielsweise der ARD-Journalist Richard Gutjahr. In einem Blogbeitrag zur Zukunft der Journalisten rät er dazu „Verbrennen Sie Ihre Social Media Guidelines!“. Damit kritisiert er nicht zuletzt auch die Social Media Guidelines der ARD, auf die sich alle angeschlossenen Anstalten nach drei Jahren endlich einigen konnten. Doch wirklich helfen können sie seiner Meinung nach nicht, denn wenn man sie liest, „hat man hinterher soviel Lust auf Facebook, Twitter oder Blogs wie auf Hämorrhoiden“.

Social Media Guidelines: Sind sie heute noch notwendig oder doch schon verzichtbar?

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Das Hauptproblem ist also in diesem Fall die verwendete Sprache. Social Media Guidelines, die quasi im Beamtendeutsch mehr verregeln als echte Tipps für den Umgang mit sozialen Netzwerken zu geben, sind nicht dazu geeignet, das Engagement der Mitarbeiter zu wecken oder aufrecht zu erhalten. Das ist aber kein spezielles Problem der Social Media Guidelines, sondern gilt auch für andere Bereiche wie beispielsweise die Nutzung interner Kommunikationsmittel.

Pro: Social Media Guidelines sind wie Spielregeln – wer sie nicht kennt, versteht das Spiel nicht

Zwar sind viele Mitarbeiter auch privat bei Facebook, Twitter und Google+ unterwegs, doch für die Kommunikation im Namen eines Unternehmens oder einer Marke gelten andere Regeln. Man müsse sich das vorstellen wie die Spielregeln für ein neues Spiel, ohne die die Mitspielenden den Sinn des Spiels nicht verstehen können, schreibt Bernadette Bisculm auf ihrem Blog. Dass das nicht immer einfach und schon gar kein Selbstläufer ist, macht sie ebenfalls deutlich:

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Jedes System ist nur so gut, wie es umgesetzt wird. Genau so ist es mit Weisungen, Richtlinien, Guidelines und Leitbildern. Die Erstellung, Einführung und Umsetzung entscheidet massgeblich darüber, wie sie akzeptiert werden.

Es gibt gute Gründe für Social Media Guidelines

Auch 2011 sind die Social Media Guidelines für viele Unternehmen noch nicht wegzudenken. Auf der einen Seite haben Kritiker wie Richard Gutjahr zwar Recht, wenn sie monieren, dass Social Media Guidelines oft eher abschreckend als zum Mitmachen einladend sind. Dennoch wird es sie noch einige Jahre geben und dafür gibt es gute Gründe.

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Der für mich wichtigste Grund ist die Unterstützung aller Mitarbeiter, also vor allem auch derjenigen, die noch keine oder kaum Erfahrungen im Social Web gemacht haben. Und das kann in einem größeren Unternehmen durchaus auch die Mehrheit sein, von der Top-Manager-Ebene bis runter zum Azubi. Die Branche spielt da kaum eine Rolle. Selbst in Unternehmen, die sich mit Kommunikation beschäftigen, gibt es Mitarbeiter, die sich nicht trauen, im Social Web im Namen ihres Unternehmens zu kommunizieren – aus Angst etwas falsch zu machen. Ihnen fehlen dabei gar nicht mal die persönlichen Fähigkeiten, sondern oft nur die Erfahrungen und das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten.

Geht es um die Nutzung von Social Media im Unternehmen und für das Unternehmen, so kann man die Mitarbeiter in vier Gruppen einteilen:

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  1. Mitarbeiter, die sich auskennen und intern als Social-Media Leuchttürme angesehen werden. Sie nutzen die verfügbaren Plattformen nicht nur regelmäßig, sondern auch sicher.
  2. Mitarbeiter, die privat bei Facebook, Twitter & Co. unterwegs sind, beruflich aber nicht. Sie trauen sich entweder nicht oder wissen nicht, was sie tun dürfen und was nicht.
  3. Mitarbeiter, die Social Media beruflich nutzen müssen, privat aber noch keine Erfahrungen sammeln konnten.
  4. Mitarbeiter, die weder privat noch beruflich bisher mit Social Media zu tun hatten. Sie können sich oft nicht vorstellen, welchen Sinn Facebook, Twitter & Co. haben könnten und beschäftigen sich schon deshalb erst gar nicht damit.

Nur für die erste Gruppe der Mitarbeiter sind Social Media Guidelines überflüssig, alle anderen können zum Teil stark von ihnen profitieren und dadurch natürlich auch das Unternehmen, beziehungsweise die Marke. Letztlich kann jeder Mitarbeiter zum Markenbotschafter werden, wovon ein Unternehmen stark profitieren kann. Zwar werden viele Nutzer Fans von Marken oder folgen ihnen bei Twitter, doch über den Wert solcher Fans wird immer noch gestritten.

Mitarbeiter zu Markenbotschaftern machen

Im Grunde genommen sind Unternehmen im Social Web eher wie Fremdkörper, denn im ursprünglichen Sinne sollen die Social Networks Menschen untereinander verbinden. Doch auch die Unternehmen und Marken haben die Möglichkeiten zur direkten Kommunikation mit ihren Kunden sehr schnell für sich entdeckt und schätzen gelernt. Für den Erfolg eines Social Media Auftritts gilt die Authentizität als Basisfaktor, ohne den es heute nicht mehr geht. Das geht nur über ein gewisses Maß an Menschlichkeit, denn Kunden wollen heute nicht mehr als Kunden angesprochen werden, sondern als Menschen. Das geht zwar auch über den Firmen-Account und die Fanpage, aber noch besser funktioniert das im direkten Kontakt zwischen Mitarbeiter und dem Kunden.

Jeder bloggende, twitternde und facebookende Mitarbeiter hat das Potenzial zum Markenbotschafter, so er sich denn mit seinem Arbeitgeber auch identifizieren kann. Zusammen genommen können alle Mitarbeiter eines Unternehmens eine viel größere Authentizität erzeugen, als es ein offizieller Kanal kann – auch wenn dieser über eine sehr große Reichweite verfügt.

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Wer Fan einer Marke wird, verspricht sich davon oft einen Vorteil, der über reine Informationen hinausgeht. Das können beispielsweise Schnäppchen oder Give Aways sein. Direkte Kommunikationen mit Mitarbeitern sind da oft wertvoller, denn sie sind weniger anonym und können sehr viel mehr Authentizität ausstrahlen, als ein Firmenaccount. Setzen die Mitarbeiter ihre persönlichen Social Media Kanäle auch dazu ein, über ihr Unternehmen zu berichten, so werden sie zu wertvollen Markenbotschaftern. Dafür brauchen sie aber nicht nur spezielle Fähigkeiten, sondern auch ein gewisses Maß an Handlungssicherheit. Während die Fähigkeiten erlernt werden müssen, können Social Media Guidelines für mehr Sicherheit sorgen. Was darf ich eigentlich über meinen Arbeitgeber schreiben, wie reagiere ich angemessen auf Kritik und warum sollte ich überhaupt über meinen Arbeitgeber berichten? Das sind die Fragen, die Arbeitnehmer stellen und die durch Social Media Guidelines beantwortet werden können.

Wie sehen die optimalen Social Media Guidelines aus?

Dass es auch Social Media Guidelines geben kann, die die Mitarbeiter nicht mitnehmen, sondern eher abschrecken, ist hinlänglich bekannt. Aber es gibt auch viele gute Beispiele, an denen sich Unternehmen orientieren können.

Als sehr gelungen kann man beispielsweise das Video „Herr Bohne geht ins Netz“ des Kaffeerösters Tchibo bezeichnen:

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Weniger aufwändig, aber ebenso gelungen, weil auf zwei Seiten komprimiert, sind die Social Media Guidelines des Hörbuchanbieters Audible.

Etwas mehr in Richtung Social Media Policy geht es bei der Krones AG (PDF). Hier bekommen die Mitarbeiter zunächst ganz allgemein eine Einführung zum Thema Social Media. Was ist das eigentlich und wofür ist das gut. Erst dann werden die Richtlinien zur Nutzung von Social Media erklärt.

Auch international renommierte Werbeagenturen wie Grey haben ihre eigenen Social Media Guidelines. Bei Grey gelingt die Darstellung über einen engen Bezug zum realen Leben:

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Die Otto Group geht sehr selbstbewusst mit den Social Media Richtlinien um und erlaubt ausdrücklich auch negative Äußerungen:

Als Mitarbeiter/in haben Sie das Recht, sich privat und auch öffentlich über das Unternehmen zu äußern – positiv wie negativ. Wenn Sie dies tun, sollten Sie in Ihrem eigenen Interesse und aus Respekt gegenüber der Community möglichst deutlich machen, dass Sie nur aus Ihrer persönlichen Sicht schreiben.

Die vollständigen Social Media Guidelines im Blog von Klaus Eck.

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Sehr modern in der Sprache und etwas umfangreicher gehalten sind die Social Media Guidelines des Startups flinc:

flinc Social Media Guidelines

Viele weitere Social Media Guidelines von deutschen Unternehmen und Marken hat Christian Buggisch gesammelt. Wer es lieber international mag, findet bei Klaus Eck eine Sammlung mit 100 Beispielen für Social Media Guidelines. Und wer immer noch nicht überzeugt ist, sollte sich unseren Magazin-Artikel „Wie Social-Media-Guidelines Unternehmen und Mitarbeitern helfen können“ von Stefan Oßwald nicht entgehen lassen.

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Weiterführende Links zum Thema Social Media Guidelines:

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47 Kommentare
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Philip

Diese nur scheinbare Kontroverse ist doch per se überflüssig. Habe ich Mieter in einem Haus, gehört es sich eine Hausordnung aufzusetzen und verbindlich zu unterschreiben. Es geht immer um einen möglichen Streitfall, auch wenn Teile des Inhalts selbstverständlich sein sollten…

Antworten
Gerald Czech

Manchmal tut es gut die Perspektive zu wechseln. Die Guidelines oder Policies sind oftmals symbolische Handlungen, die den beteiligten (noch-) Nichtbenutzern der neuen Medien zeigen können, dass Partizipation in diesen Medien tatsächlich intendiert ist.
Man muss diese Art der Regeln auch von einer Metaebene soziologisch interpretieren und von dort aus haben sie – gerade in grossen Organisationen – höchste Relevanz, weil sie Blockierer im Mittelbau wenn schon nicht überzeugen können dann zumindest hemmen.
Zudem kann ein partizipativer Ansatz in der Guideline-Produktion weitere Hemmungen abbauen und dem Social Media Engagement der Organisationsmitglieder gut tun.

Antworten
Christian Henne

Ich glaube, dass die rein inhaltlichen Verhaltensregeln zwar auch sinnig sind, aber zu kurz greifen. Eine wesentliche Herausforderung für Unternehmen besteht in der Einhaltung der Compliance und IT-Richtlinien. Social Media Guidelines – oder ich sage lieber digitale Guidelines – müssen die Datenschutzebene mit beleuchten.

Mit welchen E-Mail-Konten darf ich mich wo anmelden? Was passiert bei einer Synchronisation einer Smartphone App und ist diese zulässig. Hier lauern für Unternehmen meines Erachtens mindestens so große Gefahren wie durch falsche Ausdrucksweise im Social Web. Diese rein inhaltliche Betrachtung gibt es so eindimensional nur, weil die Guidelines in aller Regel von der Unternehmenskommunikation ausgearbeitet werden. Wenn man Compliance und IT solche Guidelines vorlegt, dann schütteln sie in aller Regel den Kopf…

Ich komme selbst von der Kommunikationsseite, kann aber jedem Unternehmen nur empfehlen, ganzheitliche Guidelines aufzusetzen und diese mit IT und Compliance abzustimmen.

Antworten
Adrian

Die grundsätzliche Frage ist doch nicht die nach Social-Media-Guidelines, sondern vielmehr die, ob sich ein Unternehmen so all seinen Stakeholdern gegenüber verhält, dass Mitarbeiter guten Gewissens und ohne Befolgung von Richtlinien selbstständig die Kommunikation auf einer ganz anderen Ebene fortführen und vollkommen selbstständig das Unternehmen und seine Aktivitäten verteidigen.
Daher sollte vor der Erarbeitung von Guidelines vielleicht zunächst einmal die Strategie des Unternehmens und die daran angeschlossenen Aktivitäten überdacht werden.

Antworten
Carina

Neben dem „ordnungspolitischen“ Charakter spielen Social Media Guidelines noch eine andere wichtige Rolle: In vielen Unternehmen stellt die Nutzung von Social Media Neuland dar und passt zu Beginn häufig erst mal so gar nicht zur bestehenden Unternehmenskultur. Je nachdem, wie diese Guidelines klingen und vor allem wie sie eingeführt werden, können Unternehmen das Signal setzen „Wir haben verstanden, dass Kommunikation heute anders funktioniert.“ Im geschilderten Fall der ARD geht’s scheinbar eher um völlige Absicherung; das ist für die Unternehmenskommunikation schade. Sicherlich wäre es in der Theorie günstiger, erst eine offene, angstfreie, verantwortungsvolle Kommunikationskultur zu schaffen und sich dann ins Social Web zu begeben – das ist in der Realität aber zumeist gar nicht machbar. Wer es klug angeht, nutzt Social Media Guidelines nicht nur als „Hausordnung“, sondern initiiert damit einen Dialogprozess unter den Hausbewohnern, um ein zuvor genutztes Bild aufzugreifen.

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