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Analyse

Amazon Vine: Warum auf die Warentester jetzt Post vom Finanzamt zukommt

Das Vine-Programm von Amazon ist beliebt, denn die Warentester:innen erhalten Produkte nach Wunsch kostenlos zur Bewertung. Jetzt könnte das Finanzamt sich für die diesbezüglichen Vorteile und deren Wert interessieren. Doch vieles ist noch reichlich unklar.

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Waren kostenlos für eine Rezension – das ist das Konzept von Amazon Vine. (Foto: Shutterstock)

Das Amazon-Programm Vine ist eine Warentester:innen-Plattform, über die Kund:innen, wenn sie angemeldet sind und sich qualifiziert haben, regelmäßig Warenangebote bestellen können – ganz kostenlos und prinzipiell noch nicht mal mit der Bedingung, eine positive Rezension verfassen zu müssen. Doch viele Nutzer:innen gehen davon aus, dass sie gegebenenfalls auch ihren Status im Vine-Programm verlieren können, wenn sie häufiger negativ über Waren urteilen.

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„Vine Voices haben die einzigartige Möglichkeit, Artikel kostenlos zu bestellen und ihre Produkterfahrungen mit Amazon-Kunden zu teilen, um ihnen zu helfen, fundierte Kaufentscheidungen zu treffen“, heißt es auf der entsprechenden Seite des Programms. In den letzten Monaten seit April hat Amazon offenbar die Zahl derer, die sich bei Vine registrieren können, erweitert. Erforderlich sind dafür nach den Worten des Unternehmens „regelmäßig verfasste aufschlussreiche Rezensionen“, die aber nur die Wahrscheinlichkeit der Aufnahme erhöhen können.

Besonders lukrativ sind hierbei der Silber- und Gold-Status. In ersterem Fall können Nutzer:innen bis zu drei Artikel am Tag und Waren im Wert von jeweils bis zu 95 Euro bestellen, den Vine-Nutzer:innen mit Gold-Status stehen dagegen bis zu acht Artikel am Tag mit beliebigem Wert offen. Bewertet wird aber schon, wie hoch der Prozentsatz der bestellten und bewerteten Artikel des letzten halben Jahres ist. Für den Gold-Status müssen dann mindestens Hundert Artikel bewertet werden, wobei die Quote bei mindestens 90 Prozent der bestellten Waren liegen soll.

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Steuerpflicht nach DAC7-Verordnung

Jetzt allerdings gibt es reichlich Aufregung in der Vine-Community mit ihren kostenlosen Warenangeboten. Denn seit 2023 fragt das Finanzamt bekanntermaßen bei den Plattformen nach Steuerinformationen von Dienstleister:innen im Rahmen der DAC7-Verordnung. Dabei handelt es sich normalerweise eher um Händler:innen, die Waren über die Plattform vertreiben, und andere Serviceanbieter:innen, die mit Amazon zusammenarbeiten, doch zählen hier offenbar jetzt auch die Vine-Mitglieder dazu.

Hierfür übermittelt Amazon nicht nur die persönlichen Daten inklusive Geburtsdatum, Adresse und Umsatzsteuer-ID, sondern auch den Betrag, den die Produkttester:innen an Zuwendung von den jeweiligen Markenbetreiber:innen oder Auftraggeber:innen erhalten haben. Es handelt sich dabei also um den Wert der über Vine bestellten Waren, wobei noch strittig ist, ob die teilweise überhöhten angegebenen Preise oder ein tatsächlicher realistischer Wer zugrunde gelegt werden.

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Für all das hat Amazon jetzt einen ausführlichen Fragebogen eingestellt (der allerdings noch nicht in allen Konten sichtbar und verfügbar ist), den die Vine-Nutzer:innen zeitnah in ihrem Konto ausfüllen und spätestens alle drei Jahre aktualisieren müssen. Für Vine-Nutzer:innen, die schon länger dabei sind, bedeutet das, dass sie erst 2024 gemeldet werden, die Neuzugänge von 2023 werden hingegen bereits in diesem Jahr mit dem Finanzamt abgeglichen.

Neu beitretende Produkttester:innen werden ab November ohnehin direkt bei Beitritt sämtliche Steuerdaten abgeben müssen, die älteren Viner:innen müssen dagegen für ein Verbleiben im Programm bis Ende 2023 ihre Daten abgegeben haben. Diese Praxis deutet darauf hin, dass Amazon selbst von der Rechtslage überrascht worden sein könnte. Möglicherweise ist Amazon davon ausgegangen, dass das Gesetz nicht auf Vine anzuwenden ist.

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Produkte liefen bislang oft unter dem Radar des Fiskus

Dass die Aufregung so groß ist, hat wohl auch damit zu tun, dass viele Vine-Nutzer:innen teilweise größere Warenmengen hochwertiger Produkte bezogen haben und die hierdurch erhaltenen Einkünfte (und dazu zählen unter Umständen auch die Waren selbst) nicht versteuert haben. Klar ist, dass hier das Finanzamt bei größeren Fällen nachfassen wird und gegebenenfalls auch Strafen für Steuerhinterziehung drohen können.

Doch die Rechtslage ist verzwickt – und bislang ist noch vieles undurchsichtig: Es macht beispielsweise einen Unterschied, ob man die erhaltene Ware nach einem gewissen Zeitraum veräußert und hiermit einen Gewinn erzielt hat oder ob man die Ware im eigenen Bestand behalten und diese somit einen Restwert hat.

Auch ist die Frage, ob die Ware eben zu dem bei Warenbezug angegebenen Preis oder einem tatsächlichen Wert angerechnet wird – wahrscheinlich ist aber eher Letzteres, zumal zumindest in der Vergangenheit die Ware nicht gleich in den Besitz des:r Tester:in übergeht. Bekannt ist, dass in anderen Fällen (einschlägige Anzeigen- und Gebrauchtwarenplattformen) Meldung ans Finanzamt erst bei rund 2.000 Euro Warenumsatz oder 30 Transaktionen gemacht werden muss.

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Zusätzliche Risiken für Bürgergeldbezieher:innen

Möglicherweise heikel werden könnte die Sache vor allem für die Bezieher:innen von Sozialleistungen, die dann die Zuflüsse/Geschenke von Amazon ans Amt hätten melden müssen. Auch könnten die Vine-Zuwendungen als zusätzliches Einkommen auf selbstständiger Basis bewertet werden, die dann bei entsprechenden Weiterverkäufen ein zusätzliches Gewerbe nach sich ziehen würden (von den zu zahlenden Steuern mal ganz abgesehen).

Die Amazon-Produkttester:innen werden hier durch den Fiskus ähnlich bewertet wie Influencer:innen. Und auch für diese gilt ja die Regel, dass eine Bezahlung auch in Form der Ware erfolgen und die Pflicht zu Versteuerung nach sich ziehen kann. In vielen Fällen erhalten diese daher die Zusage durch den:die Bereitsteller:in der Ware, dass sämtliche Steuerverpflichtungen, die den Warenwert betreffen, bereits durch das Unternehmen erledigt sind. Doch genau das hat hier nicht stattgefunden.

Welcher Wert zu veranschlagen ist, bleibt unklar

Verschwunden ist inzwischen übrigens der Passus, dass Waren erst nach sechs Monaten an die Rezensent:innen übergehen, doch selbst dann dürfte ein geldwerter Vorteil für die Nutzung in den ersten sechs Monaten entstehen, wenn es den Viner:innen nicht gelingt, zu belegen, dass sie die Ware ausschließlich für den Test benutzt haben. Nach den sechs Monaten ist dieser Fall durch den Übergang in deren Privatbesitz auf jeden Fall klar. Dann stellt sich nur die Frage, ob die Ware weitergenutzt, entsorgt (nachweislich!) und abgeschrieben oder weiterverkauft wurde (dann ist der Erlös abzüglich der gen Null tendierenden Kosten) zu versteuern.

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Unklar ist, wer hier die Beweisführung einer privaten Nutzung erbringen muss und in welchen Fällen sich das Finanzamt dafür überhaupt interessieren wird. Zu erwarten ist aber, dass insbesondere im ersten Jahr aus Gründen der Effizienz vor allem auf die größten Vine-Nutzer:innen geschaut werden wird. Dabei wird aber trotz des dadurch weniger attraktiven Vine-Programms Amazon wohl nicht in Mitleidenschaft gezogen. Denn die Produkte werden vom jeweiligen Lieferanten und nicht von Amazon an den:die Produkttester:in überlassen und auch ein Anspruch auf Mängelbeseitigung besteht nicht gegenüber Amazon. Klarer geregelt ist jetzt, dass das Eigentum an der Ware und die Berechtigung, diese zu behalten oder weiter zu veräußern, an die Tester:innen übergeht.

Fazit: Keine neue Steuerpflicht, sondern Ahnden bestehender Gesetze

Unterm Strich ist also die Aufregung um die Steuerpflicht unangebracht, denn diese bestand auch in der Vergangenheit bereits. Nun werden aber zumindest manche größere Accounts mit vier- bis fünfstelligen Einnahmen durch Waren mit Post vom Finanzamt rechnen müssen und benötigen in vielen Fällen im Nachgang die Unterstützung eines:r Steuerberater:in.

Anders als einige Nutzer:innen in den einschlägigen Foren raten, bringt es dabei übrigens nichts, die Steuerdaten einfach nicht anzugeben, da Amazon ja zumindest die unvollständigen Datensätze übermitteln wird und das zuständige Finanzamt dann per Datenabgleich die Daten zusammenführt, wie dies auch in anderen Fällen möglich ist. Sicher ist indes, dass man durch die fehlende Abgabe der Daten aus dem Vine-Programm herausfällt.

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7 Kommentare
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Dein t3n-Team

Markus

Was ist eigentlich mit Produkten die im Rahmen des Tests kaputt gehen?
Oder die Produkte einfach so schlecht sind, dass man sie nach dem Test entsorgt (Müll), weil sie eben schrott bzw. ungeeignet waren?

Antworten
BewertungsOase

Lies doch nochmals den Text, ist dort beschrieben.
Es wird auch dafür sorgen, dass diese Ware wohl über Facebook, email und Telegramm verschenkt wird, was heutzutage schon oft passiert.
Liebe Grüße,
Deine BewertungsOase

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Mark

Ich finde es eher faszinierend, dass den Testern nicht schon längst klar ist, steuerpflichtig zu sein. Jedwede Zuwendung des Arbeitgebers, die 50€/Monat übersteigt (und auch die 50€ müssen regional eingesetzt werden) muss voll versteuert werden.
Warum sollte das bei Produkttests anders sein?
Im Gegenteil. Ein Großteil wird ja weiterverkauft worden sein, was dann das Thema „Gewerbeanmeldung“ auf den Tisch bringen.
Und die Entsorgung muss belegbar sein. Da reicht es nicht zu sagen: „war halt kaputt, hab ich weggeworfen“
z.B. die Waren auf die Deponie bringen & einen Entsorgungsnachweis erhalten.

Vor allem die Goldmitglieder, die da Waren im 5-Stelligem Wert abgegriffen haben

Holger

Dieser Artikel ist eine Frechheit. Wenn Sie nicht wissen wovon und worüber sie da Reden und vor allem keine Ahnung vom Steuerrecht haben, halten sie sich doch bitte zurück mit Unwahrheiten, Spekulationen und in diversen Foren zusammengesuchten Falschaussagen ! Unfassbar !

Antworten
FH

Mich würde tatsächlich interessieren, inwiefern der Artikel nicht zutreffend ist. Ich bin seit dem 27.10 dabei und hatte mir bei der Anmeldung und ersten Bestellung noch keine Gedanken gemacht bezüglich Steuern. Jetzt, wo man zur Angabe der Steueridentifikationsnummer aufgefordert wurde, habe ich mich versucht zu informieren. Dabei hat sich der Artikel als hilfreich herausgestellt. Ich hätte auch keine Probleme damit, meine Nummer anzugeben. Ich selbst bin momentan Student und hatte eigentlich nur vor, ein paar Produkte, die ich selbst verwende, zu testen und dann zu behalten. Jetzt würde mich im Prinzip interessieren, ob ich einen groben „Freibetrag“ habe, den ich im Jahr testen kann, ohne eine Einkommenssteuererklärung abgeben zu müssen (von der ich ja momentan befreit bin). Der bisher konsultierte Steuerberater zuckte zunächst mit den Achseln…

Antworten
Ben

Wirklich kontrollieren tut es das Finanzamt eh nicht. Es gibt haufenweise Testergruppen auf Telegram, Facebook und Co. Dort vermitteln meist Chinesen massenweise Produktbewertungen. Auch 1-Sterne-Bewertungen für Konkurrenten kann man dort kaufen. Manche Testkäufer erhalten um die 20 Produkte pro Woche. Amazon behauptet zwar dass sie gegen falsche Bewertungen vorgehen aber bislang passiert hier nicht viel. Auch die eigentliche Meldung eines Geldwertenvorteils macht in der Praxis niemand.

Antworten
Johann Erik Berthold

last sie in Ruhe sie machen Angaben und
Bewertungen die auch nicht immer stimmt.nur das sie nicht mehr als Tester ja infrage kommen.und das gehört bestraft.de n es gibt Tester die Dan die Sachen im Netz vergeben an Leute die sich nichts leisten können das finde ich gut.und so gehört dass auch gemacht.sage immer die Wahrheit und du fliegst von den job.aber der Verkauf gehört besteuert und das ist rechtens.mfg Johann Berthold

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