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Kommentar

Twitter und Elon Musk: Haken dran – ein vorläufiges Arbeitszeugnis

„Ein Satz mit X“ – Spott dieser Art muss sich Elon Musk seit Monaten für den Kauf des Unternehmens, das einst Twitter hieß, anhören. Zu Recht, sagt unser Autor. Denn statt Neuausrichtung gibt es Chaos, anstelle von Strategie herrscht Ratlosigkeit. Ein vorläufiges Arbeitszeugnis. 

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Elon Musk und das X‑Logo. (Symbolbild: Kovop/Shutterstock)

Euphorisch twitterte Elon Musk: „Der Vogel ist frei!“ Es war der 28. Oktober 2022 – der Tag der Übernahme durch den heute 52-jährigen Unternehmer und Milliardär, der bereits viele Unternehmen – allen voran Tesla und SpaceX – in ungeahnte Höhen geführt hatte. Dies geschah jedoch stets inklusive dramatischer Rückschläge und, nennen wir es es mal, reichlich Funkenflug.

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Inzwischen ist ein Jahr vergangen und viel passiert mit und rund um Twitter. Eine der wichtigsten Plattformen für Trends, gesellschaftlichen Diskurs und globalen Austausch – lange schien Twitter an diesen Relevanzkriterien festzuhalten. Und lange mit Erfolg. Immerhin schaut das Unternehmen inzwischen auf eine Historie von 17 Jahren zurück. Doch das, was einst Twitter war, heißt inzwischen X, hat längst nicht mehr die Relevanz früherer Tage, bietet nur noch wenig Spielraum für Erkenntnisgewinn und aufschlussreiche Debatten und mutet dieser Tage an wie das ungeliebte Spielzeug eines verstimmten Kindes.

Einen detaillierte Aufzählung aller Skandale, Empörungen, Kontroversen, Irritationen und Dispute, die Elon Musk in seinem Jahr an der Spitze von X verursacht hat, würde an dieser Stelle den Rahmen sprengen. Die Zeit dafür haben wir uns in unserem Podcast zu „ein Jahr Twitter unter Elon Musk“ genommen. 

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Wir beschränken uns also hier auf die düstersten Kapitel, die fragwürdigsten Ankündigungen, die unrühmlichen Methoden seiner Art der Unternehmensführung. Das erste Kapitel schrieb Elon Musk relativ zeitnah nach der Übernahme. Es trägt den Titel „Menschen entfernen wie kaputte Fensterscheiben aus einem Tesla“.

Führungsstil: Alles muss raus!

Die Entlassung von rund 50 Prozent der damaligen Twitter-Belegschaft – wir reden von etwa 7.500 Menschen – hat zu Recht für Entsetzen gesorgt. Nicht nur wegen der Aggressivität und Totalität, in der Elon Musk offenbar das Unternehmen umkrempeln wollte, sondern auch wegen der Art und Weise der Kündigung per E‑Mail.

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Eine ebenso fragwürdige Fortsetzung erging nur wenige Tage später über die noch immer geschockten entlassenen Mitarbeiter:innen, als einige von ihnen tatsächlich zurück ins Büro beordert wurden. Dort konnte das Tagesgeschäft mit einer Halbierung der dafür notwendigen Ressourcen nicht mehr deadlinegerecht umgesetzt werden. Merkwürdig!

Wie mit Menschen umgegangen wird – auch im Arbeitsleben – gerät zu Recht schon seit einigen Jahren immer mehr in den Fokus der Debatten und der allgemeinen Wahrnehmung, auch in den USA. Der Weg ist der richtige: Arbeitnehmer:innen formulieren klare Erwartungen, wichtige Kontrollinstanzen werden zum Schutz der Belegschaften gestärkt, Missstände und Fehlverhalten haben sichtbare Konsequenzen.

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Das Vorgehen dieses Unternehmenschefs ist die Kehrseite der Medaille und demonstriert beispielhaft, dass dieser Weg noch längst nicht zum Ziel geführt hat. Elon Musk ignoriert jeden Maßstab und moralischen Kompass als Verantwortlicher über ein derart großes Unternehmen. Sein Umgang mit Menschen: ein Desaster.

Community hängt am Haken

Lange Zeit stand der blaue Twitter-Haken für einen verifizierten Account. Etwas, das nicht bloß vorgibt, etwas zu sein, sondern tatsächlich auch genau das war. Natürlich sollte dies zu keiner Zeit den Anspruch der User ersetzen, sich selbst kritisch und mit einem gewissen Maß an Vorsicht im Netz zu bewegen. Längst war der Haken kein Garant für Seriosität.

Dennoch, das Symbol war auch Qualitätssiegel für Authentizität – etwa beim Konsum von politischen Nachrichten. Wir wissen, dies ist keine leichte Beschäftigung. Zu oft kollidieren in sozialen Netzwerken Fakes und politische Agenda mit sachlicher Berichterstattung und wertvollen Inhalten. Der Haken eines Accounts diente als erster Wegweiser – als Lupe für den anschließenden kritischen Blick hinein.

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Dass eine große Plattform auch profitabel sein muss, ist sicher für alle Seiten verständlich und erklärbar. Dies jedoch anhand eines Qualitätssiegels für Authentizität bewerkstelligen zu wollen, ist es nicht. Der Effekt: Unzählige Fake-Accounts konnten fortan mit ihrem Acht-Dollar-Haken den Anschein erwecken, authentisch zu sein. Sorgsame Verifikation: Fehlanzeige!

Alles oder nichts

Aktivieren User:innen heute die App auf dem Smartphone, wird der innere Konflikt bereits deutlich: Neben dem X‑Symbol sind es noch immer die Twitter-blauen Buttons und Schriftzüge, die auf dem Display auftauchen. Die zu sehr gewollte und doch bisher nicht vollendete Transformation von Twitter zu Elons Musk „App für alles“ – sie stürzte die Plattform nur weiter ins Chaos.

Eine unklare Strategie, Milliardenverluste, eine globale Community, die täglich kleiner wird, aufwühlende Postings und sogar Datenmanipulation durch den Inhaber – das Zwischenfazit für Elon Musk führt keineswegs zu den Sternen. Inzwischen sollen rund 20 Millionen User:innen der Plattform den Rücken gekehrt haben (121 Millionen Nutzer:innen insgesamt). Der Datenverkehr soll um etwa 15 Prozent zurückgegangen sein, berichtet das Analyseunternehmen Apptopia. Zugegeben, die Angaben schwanken. Fest steht dennoch: X befindet sich im freien Fall.

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Das Chaos hat auch sein Gutes: Nicht nur die große Konkurrenz durch den Facebook-Mutterkonzern Meta, die mit dem Dienst Threads in Stellung geht. Auch vergleichsweise unbekannte, dezentrale Netzwerke wie Mastodon oder das noch relativ neue Bluesky könnten für User:innen echte Mehrwerte bieten.

Für das Großprojekt, das Elon Musk vor einem Jahr 44 Milliarden Dollar wert war, bleiben die Prognosen jedoch finster. Und nicht wenige User:innen haben sich längst entschieden. Twitter und Elon Musk: Haken dran!

Elon Musks Leben in Bildern:

Elon Musks Leben in Bildern Quelle: dpa

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2 Kommentare
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V.S.

Naja, ich stimme mit dem Kommentar hier nicht wirklich überein. Ehrlich gesagt denke ich sogar das der Redakteur sich nicht wirklich mit den Fakten zu X (Twitter) befasst hat und auch selbst kein wirtschaftliches Verständnis hat.

Antworten
Pekka

Ich bin wirklich kein Musk-Fan und finde die Umbenennung in „X“ eine Ego-getriebene Fehlentscheidung (und seine langfristigen Zukunftspläne zur „everything app“ auch), aber dieser Artikel überbietet in Lächerlichkeit mal wieder alles.

Massenentlassungen gab es im US-Social-Media-Geschäft letzten Herbst bei allen Playern. Unmenschlich und brutal laufen sie ebenfalls bei allen Playern ab, das weiss jeder, der mit der amerikanischen Corporate-Welt mal zu tun gehabt hat. Über den Kontext wird man in Deutschland aber nicht informiert, zumindest nicht vom Mainstream-Blätterwald. Lieber arbeitet man sich und sein deutsches Besserwissertum am bösen Exzentriker ab.

Twitter war bisher jedes Jahr seiner Existenz defizitär und wurde von Gesellschaftern wie Blackrock und Saudi-Arabien aus zumindest mir unbekannten Gründen alimentiert. Das war für die korrekt denkende deutsche Medienwelt nie ein Problem oder gar Grund, mal nachzufragen, warum das so ist. Dass Musk beim Versuch, Profitabilität herzustellen, 80% der Belegschaft entlassen konnte, ohne dass die Plattform krachend und brennend an die Wand fuhr… wovon monatelang JEDER überzeugt war… setzt einen beeindruckenden Präzedenzfall in einer Branche, die durch billiges Geld zwei Jahrzehnte lang weit über Gebühr aufgebläht wurde, sowohl im Organigramm als auch bei den Gehältern. Einschnitte wie dieser dürften der eigentliche Grund sein, warum die Tech-Welt ihn so hasst. Es sind direkt oder indirekt die eigenen Tröge in Gefahr.

Eindeutig positive Entwicklungen auf Twitter wie die fantastischen Community Notes, mit denen JEDER Tweet widerlegt oder in den richtigen Kontext gesetzt werden kann, und die schon eine Menge Fakenews auf allen Seiten (auch von BBC, Lauterbach und anderen prominenten Akteuren; auch von Musk selbst!) aufgedeckt haben – einer der wenigen demokratischen Ansätze zur Bekäpfung von Desinformation! – verschweigt der Artikel auch komplett.

Schwache Leistung, sichtlich von den üblichen billigen Ressentiments angetrieben. Musk und vor allem seine Pläne könnte man intelligenter Kritisieren. Ich selbst würde für den Mann nie arbeiten wollen.

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