Startup-Check: Diese 6 Startups solltest du jetzt auf dem Schirm haben
Dilecy: Ran an die Daten
Wer hat die Hoheit über unsere Daten, und wie werden diese genutzt? Diese Fragen beschäftigen die drei Gründer von Dilecy, Gevriye Duman, Benedict Gondolph und Kris Laumann. Die Vision der Gründer ist, dass jeder Nutzer selbst den größtmöglichen Datensatz über sich besitzt. Sie haben einen Desktop-Client entwickelt, der es Nutzern ermöglichen soll, all ihre personenbezogenen Daten bei Unternehmen einzusammeln, zu kontrollieren und auch für sich selbst zu nutzen. Allerdings will Dilecy nicht nur die Datenverwaltung erleichtern, also das Einsammeln und Löschen, sondern auch mit personenbezogenen Daten Geld verdienen. Konkret: mit Unternehmenskooperationen zum Ausspielen personalisierter Angebote zum Beispiel für eine personalisierte Reise oder eine individuell abgestimmte Therapie. Auch Premium-Features seien denkbar. Die Anwendung zur reinen Datenabfrage und -verwaltung soll für den Nutzer kostenlos bleiben.
Unser Urteil: Dilecy hat von APX, dem Early-Stage-Investor von Axel Springer und Porsche, ein erstes Investment erhalten. Damit hat das Team einen starken strategischen Partner an seiner Seite. Allerdings: Datenschutz ist ein heikles Thema. Dilecy muss aufpassen, dass es mit den Einkünften aus personalisierter Werbung nicht Vertrauen verspielt. Transparenz ist für das Startup daher unverzichtbar.
Anmerkung der Redaktion: Das Startup Dilecy existiert mittlerweile nicht mehr.
Results: Durchblick im Tool-Dschungel
Software-as-a-Service-Tools (kurz: SaaS) gibt es mittlerweile zuhauf. Zu entscheiden, welche Software für welches Unternehmen und welche Bedürfnisse am besten geeignet ist, dabei möchte das junge Startup Results helfen. Die Gründer Feda Mecan, Kay Schaefer, Tim Tepass und Benjamin Lode sind der Meinung, dass die meisten SaaS-Tools im Internet falsch oder gegen Bezahlung bewertet werden und möchten Transparenz schaffen. Ihr im Dezember 2019 gegründetes Unternehmen lässt Experten Tausende Tools auf Funktionalität und Nutzbarkeit testen und gibt Unternehmen – vom Startup bis zum Mittelständler – Empfehlungen für die richtige Software. Geld verdienen sie damit auf zwei Wegen: Zum einen kassieren sie Affiliate-Provisions, zum anderen haben Software-Anbieter die Möglichkeit, eine Platzierung bei Results zu kaufen. Allerdings können die Unternehmen nur die Platzierung erwerben, nicht jedoch die Bewertung.
Unser Urteil: Zu entscheiden, welche Software sich für welches Unternehmen eignet, fällt selbst Branchenexperten nicht immer leicht. Je mehr Tools es gibt, desto wichtiger wird Fachexpertise. Der Bedarf ist da. Sich gegen die vielen Online-Bewertungen durchzusetzen, egal, ob gekauft oder nicht, dürfte Results allerdings schwerfallen.
Juracus: Spar dir den Anwalt
Mit jeder Vertraulichkeitserklärung, mit jeder Geschäftsanbahnung und spätestens mit jedem Neukunden fällt in B2B-Unternehmen ein neuer Vertrag an. Laut einer Studie machen Rechtsabteilungen in 70 Prozent aller Fälle nichts anderes, als Verträge auf ihre Rechtssicherheit zu prüfen. Mit jedem Vertrag fallen also teure Stundensätze für Juristen an. Das möchte Juracus ändern. Das Team hat ein Software-as-a-Service-Tool entwickelt, das Verträge automatisiert analysiert. Die Software überprüft die Verträge auf Rechtssicherheit und Konflikte mit Geschäftsrichtlinien. Die Nutzer können über Juracus auch die Verträge verwalten und zum Beispiel nach Laufzeiten und Fristen sortieren. Das Startup verkauft Software-Lizenzen an seine Kunden mit einer Abrechnung pro Nutzer im Monat. Nick Albrecht und Gökhan Akkamis haben Juracus Anfang 2019 gegründet, mittlerweile ist das Team achtköpfig.
Unser Urteil: Juracus kooperiert mittlerweile mit Dvelop, dem zweitgrößten Anbieter für Dokumentenmanagement in Deutschland. Über den Erfolg des Startups entscheidet allerdings, ob es auch andere große Kunden von sich überzeugen kann.
Clouberry: Schluss mit Schrott-Goodies
Kugelschreiber, Notizbücher, Tassen. Pro Jahr geben deutsche Unternehmen laut Branchendaten über 3,5 Milliarden Euro für Werbegeschenke aus. Nachhaltig sind die meisten allerdings nicht. Die Goodies, oft aus Plastik, landen fix im Müll. Chalwa Heigl setzt darauf, dass die Unternehmen das ändern wollen, und hat im März 2019 Clouberry gegründet – ein Startup für nachhaltige Corporate Gifts. Von Schokolade bis hin zu Lesezeichen kauft das Startup Produkte zum Branden bei kleinen Unternehmen rund um den Globus ein. Das Startup tritt aber nicht nur als Händler auf, um die Produkte über seine Plattform an Firmenkunden zu verkaufen, sondern agiert zudem als Full-Service-Agentur im nachhaltigen Customer-Relationship-Management und entwickelt entsprechende Konzepte für Firmen.
Unser Urteil: Clouberry ist nicht das erste Unternehmen, das Chalwa Heigl aufbaut: Sie hat bereits eine Kommunikationsagentur und eine Kuchenmanufaktur gegründet. Außerdem hat das Team ein starkes Netzwerk und kann nach eigenen Angaben auf einen Adresspool von über 10.000 Firmenadressen zurückgreifen. Zu den Kunden von Clouberry zählen bereits Daimler, Eon und Huawei.
Ninebarc: Das Erbe digital verwalten
Nachlassverwaltung und Patientenverfügung sind sensible Themen, die man gerne wegschiebt. Dabei kann eine genaue Regelung Angehörigen im Krisenfall viel Leid und Ärger ersparen. Cedric Horstmann, Hans Hosenfeld und Corey Ellis haben im April 2020 mit Ninebarc einen digitalen Nachlassverwalter auf den Markt gebracht, der zusätzlichen emotionalen Stress und finanziellen Schaden im Krankheits- oder Todesfall vermeiden soll. Über die Plattform können Nutzer alle wichtigen Informationen für den Krisenfall verwalten und festlegen, wer diese einsehen kann. Es können dabei sowohl die Patientenverfügung als auch Zugangsdaten für sämtliche Konten, Social-Media-Profile wie Facebook oder das Aktiendepot hinterlegt werden. Das könnte konkret etwa so aussehen: Partner oder Eltern bekommen Informationen über Finanzielles, Kinder zur Erinnerung ein Fotoalbum aus der Dropbox, und Ninebarc kümmert sich darum, dass private E-Mails gelöscht werden. Das Startup setzt auf einen B2B2C-Ansatz und verhandelt nach eigenen Angaben aktuell über Kooperationen mit Banken und Versicherungen. Ab Herbst sollen Endkunden die Plattform nutzen können.
Unser Urteil: Wir verwalten mittlerweile vieles digital, unseren Nachlass allerdings noch nicht. Das kann zum Teil daran liegen, dass die Generation der Digital Natives bisher nicht allzu viel über Nachlassverwaltung nachgedacht hat. Das wird aber zweifelsohne kommen. Legal- und Insurtechs boomen, die Corona-Pandemie beschleunigt die Entwicklung. Wenn Ninebarc große Kooperationspartner an Land zieht, hat das Konzept definitiv Potenzial.
Somigo: Die Freiwilligen-Vermittler
Dass soziales Engagement alltäglich wird, wünschen sich die Gründer Kai Giersiepen und Niklas Hagenbeck von Somigo. Sie haben im März 2020 eine Plattform gestartet, die freiwillige Helfer schnell, flexibel und möglichst lokal vermitteln soll. Menschen und gemeinnützige Organisationen, die Hilfe benötigen, können über die Website Unterstützung anfordern, private Helferinnen und Helfer ihre Hilfe anbieten. Allerdings richtet sich Somigo nicht nur an Privatpersonen. Vor allem Unternehmen möchte das Startup dazu bewegen, sich sozial zu engagieren: über sogenanntes „Corporate Volunteering“, bei dem die Mitarbeitenden gemeinnützige Arbeit verrichten, und die Unternehmen für die geleistete Arbeit einen bestimmten Betrag spenden. Angestellte können zum Beispiel an einer von Somigo organisierten Müllsammelaktion teilnehmen, das Unternehmen muss dafür 29 Euro pro Person spenden. Die Gründer verdienen Geld, indem sie für die Vermittlung der gemeinnützigen Tätigkeiten eine Gebühr erheben.
Unser Urteil: Soziales Engagement ist in Zeiten der Corona-Pandemie wichtiger denn je, das Momentum für Purpose-driven-Startups ist da. Im ersten Monat seit dem Start haben sich 600 Freiwillige auf Somigo angemeldet. Allerdings scheint es so, als wäre Somigo aktuell vor allem eine Anlaufstelle für Privatpersonen. Fraglich bleibt, ob Somigo Unternehmen zu Spenden und Aktivitäten über die Plattform bewegen kann.