Neue Funktionen und Detailverbesserungen in der Übersicht: OpenOffice.org: Aller guten Dinge sind 3.0
Angesichts der neuen Funktionen scheint der große Sprung von 2.4 auf 3.0 zunächst nicht gerechtfertigt. Betrachtet man aber das Gesamtpaket, wird damit zu Recht ein Signal gesetzt: Schaut her, OpenOffice.org ist aus den Kinderschuhen heraus. „Es gibt wenig, was Microsoft Office kann, das OpenOffice.org nicht auch kann“, hat Thomas Krumbein festgestellt. Er hilft Unternehmen bei der Migration von der einen zur anderen Office-Variante und bringt bei Galileo Press pünktlich zur 3.0 eine aktualisierte Version seines Buchs zu OpenOffice.org heraus. Alltagsaufgaben seien auf jeden Fall alle abgedeckt.
Ein wichtiges Feature ist dabei die Kompatibilität zum Marktführer Microsoft. Auch die neuen Dateiformate ab Office 2007 sollen von OpenOffice.org problemlos gelesen werden. Speichern ist allerdings nicht möglich, hier sollten die bisherigen Office-Dokumentformate aber weiterhin gute Dienste leisten. Selbstgemischte Umgebungen mit unterschiedlichen Office-Versionen und -Varianten innerhalb eines Unternehmens seien möglich, ist auf der offiziellen Website zu lesen.
Verbesserungen in Calc
Detailverbesserungen gab es unter anderem bei der Tabellenkalkulation Calc. Die Zahl der möglichen Spalten wurde von 256 auf 1024 angehoben. „Das ist beispielsweise wichtig für Unternehmen, die für jeden Tag des Jahres eine Spalte brauchen“, erklärt Thomas Krumbein.
Zudem gibt es nun einen „Solver“, um den besten Weg hin zu einem gewünschten Endwert zu finden. Dabei werden auch Randbedingungen in anderen Zellen beachtet. Für Mac-Besitzer könnte das besonders interessant sein, da es einen solchen Solver in Microsoft Office 2008 für den Mac nicht mehr gibt.
Verbesserungen in Writer
Die Textverarbeitung Writer kann jetzt mehr als eine Seite zugleich anzeigen. Zwei, vier oder noch mehr Seiten sind möglich. Auf Wunsch werden linke Seiten dabei immer links und rechte immer rechts angezeigt. Writer trage damit den größeren Monitoren Rechnung, erklärt Thomas Krumbein.
Gerade in Unternehmen und anderen Teams dürfte die verbesserte Notizfunktion gut ankommen. Macht jemand Anmerkungen, stehen diese nicht mehr mitten im Text, sondern gruppieren sich wie virtuelle Klebezettel hübsch aufgeräumt am Rand des Dokuments. Jeder Nutzer hat dabei eine eigene Farbe. Datum und Uhrzeit der Bearbeitung sind ebenfalls enthalten.
Weitere Verbesserungen
OpenOffice.org hat nun außerdem ein Startcenter, in dem man die gewünschte Anwendung nach dem Programmstart auswählen oder eine Datei öffnen kann. Weitere neue Details finden sich in der Software für Bildschirmpräsentationen „Impress“, bei der Tabellen jetzt direkt in die Präsentation eingebaut sind und auch dort bearbeitet werden können. Zuvor waren sie eingebettete Objekte, die man in Calc bearbeiten musste. In Draw und Impress wurde außerdem die Funktion zum Zuschneiden von Bildern verbessert. Sie funktioniert nun so wie in den meisten anderen Desktop-Anwendungen, also durch Ziehen von Anfassern, die sich an den Ecken und Enden eines Bilds befinden.
Erfolgsmodell: Extensions à la Firefox
Weitere spannende neue Möglichkeiten und Funktionen von OpenOffice.org kommen von außen – über Extensions. Zwar gibt es diese Möglichkeiten schon länger in OpenOffice.org, aber dieser Trend wird weiter forciert.
Ein praktisches Beispiel ist der Zusatz „PDF-Import“. Mit ihm können PDF-Dokumente eingelesen, verändert und wieder gespeichert werden. Der PDF-Importer bringt OpenOffice.org zugleich einen weiteren Trick bei: Man kann ein Kombiformat speichern, bei dem das PDF-Dokument das ursprüngliche OpenOffice.org-Dokument enthält. Der Effekt: Wer OpenOffice.org hat, kann es ganz normal bearbeiten. Wer es nicht hat, kann die Datei mit einem normalen PDF-Viewer zumindest betrachten.
Ein Erfolgsmodell für Extensions ist sicher Mozillas Firefox. Über 3.000 Erweiterungen machen ihn zu einem besonders flexiblen Browser. „Das Konzept hinter den Extensions ist auf jeden Fall sehr gut und wird auch bei OpenOffice.org weiterverfolgt“, erklärt Thomas Krumbein. Das hat mehrere Vorteile. So bleibt der Core-Code des Systems auf die wesentlichen Funktionen beschränkt. Und OpenOffice.org kann sehr viel schneller auf neue Entwicklungen und Bedürfnisse reagieren. „Bis eine neue Funktion einfließt, dauert es sonst gut zwei Jahre“, weiß Thomas Krumbein. Eine Extension steht dagegen praktisch sofort zur Verfügung. Natürlich sei sie dann nicht so gut und intensiv getestet. Da müsse man aufpassen, was man sich installiere. Aber trotzdem sei diese Flexibilität besonders für die Zukunftssicherheit von OpenOffice.org wichtig. Ein Beispiel sei hier die Extension, um Texte aus Writer in ein MediaWiki zu exportieren. Alle Formatierungen des Textdokuments werden damit entsprechend umgeschrieben. „Diese Funktion hätte im Kern von Writer nichts zu suchen, weil sie zu speziell ist. Als Extension ist sie hingegen sehr gut“, erklärt Thomas Krumbein.
Auch an anderen Stellen legen die Macher von OpenOffice.org Wert darauf, dass das System offen und flexibel bleibt – und weiter wird. So steht die Rechtschreibkontrolle jetzt beispielsweise als API bereit, anstatt sie in jedes Programm einzeln zu integrieren. Das macht beispielsweise die neue, kostenpflichtige Duden-Korrektur möglich, die direkt innerhalb des Programms ihren Dienst verrichten kann. Für den Normalnutzer sind solche Veränderungen nicht unbedingt sichtbar, sie stellen aber sicher, dass OpenOffice.org auf künftige Entwicklungen reagieren kann.
Ein anderes Beispiel ist die „Lightning“-Extension. Eigentlich war für die Version 3.0 von OpenOffice.org ein Pendant zu Microsofts Outlook eingeplant, also eine Kombination aus E-Mail-Programm, Kalender und Adressbuch. Anstatt hier selbst zu entwickeln, arbeitete man mit Mozilla zusammen, um dieses Ziel nun mit einer Kombination aus OpenOffice.org, Thunderbird und Lightning zu erreichen. Diese wird nun gemeinsam beworben.
Nativ auf dem Mac
Und nicht zuletzt: Mac-Nutzer haben jetzt eine native Version für die Aqua-Oberfläche von Mac OS X. Zuvor konnten sie OpenOffice.org nur über die X11-Oberfläche nutzen oder mussten auf NeoOffice zurückgreifen. „Diese Portierung war eine sehr aufwändige Sache und wird es auch noch bleiben“, erklärt Thomas Krumbein. Die Aktivität in der Community hat dafür den Ausschlag gegeben. Von hier kamen die Anstöße. Zuletzt hat sich Sun Microsystems selbst in die Entwicklung eingeklinkt. Und tatsächlich macht OpenOffice.org unter Mac OS X 10.5 Leopard bereits einen sehr guten Eindruck.
Zukunft von OpenOffice.org
An sich ist OpenOffice.org bei den Funktionalitäten an einem Punkt angekommen, der nur noch wenige Wünsche offenlässt. Dementsprechend sind wichtige Ziele für die nächste Zeit auch: mehr Stabilität, bessere Kompatibilität und höhere Performance. „Auch Sicherheit wird großgeschrieben“, sagt Thomas Krumbein. Sicherheitslöcher werden möglichst gestopft, bevor sie Schwierigkeiten bereiten können. Im Zuge dessen werden auch Funktionalitäten auf den Prüfstand gestellt. So können in Impress inzwischen keine JavaApplets mehr ausgeführt werden.
Ansonsten geht es darum, die Liste mit Bugs und anderen Problemen abzuarbeiten. „Ein Office-Programm an sich ist ausgereizt, da gibt es keine großen Highlights mehr“, sagt daher auch Thomas Krumbein. Und wenn doch etwas gefordert ist, steht sicherlich bald eine passende Extension zur Verfügung.