Wie inklusives Design gelingt: 3 Schritte zur zugänglichen Gestaltung
Designer vermischen oft die Begriffe universelles Design und inklusives Design. Universelles Design geht davon aus, dass ein Produkt für den Großteil der Menschen funktioniert. Der Fokus liegt dabei auf den verschiedenen Szenarien und Anwendungsfällen. Facebooks Affinity-Marketing-Produkt beispielsweise folgt diesem Prinzip und ermöglicht es Marketingexperten, mit Werbung bewusst Zielgruppen unterschiedlicher Szenarien anzusprechen. Indem man demografische Merkmale auswählt, lassen sich bestimmte Gruppen in Kampagnen einbeziehen oder ausschließen. Durch den Fokus auf universelle Benutzerszenarien anstelle der Inklusion von Personen entwarf Facebook ein Produkt, das den Ausschluss von rassischen und ethnischen Gruppen in Werbekampagnen gezielt ermöglicht.
Kat Holmes, Autorin des Buches Mismatch: How Inclusion Shapes Design, will den Fokus zurück auf die Menschen justieren und fordert, sich für inklusives Design immer zu fragen: „Habe ich wirklich alle miteinbezogen und dabei auch die Expertise unterrepräsentierter Minderheiten integriert?“
Inklusion muss zur Pflicht im Designprozess werden
Inklusion muss zur Pflicht und grundlegender Bestandteil des Designprozess werden. Ansonsten besteht trotz bester Absichten die Gefahr, dass Designer ungewollt ein ausgrenzendes Erlebnis schaffen, das unterrepräsentierten Minderheiten unzugänglich ist. Die Benutzerprofile von Airbnb wurden beispielsweise mit dem Ziel gestaltet, ein Gefühl der Gemeinschaft und des Vertrauens zu vermitteln, indem Gäste und Gastgeber die Profile und Fotos der anderen sehen können. Da bei der Entwicklung aber nicht das Know-how unterrepräsentierter Minderheiten miteinbezogen wurde, schuf Airbnb unwissentlich ein System, das es Gastgebern erlaubte, unverhohlen rassistisch zu sein und schwarzen Gästen den Aufenthalt zu verweigern. Schwarze Airbnb-Benutzer wehrten sich mit dem Hashtag #AirbnbWhileBlack, um ihre Erfahrungen öffentlich zu machen. Einige entfernten ihr Profilfoto, um das System zu umgehen.
Als Gegenentwurf wurde Noirbnb ins Leben gerufen, das laut Mitbegründer Stephen Grant „von Menschen für Menschen“ konzipiert wurde. Noirbnb folgt den Prinzipien inklusiven Designs und stützt sich auf die Expertise unterrepräsentierter Minderheiten, um bessere Reiseerlebnisse und Events für Angehörige der afrikanischen Diaspora zu schaffen.
Empathie allein reicht nicht aus
Die aktuelle Methodik des Design-Thinking legt großen Wert auf den Einsatz von Empathie, um die Benutzer der Produkte zu berücksichtigen. Empathie allein reicht jedoch nicht aus, um die heutigen Erwartungen an echte Inklusivität zu erfüllen. Denn Empathie beginnt mit der Voreingenommenheit menschlicher Designer, die unbewusste (und manchmal bewusste) Vorurteile und Annahmen in ihre Arbeit mit einbringen. Empathie ist außerdem subjektiv und nicht messbar. Das führt zu einem Mangel an Verantwortlichkeit bei Produkten, die Designer unbeabsichtigt mit ausgrenzender Wirkung auf unterrepräsentierte Minderheiten entwerfen.
Drei einfache Schritte können Design-Teams dabei helfen, eine gewisse Inklusivitäts-Kontrolle über den Designprozess zu erlangen. Designer können dadurch in die Verantwortung genommen werden, um aus ihren tief verwurzelten sozialen Stereotypen gegenüber unterrepräsentierten Minderheiten auszubrechen.
1. Stellung beziehen
Genau darum geht es, wenn sich Unternehmen in der „Black Lives Matter“-Bewegung engagieren. Es gilt nicht nur, diverse Teams aufzubauen, indem man ambitionierte Einstellungsziele für unterrepräsentierte Minderheiten festlegt. Die Design-Community ist gefordert, sich aktiv dafür einzusetzen. Designer sollten Vorträge an Designschulen und Universitäten halten und entsprechende Ziele definieren. Sie sollten sich engagieren, um der lokalen Gemeinschaft etwas zurückzugeben, indem sie beispielsweise benachteiligte Jugendliche als Mentoren betreuen. Design-Teams sollten auch den eigenen Arbeitgeber dazu motivieren, bei der Auswahl von Dienstleistern und Lieferanten auf Unternehmen unterrepräsentierter Minderheiten zu setzen. Ohne diese unterrepräsentierten Minderheiten lässt sich die ausgrenzende Wirkung von Design, die man selbst nicht erlebt, auch nicht wirklich verstehen.
2. Groß denken
Produktmanager oder Projektteams argumentieren häufig, dass unterrepräsentierte Minderheiten nicht die Kernnutzer oder Hauptpersonas des von Designern zu entwerfenden Produktes sind. Es ist jedoch wahrscheinlich, dass an sie überhaupt nicht gedacht wurde und sie deswegen außer Acht gelassen wurden. Unternehmen sollten sich die Expertise unterrepräsentierter Minderheiten aus ihren internen B2B-Systemen zu Nutze machen. Sie sollten von ihnen lernen und die gewonnenen Insights für beispielsweise ihre B2C-Apps nutzen. Jeder ist gefragt, den Designprozess inklusiver zu gestalten.
3. Klein anfangen
Im Jahr 2015 gestaltete Diogenes Brito, Produktdesigner des Instant-Messaging-Dienstes Slack, ein kleines, aber feines Detail: eine braune Hand für den Add-to-Slack-Button. Das scheinbar kleine Detail hatte große Wirkung, da es zu dieser Zeit ungewöhnlich war. Bei der schwarzen Slack-Community kam das Designelement gut an, da es den braunen Hautton als normal darstellte. Es sind diese kleinen Details, die eine ebenso mächtige Wirkung entfalten können, wie große Initiativen.
Diese drei Schritte können Teams dabei helfen, Design inklusiver zu denken und zu gestalten. Designer sollten die Schritte verinnerlichen, in ihr Wertesystems integrieren und Verantwortung für die Inklusivität ihrer Produkte übernehmen. Inklusives Design kann die Erwartungshaltung der Nutzer verändern und dazu beitragen, dass Inklusivität zur Norm wird und unbeabsichtigte Ausgrenzung vermieden wird.