Autonomes Fahren: Wer haftet bei einem Verkehrsunfall?
Die Automatisierung wird den Straßenverkehr sicherer machen und viele Unfälle verhindern – das hoffen zumindest Experten. Doch Fehlfunktionen der Systeme seien nicht ausgeschlossen, mahnt der ADAC. Deshalb sei auch in Zukunft mit Unfällen zu rechnen. Dass Schäden wie bislang von den Versicherungen beglichen werden, steht außer Frage. Doch wer wird strafrechtlich zur Verantwortung gezogen, wenn das automatisierte Fahrzeug einen Fehler begeht und dadurch Menschen zu Schaden kommen? Der Hersteller, der Konstrukteur, der Software-Entwickler?
Weil derzeit konkrete rechtliche Rahmenbedingungen fehlen, befasst sich der 57. Deutsche Verkehrsgerichtstag in Goslar in dieser Woche mit dem Thema. „Die Frage nach der Schuld gilt es neu zu bewerten“, sagte ein Sprecher der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV).
Klar ist für die Experten: Fahrer dürfen nicht zur Rechenschaft gezogen werden, wenn es kracht. „Der Fahrzeugführende kann nur insoweit strafrechtliche Verantwortung tragen, wie er das automatisierte System beherrschen und tatsächlich kontrollieren kann“, sagte Julia Fohmann vom Deutschen Verkehrssicherheitsrat (DVR). Ähnlich sieht es der ADAC: Fahrzeugführer dürften nur strafrechtlich belangt werden, wenn sie das Fahrzeug eigenhändig gelenkt haben und der Aufforderung des Systems zur Kontrollübernahme nicht rechtzeitig gefolgt sind, sagte ein Sprecher.
Hersteller im Fokus
„In Zukunft wird es vielleicht nicht immer einen Schuldigen geben“, meint DAV-Verkehrsanwältin Daniela Mielchen. Möglicherweise könne man darüber hinwegsehen, „dass niemand zu Rechenschaft gezogen wird, wenn ein automatisiertes Kfz einmal falsch parkt.“ Es sei aber schwer zu ertragen, wenn Menschen zu Schaden kommen oder gar getötet werden.
Zukünftig stünden die Hersteller wahrscheinlich stärker im Fokus, meint Fohmann. Auch aus Sicht des ADAC müssen die Fahrzeugproduzenten und deren Mitarbeiter nach Unfällen in den Mittelpunkt rücken, wenn nicht der Fahrer, sondern das System die Kontrolle über ein Fahrzeug hatte. Denn wenn diese bei der Entwicklung ihrer Sorgfaltspflicht nicht nachgekommen sind und es dadurch zu Fehlfunktionen kommt, könnten Straftaten vorliegen.
Durch die Fortentwicklung der Assistenzsysteme werde die Verantwortung nach Darstellung des Automobilclubs ACE zunehmend verlagert. Der Leiter der ACE-Rechtsabteilung, Hannes Krämer, forderte zügig Klarheit über strafrechtliche Haftungsrisiken für Nutzer automatisierter Fahrfunktionen: „Dem Nutzer muss klar sein, welche rechtlichen Konsequenzen drohen.“ Ähnlich äußerte sich der Automobilclub AvD: Das derzeit geltende Strafrecht sei angesichts fortschreitender Automatisierung von Fahrzeugen überholt, sagte ein Sprecher. „Es bedarf einer Anpassung.“
Auf ein weiteres Problem wies die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) hin: Es sei offen, wer für Unfälle strafrechtlich verantwortlich ist, weil die Steuerungssoftware eines Wagens unzureichend gegen externe Eingriffe geschützt oder weil eine digitale Straßenkarte fehlerhaft ist.
Noch keine Erkenntnisse zur strafrechtlichen Haftung
Zivilrechtlich sei es sicher sinnvoll, Hersteller und Programmierer in die Verantwortung zu nehmen, wenn Fahrlässigkeitsverstöße vorliegen, meint Verkehrsanwältin Mielchen. Eine Verschärfung der strafrechtlichen Haftung könne aber bedeuten, „dass man mit der Berufswahl des Programmierers den ersten Fuß im Gefängnis hat.“
Obwohl Niedersachsen seit einiger Zeit im Raum Salzgitter ein Testfeld für automatisiertes Fahren betreibt, gibt es aus der Praxis noch keine Erkenntnisse zur strafrechtlichen Haftung. Bislang habe es während des Probebetriebs keine Unfälle gegeben, sagte ein Sprecher des Verkehrsministeriums. Bei den Testfahrten sei grundsätzlich ein speziell vorbereiteter Fahrer an Bord, der die gesamte Fahrt überwache und jederzeit eingreifen könne.
Unabhängig davon müssen nach Ansicht vieler Fachleute ohnehin erst die technischen Voraussetzungen dafür geschaffen werden, um die Schuldfrage bei Unfällen mit autonom fahrenden Kfz klären zu können. „Sollte es zu einem Unfall kommen, muss ohne großen Aufwand nachgewiesen werden können, wer oder was in welcher Form daran beteiligt war“, sagte ACE-Jurist Krämer.
Der ADAC schlägt einen sogenannten Datentreuhänder vor. Damit geklärt werden könne, unter welchen Umständen ein Fahrzeug unterwegs war, sollten alle Fahrmodusdaten sowohl im Fahrzeug als auch bei einem unabhängigen Treuhänder gespeichert werden, sagte ein Sprecher. So könnten Ermittlungsbehörden schnell und einfach feststellen, ob der Fahrer oder das System zum Unfallzeitpunkt in der Verantwortung war. Zustimmung kommt vom Vorstandsvorsitzenden der Allianz-Versicherung, Joachim Müller: „Nach meiner Auffassung müssen die Daten in der Hand eines neutralen, unabhängigen Dritten sein, um allen Berechtigten unter den gleichen gesetzlichen Bedingungen Zugang zu diesen Daten zu ermöglichen.“ dpa
Wieso fehlt die Begründung für die Kernaussage: „Der Fahrzeugführer darf auf keinen Fall haften.“
Hier scheint mir die Diskussion verengt geführt oder wiedergegeben zu werden. Es ist sicher richtig, dass die Fahrzeugführerin eines automatisierten Fahrzeuges nicht mehr die den Unfall direkt verursachende Handlung ausführen wird. (btw: Dann sollte auch der Begriff Fahrzeug_führer nicht weiter verwendet werden…) Für eine strafrechtliche Bewertung macht es tatsächlich Sinn nur über den Hersteller zu sprechen. Jedoch die Fahrzeugführerin auch von einer zivilrechtlichen Haftung freizusprechen scheint jedoch etwas kurz gesprungen. Es gibt durchaus Handlungen, an denen eine Haftung angeknüpft werden könnte. Die Auswahl und den Kauf des Fahrzeuges, aber vor allem die konkrete Entscheidung das Fahrzeug zu verwenden.
Es ist richtig, dass über eine Haftung des Herstellers nachgedacht werden muss, auch zivilrechtlich. Aber warum sollte den Fahrzeugführer gar keine Haftung treffen? Ihr Beispiel mit dem Falschparken ist zudem sehr schlecht gewählt. Wenn ein autonom fahrendes Fahrzeug falsch parkt, dann gibt es doch den Fahrzeugführer, der aussteigt und wahrnimmt wo sein Fahrzeug geparkt hat… Im Falle eines Unfalls hilft eine Betrachtung der Interessen der beteiligten Personen, denn das zivilrechtliche Haftungsrecht ist nichts weiter als eine gesellschaftlich vorgenommen Abwägung dieser. Der Hersteller möchte ein Fahrzeug verkaufen und damit Geld verdienen, die Fahrzeugführerin möchte von A nach B kommen und das möglichst komfortabel, daher verwendet sie das eigene Fahrzeug, das Unfall Opfer möchte, dass seine körperliche Unversehrtheit gewahrt bleibt.
In dem Fall, dass ein Fehler beim Hersteller vorliegt lässt sich hier eine Schuld finden. In allen anderen Fällen, wenn der Hersteller nachweisen kann, dass er gewissenhaft gearbeitet hat, nicht. Es bleibt das Interesse der Fahrzeugführerin sich mit dem eigenen Fahrzeug zu bewegen. Sie setzt hier eine Gefahr und profitiert von dieser. Warum sie dafür nicht haften soll ist mir schleierhaft…
Die Frage nach der Haftbarkeit im Falle eines Verkehrsunfalls /- oder sogar Todesfalls ist eine schwierige.
Während viele Stimmen eine direkte Haftbarkeit des Herstellers fordern, so wird dies doch vermutlich in der Realität schwer umzusetzen sein. Es wird zwar möglicherweise zu einem Verfahren kommen, aber die Konzerne und Hersteller von autonomen Fahrzeugen werden sich dahingehend sehr gut absichern.
ich halte von autonomem fahren sowieso absolut nichts. ich habe – wie viele andere auch – meinen führerschein gemacht, weil mir das fahren spaß macht und nicht das tatenlose herumgesitze bis man vn A nach B gelangt ist. zumal mir eh immer übel wird, wenn ich nicht selbst fahre. und da heutzutage ohnehin alles gehackt wird und das dann garantiert dann auch schneller kommt als man gucken kann, stelle ich mir das chaos vor, wenn etliche wagen ohne eigene kontrolle in hochgeschwindigkeit ineinanderknallen u.m. – reicht doch schon, daß manche sich schon aus der eigenen karre ausschießen, wagen ungewollt offenbleiben oder fenster blockieren, wenn die elektrik versagt. ich bleibe solange es geht bei meiner karre ohne fensterheber, ohne zentralverriegelung, ohne gepiepe und ohne fremdfahrkontrolle. notfalls müssen nach und nach oldtimer herhalten. müssen wir wirklich alle beängstigenden visionen der sci-fi-filme realisieren ?? die konnte man wenigstens ausschalten und denken: „gott sei dank war das nur ein film.“
Autonomes Fahren könnte viele Lösungen bringen aber auch viele Fragen. Das ist zum Beispiel sehr interessant. Wenn sich diese Art von Autos durchsetzen wird, muss sich auch das Verkehrsrecht anpassen. Wie Sie schreiben, kann der Fahrzeugführende für einen Verkehrsunfall verantwortlich sein, nur wenn er das automatisierte System kontrollieren kann.