Der neue Schufa-Score: Wann er kommt und was er uns bringt

Die Schufa speichert seit vielen Jahren als Kreditauskunftei eine Vielzahl an Daten über die Verbraucher:innen und gibt Banken und Handelsunternehmen entsprechend der hinterlegten Informationen Hinweise zur Kreditwürdigkeit. Doch die Kriterien, nach denen ein solcher Score erstellt wird, stehen seit vielen Jahren in der Kritik. Oft sei nicht nachvollziehbar, wie die Beurteilungen zustande kommen, teilweise seien die Beurteilungen auch komplett an den Tatsachen vorbei, glauben viele der Beurteilten.
Jetzt hat das Unternehmen einen neuen Score angekündigt, der voraussichtlich im vierten Quartal 2025 parallel zu den alten Scores an den Start gehen soll. Es handele sich dabei um einen komplett transparenten Score, dessen Formel für die Bürger:innen ebenso nachvollziehbar sein soll wie seine Berechnungs- und Veränderungsgrundlagen. Verbraucher:innen könnten, so erklärt die Schufa-Vorstandsvorsitzende Tanja Birkholz im Rahmen eines Mediengesprächs, den neuen Score, der eine Bonitätsprognose wiedergibt, anhand ihrer eigenen Daten selbst nachrechnen.
Insgesamt hat die Schufa vor allem ausgedünnt: Aus dem Basisscore, den diversen Branchenscores und einigen für bestimmte Unternehmen individuell errechneten Einzelscores wird jetzt ein einziger Score. Dabei hat die Schufa aus über 250 möglichen Kriterien die zwölf verständlichsten und gleichzeitig für die Prognosegüte aussagekräftigsten ausgewählt. Sechs Branchenscores gab es beispielsweise – für Banken, Sparkassen, genossenschaftliche Banken, für die Telekommunikationsanbieter, für den Versandhandel sowie für den Handel. Alleine bei diesen verwendet man bislang in Summe rund 100 Kriterien.
Weggekommen ist man auch von positiven und negativen Punktwerten, in Zukunft soll es lediglich einen Maximalwert von 999 Punkten geben, der – ähnlich wie man das aus Testszenarien oder Schulaufgaben kennt – aus pro Kategorie vergebenen Punktwerten entsteht, die dann zusammengezählt werden. Die Kund:innen sehen künftig einfacher, welche Kriterien ihren persönlichen Score wie beeinflussen und können die Änderungen ihres Scores leichter nachvollziehen.
Punktwerte des Schufa-Scores noch nicht final
Noch nicht klar ist dagegen, welche Kriterien mit welcher Maximalpunktzahl versehen sind und wie sich diese auswirken. Auch habe man sich im Interesse der Nachvollziehbarkeit gegen komplexe KI-Modelle entschieden. Die hätten zwar einiges an Aussagekraft bringen können, wären aber eben nicht mit der Transparenz, die die Schufa anstrebt, in Einklang zu bringen gewesen. „Uns war von Anfang an klar, dass wir angesichts der Vielzahl der bisherigen Modelle den Score nie so transparent machen können, dass er für alle nachvollziehbar wäre“, erklärt Birkholz. „Die Vorgabe lautete: Die bestmögliche Prognosegüte unter der Nebenbedingung der Nachvollziehbarkeit für Verbraucher:innen zu erzielen.”
Insgesamt gehe es aber auch darum, dass der Score möglichst fair ist und die Bürger:innen sehen können, wie sie den Score positiv beeinflussen können. Dabei habe man den bisherigen Berechnungsweg für acht Jahre beibehalten – ein Sachverhalt, der in Zukunft nicht mehr passieren soll. Man wolle lieber schneller auf Neuerungen und Veränderungen im Zahlungsverhalten der Kund:innen reagieren, etwa Themen wie Buy-now-pay-later-Angebote oder Kreditplattformen mit einbeziehen.
Bei der Gewichtung der einzelnen Kriterien ist die Schufa nach eigenen Angaben in der Erprobungsphase, unklar ist also, wie viele Punkte es im jeweiligen Bereich gibt und wohl auch, wie bei fehlenden Informationen bewertet wird. Zudem will das Unternehmen erwartungsgemäß nicht rauslassen, welche 17 Partner:innen aus der Wirtschaft und Bankenwelt in die Beta-Tests eingebunden sind.
Diese Kriterien sind in Zukunft wichtig
Bei den zwölf Kriterien geht es beispielsweise darum, ob es in der Vergangenheit Zahlungsstörungen gab, Rechnungen also nicht rechtzeitig bezahlt wurden. Dabei gibt’s Schufa-Einträge aber erst nach entsprechenden Mahnungen und nur, wenn die Forderung unstrittig ist oder der Zahlungspflichtige länger nicht auf Anfragen reagiert hat. Auch die Zahl und Anfragen für Girokonten, Kreditkarten, Telekommunikationsverträge spielen hier eine Rolle, ebenso Kredite mit längeren Laufzeiten sowie das Alter der ältesten Kreditkarte.
Überhaupt gibt’s Pluspunkte, wenn die Schufa bereits langjährige Daten über Verbraucher:innen „ohne größere Vorkommnisse“ nachweisen kann – ein Problem für jüngere Kund:innen sowie solche, über die aufgrund von Zuzug aus dem Ausland kein wirklich belastbarer Track Record vorliegt. Wer hier einen älteren Bankvertrag nachweisen kann als den, der verzeichnet ist, kann dies gegebenenfalls einfließen lassen und mit diesen Informationen seinen Score verbessern.
Auch die Zahl und das Alter der letzten Rahmenkredite geben Punkte. Neu ist generell, dass sowohl Kreditkarten- und Kontoanfragen zusammengefasst werden als auch Kreditanfragen und –abschlüsse innerhalb von 28 Tagen kumuliert werden. Wer also auf der Suche nach einem günstigen Hauskredit ist, muss hier nicht mehr strategisch anfragen und riskiert nicht, ab der dritten oder vierten Anfrage schlechter Konditionen aufgrund des zwischenzeitlich heruntergesetzten Wertes zu bekommen.
Schließlich spielen auch Immobilienkredite und Bürgschaften sowie das Alter der aktuellen Adresse eine Rolle, wohl aber nicht die Zahl der Umzüge oder das Wohnumfeld. Kritikwürdig ist allerdings, dass es möglicherweise besser sein kann, Kredite gehabt zu haben, die man dann pünktlich und brav abbezahlt hat, als hier ein unbeschriebenes Blatt zu sein, etwa weil man eben keinen Wohnungskredit benötigt hat.
Nicht alle Einblicke sind kostenlos
Kostenlos einsehbar soll zwar der jeweilige Dateneinblick sein, für den tagesaktuellen Score könnten allerdings Gebühren anfallen, heißt es. Allerdings ändert sich, so berichtet das Unternehmen, bei drei von vier Personen nichts am Score im Laufe von drei Monaten, bei jedem Zweiten bleibe der Score sogar über den Jahreszeitraum gleich.
Neu ist hingegen auch, dass es nicht mehr unterschiedliche Auskünfte für die Unternehmen auf der einen und die Verbraucher:innen auf der anderen Seite geben wird – alle sehen im Rahmen der Transparenz dieselben Werte und Auskünfte, was das Gespräch mit dem:der Kreditberater:in etwas vereinfachen könnte. Für all das wird es zudem entsprechende Erklär-Tools und ausführliche Aufklärungskampagnen geben, verspricht die Schufa. Das Tool zeige dann, wie die einzelnen Kriterien anhand der eigenen Daten auf den Score wirken.
Der alte Basisscore bleibt noch länger erhalten
Bis der alte Basisscore endgültig verschwindet, dürfte es aber noch etwas dauern. Nach Angaben der Schufa wird es voraussichtlich ab dem vierten Quartal beide Scores parallel geben. Dann werden ausreichend Unternehmenskunden den neuen Score einsetzen und die digitalen Anwendungen den Verbraucher:innen bereitstellen. Die Diskussion um den neuen Score im Rahmen der Transparenzoffensive auf dem Weg zu mehr Nachvollziehbarkeit läuft bereits länger. Die Entscheidung für das Projekt Next Generation Scoring fiel im Herbst 2022, nachdem die Schufa einen Score-Simulator veröffentlicht hatte, der das Prinzip des Scorings deutlich plausibler machte als in der Vergangenheit.
Letztlich wird sich zwar erst erweisen müssen, ob der neue Schufa-Score wirklich gerecht(er) ist und wer dabei möglicherweise unfair beurteilt wird oder Verlierer:in in dem neuen System ist. Positiv zu bewerten ist aber, dass die Schufa sich um mehr Einfachheit und Nachvollziehbarkeit bemüht – und auch, dass sie auf KI-Elemente verzichtet, die ja nur so fair sein können wie diejenigen, die sie anlernen. Die Kriterien jedenfalls, die genannt wurden, klingen auf den ersten Blick plausibel und auch ohne ein Stochastik-Studium nachvollziehbar.