Schnittstellen managen: Cloud-Lösungen für Entwickler
Im März letzten Jahres hat Salesforce, einer der größten Saas-Anbieter der Welt, die größte Übernahme seiner 19-jährigen Firmengeschichte abgeschlossen. Der Kaufpreis betrug rund 6,5 Milliarden US-Dollar. Bei der übernommenen Firma handelt es sich weder um einen innovativen AI-Dienst noch um ein vielversprechendes Blockchain-Startup. Salesforce investierte in einen API-Anbieter: Mulesoft. Das 2006 in San Francisco gegründete Software-Haus entwickelt eine API-Plattform mit mehr als 13.000 Schnittstellen, die die Implementierung komplexer Datenintegrationen ermöglicht. Die Übernahme unterstreicht die zunehmend wachsende Bedeutung, die API als technische Integrationsmethode nicht nur in der Software-Entwicklung, sondern vor allem auch im Geschäftsumfeld als Business-Enabler haben.
Laut Marktbeobachtern und Analysten boomt die API-Economy. Hier ist eine spannende Entwicklung zu beobachten, die das Potenzial hat, die Art und Weise, wie Software implementiert und vermarktet wird, radikal zu verändern. API werden nämlich verstärkt zu eigenständigen Produkten, die neue Geschäftsmodelle und Umsatzkanäle ermöglichen. Software-Anbieter, die sich auf ein bestimmtes Themengebiet spezialisiert haben, finden in einem API-Produkt neue Möglichkeiten, ihr fachliches Know-how, ihre selbst entwickelten Technologien und bestehende Cloud-Infrastrukturen zu monetarisieren.
Hinzu kommen immer mehr Software-Unternehmen, die sich weder an Privatkunden noch an Business-Kunden richten, sondern gezielt an Softwareentwickler. Damit entsteht neben den klassischen B2B- und B2C-Märkten der B2D-Markt: Business to Developer. Stripe zum Beispiel, eine Suite-of-Payment-API, wie sich das Unicorn-Startup im Web selbst präsentiert, hat die Art und Weise, wie Internetfirmen Zahlungen abwickeln, verändert und innerhalb von nur acht Jahren einen Marktwert von über 20 Milliarden US-Dollar erreicht. Das Geschäft mit seinen Kommunikations-API brachte der Firma Twilio letztes Jahr einen Rekordumsatz von knapp 400 Millionen US-Dollar. Etablierte Anbieter haben das Potenzial des B2D-Marktes längst erkannt und ein erfolgreiches API-Geschäft aufgebaut: Salesforce etwa erzielt Berichten zufolge 50 Prozent seines Umsatzes über API, Ebay fast 60 Prozent und Expedia 90 Prozent. Das sind nur einige von vielen Beispielen, die zeigen, dass sich das Geschäft mit API rentiert. Kein Wunder also, dass die Zahl der öffentlich verfügbaren API rasant wächst – das Portal Programmableweb zählt inzwischen schon über 15.000 Angebote.
Software-Firmen, die API nicht nur konsumieren, sondern selbst einen aktiven Teil der florierenden API-Economy werden wollen, können auf moderne Tools zurückgreifen, die bei Design, Entwicklung, Management und Monetarisierung von API helfen. Im Folgenden stellen wir professionelle API-Lösungen aus der Cloud vor, die sich mit etlichen Features in der Praxis bewährt haben.
Design, Dokumentation, Testing und mehr
Egal für welche Zielgruppe man seine API entwickelt, eigene Kunden, externe Partner oder den B2D-Markt, die Produktqualität sollte immer im Vordergrund stehen. Denn Entwickler sind keine einfache Kundschaft. Die meisten von ihnen werden sich zur Nutzung eines mittelmäßigen Produkts kaum überreden lassen, egal wie toll die Sales-Leute ihren Job machen. Teure Marketingkampagnen und Werbung haben bei Entwicklern ebenfalls keine allzu große Wirkung. Führende API-Anbieter wissen das und fokussieren sich vielmehr auf das Produkt. Sie stellen sicher, dass ihre API-Dienste gut dokumentiert sind, schnell und zuverlässig laufen und sich auf möglichst schnelle und einfache Weise implementieren lassen. Wer diese Qualitätsziele erreichen will, muss sie von Anfang an, das heißt schon beim Design und der Entwicklung der API, beachten. Moderne API-Tools wie zum Beispiel Postman, Apiary und Stoplight versprechen Einsteigern Abhilfe.
Postman
Bei Postman handelt es sich um eine populäre cloudbasierte App, die laut Hersteller von über fünf Millionen Entwicklern eingesetzt wird, um die Implementierung ihrer API zu vereinfachen. Als eine integrierte API-Entwicklungsumgebung stellt sie alle notwendigen Werkzeuge bereit, um API im Team zu designen, zu dokumentieren, zu testen und zu debuggen. Mit dem Tool lassen sich Endpoint-Spezifikationen erstellen, an einem zentralen Ort speichern und verwalten. Mit dem integrierten HTTP-Client können sie gleichzeitig bequem getestet werden. Zur besseren Übersichtlichkeit kann man Server-Requests in Kollektionen und Ordnern gruppieren. Die Anfrageparameter lassen sich über ein Formular editieren und speichern, individuelle Header- und Authentifizierungsparameter ebenfalls. Praktisch dabei: Entwickler können verschiedene Server-Umgebungen anlegen und globale Umgebungsvariablen definieren, die man dann in einzelnen API-Aufrufen wiederverwenden kann. So kann man seinen Code leicht in der Testumgebung, QA oder in Produktion testen. Mit einem Klick erzeugt Postman zudem die API-Dokumentation automatisch, die dann im Web veröffentlicht werden kann und als Developer-Portal dient.
Stoplight
Mit Stoplight bietet sich eine interessante Postman-Alternative, die zwar nicht so populär ist, aber mit einem modernen User-Interface und nützlichen Funktionen einen guten Eindruck macht. Das Tool setzt auf den Open-API-Standard für einheitliche und saubere API-Spezifikationen. Diese werden ähnlich wie beim Postman als Grundlage für die Erstellung der API-Dokumentationen und für die Automatisierung von Testing-Prozessen verwendet. Ein weiteres nützliches Feature ist Mocking. Anhand der Endpoint-Specs wird dabei ein virtueller Server gestartet, der bei Anfragen eine Antwort im spezifizierten Format zurückliefert, ohne dass man die Geschäftslogik in dem Endpoint implementieren muss. Der Vorteil: Frontend-Entwickler können sofort mit der Integration von neuen API-Ressourcen beginnen, sie ausführlich testen und schneller iterieren.
Apiary
Wer an dieser Funktionalität interessiert ist, um die Zusammenarbeit von Backend- und Frontend-Entwicklern zu verbessern, sollte einen Blick auf Apiary werfen. Der inzwischen durch den Software-Riesen Oracle übernommene Cloud-Dienst verwendet für die Endpoint-Schemas ein eigenes Format namens API Blueprints, das ähnlich wie Open-API arbeitet und ebenfalls Open-Source ist. Auf Basis dieser Blueprints lassen sich Mock-Server einfach erstellen, die zum Prototyping von API dienen. Zudem punktet Apiary mit einem nützlichen Feature, das man bei Postman und Stoplight nicht findet: Traffic Inspector. Wenn aktiviert, werden Server-Anfragen durch einen Apiary-Proxy weitergeleitet, der relevante Daten und Parameter sammelt, die beim Debugging hilfreich sind.
Was das Pricing angeht, verfolgen diese Produkte eine ähnliche Strategie. So werden sie alle im Freemium-Modell angeboten und bieten verschiedene Pläne für Einsteiger, Fortgeschrittene und Profis. Die Einstiegspreise bewegen sich dabei zwischen acht Dollar (Postman) und 24 Dollar (Stoplight) pro Nutzer und Monat.
Im unteren Preissegment des API-Lösungsmarktes finden Entwickler weitere leichtgewichtige Saas-Tools, die sich auf eine bestimmte Aufgabe fokussieren. Mit Readme zum Beispiel lassen sich erstklassige API-Docs und Entwickler-Portale im Nu erstellen. Kostenpunkt: ab 99 US-Dollar pro Monat. Der API-Spezialist Swagger bietet ebenfalls Werkzeuge, die sich in der Praxis bewährt haben. Darunter Swaggerhub für API-Design und Dokumentation, sowie Readyapi für das Testing. Wer seine API nicht nur testen, sondern auch überwachen will, kann auf API Fortress oder Runscope zurückgreifen.
Vermarktung und Monetarisierung
Bei Mashape handelt es sich um einen API-Marketplace, von dem sowohl Software-Anbieter als auch Anwenderunternehmen profitieren können. Software-Anbieter können auf dem Online-Dashboard ihre eigenen API erstellen und zentral verwalten. Neben den Design- und Dokumentations-Tools, die wir bei Postman, Stoplight und Apiary beschrieben haben, bietet Mashape auch die Möglichkeit, API auf dem Marketplace zu veröffentlichen und zu monetarisieren.
Als API-Provider kann man seine Services zu beliebigen Preiskonditionen anbieten, die sich auf dem Mashape-Dashboard definieren lassen. Wer seine API auf dem Marktplatz vermarktet, muss 20 Prozent jeder Transaktionssumme an den Provider abgeben. Dabei stehen aufschlussreiche Analytics-Reports und Monitoring-Tools zur Verfügung, die einen Überblick zur Nutzung der eigenen API geben. So kann man leicht ermitteln, wie viele Anwender auf eine bestimmte API-Ressource zugreifen oder welche Endpoints am häufigsten verwendet werden. Mashape wurde letztes Jahr durch das Unternehmen Rapidapi übernommen, das einen ähnlichen API-Marktplatz betreibt. Mashape- und Rapidapi-Anwender können mit dem gleichen Login auf beiden Plattformen arbeiten. Zusammen bedienen sie nach Herstellerangaben über 370.000 Entwickler, die jeden Monat über 300 Milliarden API-Calls auf der Plattform machen.
API-Gateways
Neben diesen schlanken Tools finden Software-Unternehmen auf dem API-Markt weiterführende Lösungen, die einen ganzheitlichen Ansatz verfolgen. Immer beliebter werden dabei API-Gateways. Dabei handelt es sich um umfassende API-Management-Systeme, mit denen Entwickler Programmierschnittstellen erstellen, veröffentlichen, warten, überwachen und absichern können. Die führenden Cloud-Provider Amazon, Google, Microsoft und Alibaba haben alle solche Produkte bereits in ihr Portfolio aufgenommen. Diese sind für Web- und Mobile-Entwickler konzipiert, die einen sicheren und zuverlässigen Zugriff auf Backend-API für den Zugriff von mobilen Apps, Web-Apps und Server-Apps bereitstellen möchten.
API-Gateways agieren als Proxy-Server, die alle eingehende Requests analysieren, bevor sie an das Anwendungs-Backend weitergeleitet werden. Die Geschäftslogik hinter den API kann von einem öffentlich zugänglichen Endpoint bereitgestellt werden, der im Falle von Amazon zum Beispiel auf einer EC2-Instanz betrieben wird. Mit AWS können Entwickler die Endpoint-Geschäftslogik auch als eine server-lose Lambda-Funktion implementieren. Dank Traffic Control können sie zudem ihre vorhandenen Backends schützen, indem sie zum Beispiel Regeln zur Einschränkung der maximalen Bandbreite oder der maximalen Anzahl an Client-Requests pro Stunde festlegen. Damit wird auf einfache Weise vermieden, dass es bei unvorhergesehenen Datenverkehrsspitzen zur Überlastung der Backend-Infrastruktur kommt. Ein weiterer Pluspunkt: Das API-Gateway von Amazon ist mit Cloudwatch integriert. Damit können Entwickler wichtige Leistungsmetriken über API-Aufrufe, Datenlatenz und Fehlerquoten auf einem Dashboard kontinuierlich überwachen und analysieren.
Google Cloud Endpoints
Google bietet mit Cloud Endpoints eine ähnliche Gateway-Lösung, bei der der Proxy mit einem Nginx-Server und einer verteilten Architektur realisiert ist, die eine hohe Performance und Skalierbarkeit versprechen soll. Neben anspruchsvollen Sicherheits-, Monitoring- und Analytics-Werkzeugen bietet Google mit den integrierten Authentifizierungslösungen Auth0 und Firebase Authentication eine sichere Möglichkeit, API-User zu identifizieren. Mit JSON-Web-Tokens und Google-API-Schlüsseln können Entwickler zudem den Zugriff auf ihre API steuern und jeden eingehenden Aufruf validieren. Bei Google Cloud Endpoints sind die ersten zwei Millionen Server-Requests kostenlos. Danach zahlt man drei Dollar pro eine Million API-Aufrufe.
Kleine und mittlere Unternehmen, die bereit sind, für ihre API-Management-Lösung zwischen rund 250 und 2.000 Euro im Monat auf den Tisch zu legen, finden in Tyk Cloud aus London, Mashery, Cloud Elements, Apigee, das im Jahr 2016 von Google übernommen wurde, sowie 3Scale, das inzwischen zu Redhat gehört, leistungsfähige Alternativen, die den Vergleich mit den Lösungen der Cloud-Riesen nicht scheuen müssen.
Full-Lifecycle-Management für große Unternehmen
Großunternehmen und Konzerne, die über sehr heterogene Systemlandschaften mit privaten, hybriden und Public Clouds verfügen und komplexe Geschäftsprozesse abbilden müssen, entscheiden sich häufig für „API Full Lifecycle Management”-Lösungen, die in Sachen Funktionalität kaum Wünsche offenlassen und alle Anforderungen an Compliance und API-Governance erfüllen. Zu den führenden Anbietern in dieser Kategorie zählen unter anderem Mulesoft mit seiner am Anfang des Artikels angesprochenen Anypoint Plattform, CA Technologies, Axway mit Amplify, Fiorano und Sensedia. Ihre ganzheitlichen High-End-Systeme unterstützen Unternehmen in jeder Phase des API-Lebenszyklus und umfassen Planung, Design, Implementierung, Deployment, Testen, Monitoring, Analytics, Wartung, Versionsverwaltung und vieles mehr.
Fazit
API spielen bei der digitalen Transformation, die jedes Unternehmen derzeit durchlebt, eine zentrale Rolle. Diese sind nicht länger nur eine technische Integrationsmethode, um Daten von einer Anwendung zu einer anderen zu verschieben oder Legacy-Systeme mit modernen SaaS-Diensten zu integrieren. Business-driven-API, die Unternehmen in die Lage versetzen, neue Geschäftsmodelle zu entwickeln und neue Absatzkanäle zu eröffnen, rücken verstärkt in den Fokus. Wer in die API-Economy einsteigen und mit seinen Daten und Diensten Geld verdienen will, kann auf unterschiedliche Lösungen zurückgreifen, die in jeder Phase des API-Lebenszyklus wertvolle Hilfe leisten. Egal ob kleines Startup oder großer Konzern: Durch den Einsatz professioneller Werkzeuge rund um Design, Dokumentation, Management, Skalierung, Analytics und Sicherheit können Software-Hersteller komplexe Aufgaben, die viel Zeit, Geld und Nerven kosten, deutlich vereinfachen, ihre Arbeitsprozesse beschleunigen und sich dann voll und ganz auf das Wichtigste konzentrieren: erstklassige API zu entwickeln.
Eine Übersicht über API-Tools für Entwickler findest du hier.