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Ratgeber

Microsoft und Facebook entern den Collaboration-Markt: Der Kampf um den digitalen Arbeitsplatz

Die neuen Collaboration-Lösungen Microsoft Teams und Workplace by Facebook steigen in einen umkämpften Markt ein. Welche Vorteile bieten die beiden Lösungen und welche Alternativen sollten Unternehmen kennen?

7 Min.
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(Foto: thotti / Photocase)

Die klassischen Intranets, um die Jahrtausendwende entwickelt, sind für Nutzer heute eine wahre Zumutung: Die Mitarbeiter finden dort zwar vielleicht Pressemitteilungen ihres eigenen Unternehmens, manchmal können sie auch Meetingräume buchen. Aber zu einer Interaktion zwischen den Mitarbeitern kommt es nicht, sie können weder wichtige Dokumente miteinander teilen noch in Gruppen über aktuelle Prozesse sprechen. Die Kommunikation läuft in vielen Betrieben weiterhin über das klassische E-Mail-Postfach, im schlimmsten Fall diskutieren ganze Gruppen über große Verteiler. Ähnlich rudimentär wie die Kommunikation sind die Anwendungen: Da wird ein Word-Dokument von einem Mitarbeiter zum nächsten geschickt, bis vor lauter Kommentaren der Text nicht mehr lesbar ist.

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Business-Collaboration-Lösungen wollen all diese Probleme aus der PC-Ära angehen. To-do-Apps wie Asana und Trello, Projekt-Management-Tools wie Basecamp umd Projectplace und Business-Netzwerke wie Yammer oder Chatter versprechen neue Möglichkeiten für eine effektivere Zusammenarbeit. Die Nutzung dieser Lösungen wächst stetig, der weltweite Umsatz soll bis zum Jahr 2020 ganze 8,4 Milliarden US-Dollar betragen. Klar, dass bei einer solchen Summe die digitalen Platzhirsche nicht weit sind: Microsoft und Facebook haben Ende des vergangenen Jahres neue Produkt für den Markt angekündigt. Mit Microsoft Teams und Workplace by Facebook wollen sie eine Art Zentrale für den digitalen Arbeitsplatz schaffen.

Die beiden IT-Riesen wagen sich allerdings in ein Segment, in dem sich bereits neue Größen gebildet haben. Allen voran Slack: Unter Federführung von Flickr-Mitgründer Stewart Butterfield konnte sich der Chat-Dienst für Business-Teams binnen kürzester Zeit zu einem der wertvollsten Business-Software-Startups der Welt entwickeln. Die Wachstumszahlen des Startup sind selbst für Silicon-Valley-Verhältnisse erstaunlich. Wie Medien berichteten, konnte Slack in den ersten sechs Monaten nach dem offiziellen Start im Jahr 2014 rund 125.000 Nutzer und 13.000 Teams als Kunden gewinnen. Inzwischen sollen mehr als vier Millionen Anwender Slack jeden Tag verwenden, gab das Unternehmen neulich in einem Blogpost bekannt. Bemerkenswert dabei: Darunter seien über 1,25 Millionen zahlende Kunden. Anfang Februar hat das Unternehmen zudem eine Enterprise-Version gestartet, die auch für Konzerne mit tausenden Mitarbeitern geeignet sein soll. Die ersten prominenten Kunden: IBM und Paypal.

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Die australische Softwareschmiede Atlassian – die im vergangenen Jahr an die Börse ging und inzwischen einen Marktwert von mehr als fünf Milliarden US-Dollar hat – bietet mit HipChat ebenfalls ein weitverbreitetes Chat-Tool für Unternehmen, das schon vor dem ersten Slack-Release sehr beliebt war. Beide Lösungen sind über die Jahre immer mehr zur zentralen Informations- und Kommunikationsdrehscheibe für Teams in Unternehmen geworden. Neben Text-Chats und File-Sharing bieten sie mittlerweile weitere nützliche Funktionen für die interne Kommunikation wie Videokonferenzen und Screen-Sharing. Hinzu kommt eine mächtige Suchfunktion sowie die nahtlose Integration zahlreicher Business-Apps und Chatbots anderer Anbieter.

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Hipchat gehört zu den ersten beliebten Chat-Tools für den Unternehmensbereich, das neben Text-Chat und File-Sharing weitere nützliche Funktionen wie Video-Konferenzen und Screen-Sharing bietet. (Screenshot: Hipchat)

Microsoft Teams

Und nun gibt es mit dem Cloud-Tool Microsoft Teams also einen neuen Konkurrenten. Ende 2016 präsentierte Microsoft eine Vorschauversion, der offizielle Marktstart ist für das erste Quartal 2017 geplant. Im Grunde genommen hat das Programm fast die gleichen Funktionen wie seine Konkurrenten. Angeblich wollten einige Microsoft-Top-Manager Slack vergangenes Jahr ein Übernahmeangebot für acht Milliarden US-Dollar machen, wie Business-Insider berichtete. Doch Bill Gates höchstpersönlich soll den Deal platzen lassen haben. Statt so viel Geld für Slack auszugeben, solle das Unternehmen das viele Geld lieber in die Weiterentwicklung der eigenen Productivity-Produkte investieren, um sie für Business-Kunden noch attraktiver zu machen. Teams scheint ein Ergebnis dieser Strategie zu sein.

Doch auch wenn Microsoft Teams auf den ersten Blick wie eine Copycat aussieht – das Tool bietet etwas, wovon Slack, HipChat und ähnliche Chat-Tools wie Grape, Convo oder Teamwork Chat nur träumen können: eine nahtlose Integration mit Microsofts Productivity-Tools. Das dürfte vieles ändern. Microsoft Office hat über 1,2 Milliarden Nutzer in mehr als 140 Ländern, und Skype soll bis zu drei Milliarden Anrufminuten pro Tag verzeichnen, viele davon im Business-Umfeld. Dass Microsoft seine neue Chat-Plattform kostenlos mit den Office-365-Firmenversionen ausliefert, die auf rund 85 Millionen Anwender kommt,, zeigt deutlich, dass dies ein zentrales Verkaufsargument ist.

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So sind nicht nur alle Inhalte, Werkzeuge, Kontakte und Unterhaltungen im Arbeitsbereich von Microsoft Teams verfügbar, die Teams-Anwender können gleichzeitig auf Productivity-Apps wie die Intranet-Lösung SharePoint, die Notizen-App OneNote oder Skype for Business zugreifen. Zudem können Mitarbeiter Office-Dokumente direkt in der Anwendung bearbeiten. Für den mobilen Einsatz gibt es Apps für iOS, Android und Windows Phone.

Als einer der größten Enterprise-Software-Anbieter weltweit legt Microsoft auch bei Teams viel Wert auf Anpassbarkeit und Sicherheit – wichtige Faktoren, die gerade im Enterprise-Sektor zu den wichtigsten Kaufkriterien zählen. So beinhaltet Teams erweiterbare APIs, um den Workspace anzupassen. Konfigurierbare Tabs bieten einen Schnellzugriff auf oft verwendete Dokumente und die Einbindung weiterer Cloud-Dienste, etwa die populäre Task-Management-App Asana.

Darüber hinaus unterstützt Teams das Microsoft-Bot-Framework, sodass Firmen – wie auch bei Slack – eigene Bots entwickeln können. Was die Sicherheit angeht: Nach Angaben des Softwareriesen sind die Daten stets verschlüsselt. Teams soll wichtige Compliance-Standards wie EU Model Clauses, ISO 27001, SOC 2 und HIPAA unterstützen.

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Workplace by Facebook

Mit Workplace betritt Facebook den Markt für Business-Productivity-Software zum ersten Mal. Die neue Kommunikationsplattform verließ im Oktober die geschlossene Beta-Phase und bietet – vereinfacht gesagt – ein unternehmensinternes Facebook. Da es genauso funktioniert, wie es bereits aus dem privaten Gebrauch bekannt ist, braucht es keine großen Erklärungen und die meisten Anwender dürften sich schnell zurechtfinden.

Mit den bekannten Funktionen wie Profil, Chats, Newsfeeds, Kalender, Live-Video, Auto-Translate, Veranstaltungen und Gruppen ist Workplace damit von Beginn an einfach und intuitiv zu bedienen. Allerdings gibt es in der Business-Version natürlich keine Werbung. Die Daten aus den persönlichen Facebook-Accounts sollen von denen in Workplace komplett getrennt sein.

Workplace ist das neue Facebook für Unternehmen. Es bietet im Grunde die gleichen Funktionen wie das „klassische“ Facebook, kommt aber ohne Werbung und funktioniert komplett getrennt von Facebook. (Screenshot: Workplace by Facebook)

Wie Facebook unterscheidet Workplace zwischen der eigentlichen App und dem Messenger: „Work Chat“ ermöglicht Gruppenchats, Anrufe und Videoanrufe sowie File- und Screen-Sharing. Damit konkurriert Workplace direkt mit Slack, HipChat und Teams. So wie Facebook lebt Workplace aber auch in erster Linie von den Gruppen. Von Administratoren verwaltet, können diese ebenfalls privat oder öffentlich sein. Die interne Kommunikation und auch die Kommunikation nach außen mit Kunden und Partnern kann über solche Gruppen erfolgen – etwa für bestimmte Fachabteilungen, Standorte oder Projektteams.

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Enterprise Social Networks

Neu ist die Idee von Workplace nicht. Soziale Netzwerke für Unternehmen sind schon seit Jahren im Business-Umfeld ein Thema. Das Startup Yammer aus San Francisco – 2008 gestartet und 2012 später von Microsoft übernommen – hat dafür den Begriff „Enterprise Social Network“ mitgeprägt. Seitdem sind zahlreiche vergleichbare Lösungen auf den Markt gekommen, während klassische Intranets Komponenten aus den sozialen Netzwerken dazubekamen und sich zu „Social Intranets“ weiterentwickelten.

Diese Lösungen wollen vor allem die Menschen in den Mittelpunkt rücken und nicht die Business-Prozesse. So dienen solche Systeme in erster Linie der internen Kommunikation und Zusammenarbeit unter den Mitarbeitern – mit Hilfe von Funktionen, die aus Twitter und Facebook bekannt sind. IT-Riesen wie Oracle (Social Network Cloud), SAP (SAP Jam), Microsoft (Yammer), Salesforce (Chatter), VMware (Socialcast) und IBM (IBM Connections) liefern sich in diesem Markt seit Jahren einen erbitterten Kampf.

Interessant ist dabei aber auch die Tatsache, dass viele dieser Top-Player nicht mehr nur Großunternehmen, sondern zunehmend auch kleinere Firmen aus dem Mittelstand adressieren. In diesem Bereich sehen sie sich mit jungen Startups konfrontiert, die in der Cloud-Ära entstanden sind und mit innovativen Ansätzen die großen Enterprise-Suites in den Schatten stellen können. Hierzu zählen nicht zuletzt die in Deutschland entwickelten Lösungen Swabr, Coyo, Just Social, Xelos und Tixxt.

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Doch im Unterschied zu diesen Lösungen fokussiert sich Workplace ausschließlich auf die Kommunikation zwischen Mitarbeitern und auf die zwischen Unternehmen und externen Stakeholdern. Werkzeuge für das Projekt- und Aufgaben-Management, die Workflow-Optimierung oder die Prozessautomatisierung – wie sie die Social Intranets und Social-Enterprise-Networks häufig anbieten – gibt es hier nicht. Selbst in Bereichen wie Dokumenten- und Wissens-Management können Lösungen wie Tixxt, Xelos, Communote und Co. mit weiterführenden Features gegenüber der neuen Facebook-Plattform punkten.

Umfangreiche All-In-One-Plattformen wie Bitrix24 und MangoApps stellen neben den Standardfunktionen eines Enterprise-Social-Network auch weiterführende Module für das Customer-Relationship-Management, das Personal-Management, das Projekt-Management, die Business Intelligence und weitere Business-Anwendungen bereit. Damit wenden sie sich sowohl an große als auch an kleine Firmen, die Unternehmensprozesse, Zusammenarbeit und Mitarbeiterkommunikation vereinen wollen.

Fazit

Microsoft und Facebook bieten mit ihren neuen Collaboration-Produkten keine besonders innovativen oder bahnbrechenden Lösungen. Ganz im Gegenteil. Die Funktionen der beiden Produkte gibt es seit Jahren in weitverbreiteten Lösungen von erfolgreichen Anbietern, die bereits Millionen Anwender produktiv einsetzen. Microsoft Teams und Workplace by Facebook aber nun als billige Copycats zu beschreiben wäre absolut falsch – Facebook und Microsoft brauchen keine brandneuen Funktionen, um sich zu behaupten. Microsoft gehört zu den größten Anbietern von professionellen Productivity-Werkzeugen. Die nahtlose Integration von Teams mit Office und Skype ist ein Alleinstellungsmerkmal, das kaum zu toppen ist. Die massive Nutzerbasis von Facebook wird ebenfalls eine entscheidende Rolle bei der Akzeptanz von Workplace spielen. Denn jeder Wissensarbeiter auf der Welt kennt Facebook – und wird sich daher auch in Workplace sofort zurechtfinden. Und bei der Business-Software ist Nutzerakzeptanz Trumpf.

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Kommentare (2)

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Ricardo Thiele

Danke für den interessanten Artikel.

Grundsätzlich erhalte ich einen guten erster Einblick, wobei für mich der Unterschied der beiden Plattformen nicht deutlich genug wird. MS Teams ist eine Messaging Platform, Workplace by Facebook hingegen ein Social Network. Workplace by Facebook verfolgt nicht den Ansatz des zentralen digitalen Arbeitsplatzes. Passender würde ich den Vergleich zwischen MS Teams und Slack finden, weil hier die einfache Anbindung von anderen Applikationen (wie zB. Trello) über einen AppStore ein wesentlicher Unterschied zu Social Networks sind.

Zum Fazit: Meiner Meinung nach verfolgt Teams einen neuen Ansatz, und zwar die beschriebene nahtlose Integration inkl. Benutzeroberfläche, wie zB. bei Trello. Also nicht nur mit Office 365 Produkten. Das kann Slack aktuell oft nur als Verknüpfung. Teams ist zwar nicht besonders innovativ, aber ein sehr wichtiges Merkmal, damit die Nutzung nicht zur beschriebenen Zumutung wird.

Michael Fritz

Leider fehlt IBM Workplace ganz und IBM Connections in der Übersicht.

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