Im August 2019 kursierten Namen, Kontonummern, E-Mail-Adressen und in einigen Fällen auch Anschriften und Telefonnummern von Kunden des Bonusprogramms „Priceless Specials“ im Internet. Mit knapp 90.000 betroffenen Kunden war die Datenpanne bei Mastercard einer der ersten großen Datenschutzvorfälle seit Einführung der Datenschutzgrundverordung (DSGVO), die neben dem Schutz von Daten auch ein Klagerecht bei Verstößen vorsieht.
Dabei ist egal, ob tatsächlich ein Schaden entstanden ist. Schon die Tatsache, dass Unbefugte an persönliche Informationen gekommen sind, ist Grund genug, eine Art Schmerzensgeld zu verlangen. In der Praxis ist es aber oft schwer, diese Forderung in der noch jungen Rechtsmaterie auch durchzusetzen – wie der Fall Mastercard zeigt.
Verlorene Gerichtsverfahren
Zwar hatten sich mehrere Tausend Mastercard-Kunden bei sogenannten Legaltech-Anbietern wie der Europäischen Gesellschaft für Datenschutz mbH (EuGD) oder Kleinfee angemeldet, um ihre Ansprüche auf Schadensersatz prüfen zu lassen. Doch in den rund 20 Verfahren, die von den Anbietern geführt wurden, konnte Mastercard bislang alle Forderungen erfolgreich abwehren. Die Chancen auf einen Vergleich schienen daher gering.
Dabei verbuchte der Kreditkartenanbieter vor Gericht unter anderem für sich, dass man den Kunden konkrete Hilfsangebote machte, um den Schaden in Grenzen zu halten. So tauschte das Unternehmen beispielsweise kostenlos die Kreditkarten der rund 90.000 betroffenen Kunden aus. Zudem seien die Daten nach den hohen Datenschutzstandards der Kreditkartenbranche behandelt und nicht bei Mastercard, sondern bei einem Auftragsdienstleister entwendet worden.
Das Landgericht Karlsruhe stufte das Datenleck sogar als „Bagatellschaden“ ein, weil die erbeuteten Informationen darüber, wann jemand bei Fastfood-Restaurants isst und bei Discountern einkauft „alltäglich und unverfänglich“ seien.
Klägerin zog vor den BGH
Auch das Landgericht und das Oberlandesgericht Stuttgart sprachen einer Kundin, die mithilfe der EuGD auf mindestens 5.000 Euro klagte, kein Schmerzensgeld zu. Die Klägerin gab sich damit aber nicht zufrieden und wollte ihren Fall wegen „sehr stark variierende Rechtsprechung“ vom Bundesgerichtshof (BGH) klären lassen, wie die EuGD gegenüber dem Magazin Spiegel bestätigte. Bevor es zu einer Verhandlung kam, haben sich die Parteien nun außergerichtlich auf einen Vergleich geeinigt.
Die Klage vor dem BGH wurde daraufhin zurückgezogen. Auch Kunden, die nicht die EuGD, sondern Konkurrentin Kleinfee mit der Verfolgung ihrer Ansprüche beauftragt hatten, kommen offensichtlich in den Genuss des Vergleichs. So tauschen sich unter anderem auf der Internetseite Mydealz Nutzer darüber aus, dass Kleinfee sie in den vergangenen Tagen wegen einer Auszahlung im Fall „Mastercard Priceless“ kontaktiert habe.
Mit Legaltech zum Schmerzensgeld
Sogenannte Legaltech-Anbieter wie Kleinfee und EuGD stützen ihr Geschäftsmodell darauf, bei kleinen Schadensersatzansprüchen aufgrund von Datenschutzvorfällen viele Kläger hinter sich zu versammeln – damit können sie in Vergleichsverhandlungen Druck ausüben, auch wenn sie nicht gleich jeden einzelnen Fall vor Gericht bringen.
Sie übernehmen das finanzielle Risiko für die Klagen – und bekommen dafür im Erfolgsfall eine Teil der ausgezahlten Schadensersatzsumme. Kleinfee und die EuGD verlangen beide 25 Prozent. Im konkreten Fall zahlt Mastercard also sogar 400 Euro an Betroffene, die Ansprüche angemeldet hatten – 100 Euro gehen an den Legaltech-Anbieter. Allein bei der EuGD hatten sich laut den letzten Angaben des Unternehmens 2.000 Klagewillige angemeldet. Nachträglich können sich Betroffene nun aber nicht mehr in den Vergleich einklinken.
Für die Legaltech-Anbieter ist der außergerichtliche Vergleich angesichts der verlorenen Zivilverfahren in dem Fall ein Erfolg – auch wenn es nun doch nicht zu der erhofften grundsätzlichen Klärung einiger offener Fragen bei solchen Datenschutzklagen kommt, etwa der, ob in den Fällen eine Beweislastumkehr zulässig ist.
Kleinfee und EuGD sind auch bei anderen Datenlecks aktiv und werben etwa im Fall des Neobrokers Scalable Capital oder des Musikstreamingdienstes Deezer um Kunden.
Naja, also 300€ sind schon ein bisschen lächerlich, wenn man bedenkt, dass Name, Kontonummer, E-Mail-Adresse, Anschrifte und Telefonnummer oft ausreichen, um eine komplette Identität zu stehlen…