Als Gender-Pay-Gap (zu Deutsch: Geschlechter-Lohnlücke) wird die Lohnlücke zwischen Männern und Frauen bezeichnet, die auf dem Arbeitsmarkt eines Staates vorherrscht. 2022 verdienten nach Angaben des Statistischen Bundesamtes vollzeitbeschäftigte Frauen in Deutschland beispielsweise durchschnittlich 18 Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen. Diese Zahl drückt jedoch nur den unbereinigten Gender-Pay-Gap aus: Hier werden branchenübergreifend die Einkommen der Frauen in Vollzeit mit denen der Männer in Vollzeit verglichen.
Statistisch erwiesen ist jedoch, dass Frauen häufiger in schlecht bezahlten und tarifgebundenen Branchen und Berufen arbeiten. Zudem sind sie weniger oft in Führungspositionen vertreten und häufiger als Männer im Niedriglohnsektor tätig. Gute zwei Drittel der Lohnunterschiede gehen auf strukturelle Umstände zurück.
Der bereinigte Gender-Pay-Gap: Ein Rechenbeispiel
Es bleibt somit ein nicht zu erklärender Rest, der durch den bereinigten Gender-Pay-Gap dargestellt wird. Laut Forschern ist davon auszugehen, dass dieser Unterschied aufgrund bewusster oder unbewusster Diskriminierung zustande kommen dürfte. Denn der Wert vergleicht Männer und Frauen im gleichen Alter, vergleichbarer Ausbildung und Erfahrung, gleicher Tätigkeit und gleicher Arbeitszeit. In der Regel werden auch Personen beim gleichen Arbeitgeber miteinander verglichen. Diese bereinigte Lohnlücke betrug 2014 nach Angaben des Statistischen Bundesamts in Deutschland fast sieben Prozent. Aufgrund der komplexen Berechnung wird der Wert jedoch nur alle vier Jahre ermittelt.
Als Beispiel: Bei einem monatlichen Bruttomonatslohn von 3.500 Euro beträgt die Lohnlücke der Frauen 245 Euro. Bei einem Jahresgehalt mit 12 Monatslöhnen sind das schon 2.940 Euro. Für einen Zeitraum von zehn Jahren sind es 29.400 Euro und bei einem Zeitraum von 30 Jahren immerhin 88.200 Euro. Über ein gesamtes Arbeitsleben mit 45 Rentenbeitragsjahren verliert eine Frau in diesem Rechenbeispiel satte 132.3000 Euro allein durch etwaige Benachteiligung – was nicht zuletzt auch enorme Auswirkungen auf ihre Rentenzahlung hat.
Das statistische Bundesamt gibt jedoch zu verstehen, dass der bereinigte Gender-Pay-Gap möglicherweise noch geringer ausfallen könnte, wenn weitere lohnrelevante Einflussfaktoren für die statistischen Analysen zur Verfügung gestanden hätten. So lagen beispielsweise zu den familienbedingten Erwerbsunterbrechungen keine Informationen vor. Über die Jahre zeigt sich sowohl beim unbereinigten als auch beim bereinigten Gender-Pay-Gap ein stetiger aber langsamer Rückgang. Das bedeutet: Frauen holen bei der Bezahlung langsam auf.
Zuletzt verringerte sich der Unterschied beispielsweise auch durch die Einführung des Mindestlohns. Der weiterhin bestehende Abstand zu den Männern lässt sich somit immer deutlicher auf Unterschiede in den lohnrelevanten Merkmalen zurückführen, berichten die Analysten des Statistischen Bundesamtes.
Ist der unbereinigte Gender-Pay-Gap falsch?
Der bereinigte Gender-Pay-Gap verdeutlicht, dass die Lücke bei den Gehältern der Geschlechter nicht nur auf strukturelle Unterschiede zurückzuführen ist. Er dient insofern auch dazu, diese unerklärte Einkommenslücke zwischen Mann und Frau, die unter anderem auf Ungleichbehandlung beruhen, noch direkter aufzuzeigen. Doch obwohl der bereinigte Gender-Pay-Gap niedriger liegt als der unbereinigte, ist keine der beiden Analysen irreführend oder gar falsch. Sie beschreiben lediglich andere Sachverhalte.
Lohngerechtigkeit: Eine Frage der Gleichberechtigung der Geschlechter
Von echter Lohngerechtigkeit zwischen den Geschlechtern ist Deutschland – bei aller Komplexität der Debatte – in beiden Fällen noch weit entfernt. Was es braucht, sind vor allem gesellschaftliche Veränderungen hinsichtlich der Rollenverteilung bei der Familienplanung und Kinderbetreuung, damit sich der Wert noch weiter verringert. In Deutschland sind es weitestgehend noch Frauen, die familienbedingte Auszeiten in Kauf nehmen. Eine 50-50-Angleichung in Bezug auf die Kinderbetreuung zwischen Mann und Frau sowie der weitere Kita-Ausbau dürften positive Auswirkungen auf eine Angleichung haben.
Die Berechnung des Gender-Pay-Gaps ist in der Europäischen Union übrigens einheitlich geregelt und dient europaweit als Hauptindikator für die ungleiche Entlohnung von Männern und Frauen. Die Vorgaben der Berechnung gehen auf Eurostat zurück. Der Gender-Pay-Gap wird hierzulande auf Basis von 1,9 Millionen sozialversicherten Beschäftigten aus allen Branchen und Berufen errechnet.
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