Astronomen entdecken „Baby-Planeten“: Er ist 1.500-mal jünger als die Erde
TIDYE-1b (oder komplexer IRAS 04125+2902 b) ist nur drei Millionen Jahre alt, während unsere Erde bereits 4,5 Milliarden Jahre zählt. Insofern ist es kein Wunder, dass Astronom:innen sich über diesen jüngsten Fund freuen.
Erkenntnisse über frühe Stadien der Planetenentstehung nützlich
Immerhin kann die Entdeckung eines so jungen Planeten Wissenschaftler:innen viel über die frühen Stadien der Planetenbildung lehren. Bei TIDYE-1b ist es sogar so, dass sich die Forscher:innen veranlasst sehen, ihre Modelle der Planetenentstehung neu zu bewerten.
„Die Astronomie hilft uns, unseren Platz im Universum zu erkunden – woher wir kommen und wohin wir gehen könnten. Die Entdeckung von Planeten wie diesem ermöglicht es uns, in der Zeit zurückzublicken und einen Blick auf die Planetenentstehung zu werfen, während sie geschieht“, freut sich Madyson Barber, Hauptautorin eines neuen Artikels zum Thema und Doktorandin an der „University of North Carolina at Chapel Hill“ (UNC) im gleichnamigen US-Bundesstaat.
Barbers Team entdeckte TIDYE-1b gezielt mithilfe der sogenannten Transitmethode. Hierbei wird im Grunde der Stern beobachtet. Zieht dann ein Planet vorbei, verdunkelt sich das Licht und der Planet wird sichtbar.
TESS-Teleskop findet jungen Planeten
TIDYE-1b wurde mit der seit 2018 im All befindlichen TESS-Sonde entdeckt. Das TESS-Teleskop (Transiting Exoplanet Survey Satellite) der US-Raumfahrtbehörde Nasa ist eine Raumsonde, die entwickelt wurde, um nach Exoplaneten zu suchen, also Planeten, die Sterne außerhalb unseres Sonnensystems umkreisen.
Vor der Entdeckung von TIDYE-1b wurden bereits mehr als ein Dutzend junge Planeten im Alter von 10 bis 40 Millionen Jahren durch die Transitmethode entdeckt. TIDYE-1b übertrifft sie indes alle.
Es handelt sich insbesondere deshalb um einen seltenen Fund, weil solche jungen Planeten normalerweise von Gas und Staub verdeckt werden. Diese sogenannte „protoplanetare Scheibe“ ist im Grunde ein Trümmerfeld, das einen Stern wie ein Ring umkreist und aus dem neue Planeten entstehen.
„Planeten bilden sich normalerweise aus einer flachen Scheibe aus Staub und Gas, weshalb die Planeten in unserem Sonnensystem in einer pfannkuchenflachen Anordnung ausgerichtet sind“, erklärt Andrew Mann, außerordentlicher Professor an der UNC. „Aber hier ist die Scheibe geneigt und sowohl mit dem Planeten als auch mit seinem Stern falsch ausgerichtet – eine überraschende Wendung, die unser derzeitiges Verständnis der Planetenentstehung infrage stellt.“
Erstaunlicher Winkel macht Planet sichtbar
Genau darin besteht das Glück, den Fund gemacht haben zu können. Weil TIDYE-1b seinen Stern in einem anderen Winkel umkreist als die Hauptprotoplanetenscheibe, war er trotz seiner Jugend sichtbar. Ansonsten kann es oft mehr als fünf Millionen Jahre dauern, bis sich eine solche Scheibe in einem jungen Sternensystem auflöst und einen Blick auf den Planeten freigibt.
Der junge Planet ist seinem Stern sehr nahe und umkreist ihn etwa einmal alle neun Tage. TIDYE-1b ist nicht so dicht wie die Erde, dafür aber etwa elfmal größer im Durchmesser.
Planetenentstehung viel früher als bisher gedacht abgeschlossen
Die Forscher:innen glauben, ein junges Beispiel einer Supererde oder eines Subneptun gefunden zu haben. Supererden und Subneptune sind Klassen von Exoplaneten, die größer als die Erde, aber kleiner als Planeten wie Uranus und Neptun sind und in unserem Sonnensystem fehlen. Anderswo in der weiteren Milchstraßengalaxie scheinen sie indes weit verbreitet zu sein.
Die Entdeckung ist insofern sehr beachtlich, als bisher angenommen worden war, dass die Planetenbildung erst nach 10 bis 40 Millionen Jahren abgeschlossen sein würde. Offenbar stimmt das nicht, und der Umstand, dass es so wenige Funde jüngerer Planeten gibt, liegt schlicht an deren mangelnder Sichtbarkeit.
Die Ergebnisse der Arbeit des Teams um Madyson Barber wurden im Wissenschaftsjournal Nature publiziert.