Und noch ein Lieferdienst: Bereits seit September 2021 ist der tschechische Dienst Knuspr am Start, ein weiterer Standort ist im kommenden Frühjahr in Frankfurt geplant. Der dahinterstehende Konzern Rohlik, ein tschechisches Unternehmen, hat angekündigt, bis 2025 insgesamt 400 Millionen Euro in ein automatisiertes Warehousing investieren zu wollen, vor allem nennt das Unternehmen die Standorte Wien, Hamburg und Prag. Bis Ende 2024 wolle man zudem fünf Milliarden Euro Umsatz machen und ein Drittel des Onlinemarktes für Lebensmittel besetzen, größtenteils mit Wachstum im deutschen Markt.
Dabei positioniert sich der Anbieter Knuspr irgendwo zwischen den herkömmlichen Lieferdiensten von Rewe, Amazon Fresh und Co. und den Quick-Commerce-Diensten wie den Gorillas und Flink. Als Mischung aus Supermarkt und Hofladen will man sich positionieren, wirbt mir regionalen Frischwaren, etwa bei Obst und Gemüse. Die bekommt der Kunde oder die Kundin innerhalb von drei Stunden geliefert, womit man schneller ist als Rewe oder Amazon Fresh und zugleich mit bis zu 20.000 geplanten Artikeln ein deutlich größeres Sortiment bietet als etwa Flink oder die Gorillas. Ob man damit erfolgreich ist, bleibt dennoch abzuwarten, dazu gibt es zu viele Stellschrauben.
Sportlich bis gewagt ist die Ansage vom Knuspr-Deutschlandchef Erich Comor, man wolle innerhalb von zwei Jahren profitabel sein, ähnlich wie in Ungarn und Tschechien. Doch der deutsche Markt ist gerade im Lebensmittelkontext mehr als kompliziert und mit geringen Margen ausgestattet. Und während etwa die Quick-Commerce-Anbieter derzeit auf Wachstum um jeden Preis schielen und dafür bemerkenswerte Kosten in Kauf zu nehmen bereit sind, ist Rewe Digital offenbar nach zehn Jahren immer noch nicht in der Gewinnzone.
Ambitionierte Pläne für den Handel mit Lebensmitteln
Während das Unternehmen in Garching bei München bereits einen funktionierenden Standort hat, sollen die weiteren Standorte im Laufe des neuen Jahres folgen – die Rede ist von spätestens Herbst. Laut Medienberichten hat das Unternehmen in München bereits 20.000 Kunden und liefere derzeit zwischen 1.500 und 2.000 Bestellungen täglich aus – bis in drei Jahren plant das Unternehmen, 30 Millionen Kunden zu beliefern. Durchaus keine schlechten Zahlen, auch wenn nicht bekannt ist, wie viel Umsatz mit den einzelnen Kund:innen gemacht wird und wie regelmäßig diese bestellen.
Klar ist dennoch, dass die Lebensmittellieferdienste nicht nur aufgrund der Pandemie enormes Potenzial und eine Nachfrage seitens der Kund:innen vorfinden, die sie aktuell gar nicht bewältigen können. Im stationären Lebensmittelhandel sieht man dagegen viele Expert:innen skeptisch, man wolle sich nicht, so fasst es einer zusammen, das Geschäft in den Läden vor Ort beschneiden. Doch das ist eigentlich die geringste Gefahr angesichts der Tatsache, dass bisher lediglich ein niedriger einstelliger Prozentsatz des Umsatzes über Lieferung von Lebensmitteln erfolgt.
Knuspr arbeitet mit zentraler Lagerautomatisierung
Einer der Punkte, auf die es ankommt, ist dagegen die Logistik. Derzeit setzt der tschechische Anbieter zumindest im Großraum München auf ein zentrales Lager, das via Autostore so weit wie möglich automatisiert werden soll. Mit der Automatisierung seiner Warenhäuser will Knuspr die Lieferkette optimieren, die Kommissionierung effizienter gestalten sowie die Kapazitätsauslastung erhöhen. Ziel ist es, in drei Jahren rund 30 Millionen Kunden mit qualitativ hochwertigen Lebensmitteln zu beliefern. Das 7.500 Quadratmeter große Logistikzentrum in Garching dient dem ersten Knuspr-Standort München als einziger Umschlagplatz aller Waren. Um die Produktqualität sicherzustellen, ist das Fulfillment-Center in mehrere Temperaturzonen unterteilt: Normaltemperatur (Ambient), gekühlte Produkte und der Tiefkühlbereich. Das System kommt auch bei zahlreichen Onlinehändlern zum Einsatz. Andere Unternehmen arbeiten dagegen vermehrt mit Konzepten wie dem Nano-Lager von Noyes Technologies, um mit Vor-Ort-Verteilstationen die Wege kurz und den Lieferaufwand so gering zu halten wie möglich.
Und noch etwas passt: Nach Angaben von Knuspr stammen 95 Prozent der Waren vom Hersteller direkt oder einem Hof – und da man auf Zwischenhändler verzichte, senke dies die Kosten und sorge gleichzeitig dafür, dass ein fairer Preis bei den Höfen ankomme. Gerade in einer Zeit, in der Verbraucher:innen immer häufiger nachfragen und prüfen, woher ihre Lebensmittel kommen, kann eine solche Kombination aus Verfügbarkeit von regionalen Produkten in den urbanen Ballungsräumen und durchaus vorhandener Bereitschaft, für gute Lebensmittel mehr zu zahlen, funktionieren. Hier könnte dann eher die Verfügbarkeit in ausreichenden Mengen auf Dauer zum Nadelöhr werden.