Mein Freund, die KI: Wie Hardware-Hersteller die Technologie nahbarer machen wollen

Auf dem Mobile World Congress konnte man das Gefühl bekommen, dass die Hardware neuer Smartphones eher zweitrangig ist. Immer wichtiger werden den Herstellern KI-Funktionen. Das können Foto-Features sein, mit denen sich Personen aus dem Bild entfernen oder Apps, mit denen sich Bilder erstellen lassen. Oft gehören zu so einem KI-Paket aber auch Schreibwerkzeuge, die Texte oder E-Mails generieren und umformulieren können. Aber selbst Dienste wie Googles Gemini Live wirken wenig nahbar, wenn man auf eine schwarze oder weiße Bildschirmfläche einspricht. Außerdem muss man die richtigen Funktionen und Apps erst mal kennen. Andere Hersteller wollen dieses Problem für ihre Kund:innen lösen – indem sie der KI ein Gesicht geben.
Newnal Web AI macht euch zum KI-Avatar
Ganz vorn mit dabei ist das Newnal Web AI. Das Smartphone fällt nicht nur durch seinen kompakten Formfaktor auf, es hat auch zwei Bildschirme. Auf dem Unteren zeigt es ein ganz normales Android-Interface mit installierten Apps an, auf dem Oberen sieht man entweder, wie und was das Gerät über euch lernt, oder den selbst erstellten KI-Avatar, der euch im Idealfall ähnlich sieht. Nutzer:innen sollen so den Eindruck gewinnen, als sprächen sie mit sich selbst.
Lernen kann das Newnal-Phone auf mehreren Wegen. Es vollzieht eure Interaktionen mit dem Gerät nach und merkt sich, wann ihr die Amazon-App öffnet und was ihr dort einkauft. Es kann aber auch Daten aus anderen Apps wie Linkedin oder Gmail erheben und verarbeiten. Außerdem sei es möglich, die persönlichen Auskunftsdaten aus Konten bei Meta und Google zu integrieren.

Nicht nur smart, sondern auch schick: Das minimalistische Newnal-Gerät erinnert eine Mischung aus iPod und iPhone. (Foto: t3n)
Wozu das gut sein soll, macht Gründer YT Kim bei einer Präsentation deutlich. Er lässt seinen KI-Avatar per Sprachbefehl einen Text verfassen, der blau hinterlegte Stellen enthält. Dabei handelt es sich um Passagen, bei denen die KI etwas über Nutzer:innen gelernt hat. Die KI soll so in der Lage sein, persönlichere Texte zu schreiben. ChatGPT und Gemini können sowas ohne fehlende Daten schließlich nicht.
Weitere Einsatzmöglichkeiten: Beim Shopping soll die KI Kleidung und Accessoires auf Basis des Gelernten aussuchen. Außerdem kann der Helfer auf Basis der Kenntnisse etwa Versicherungsformulare ausfüllen und Telefonanrufe beantworten. Die persönlichen Informationen sollen dabei stets sicher und in der Hand der Nutzer:innen bleiben.
Dennoch soll die Frage erlaubt sein, ob es so seine gute Idee ist, eine KI mit den eigenen Daten zu füttern. Auf einem anderen Blatt steht zudem, ob es sich bei den gezeigten Aktionen um vordefinierte Demonstrationen handelte oder ob das Newnal-Gerät wirklich schon so weit ist. Schließlich hatte zur CES 2024 der Rabbit R1 mit interessanten Funktionen für Aufsehen gesorgt, die beim Start aber gar nicht verfügbar waren. Noch im Frühling 2025 soll das Newnal Web AI auf den Markt kommen. Spätestens dann kann man sich selbst ein Bild davon machen.
Die Telekom bringt KI auf den Sperrbildschirm
Auch die Telekom will das Smartphone künftig zum KI-Begleiter machen, verzichtet dabei aber auf einen Avatar. Stattdessen hat sich das Telekommunikationsunternehmen mit Perplexitiy zusammengetan und deren KI direkt in die Software des Smartphones integriert. So steht die Technologie schon im Sperrbildschirm zur Verfügung und kann mit Fragen weiterhelfen. Am Messestand demonstrierte das eine Mitarbeiterin anhand einer, na klar, Reservierung im Restaurant. Denn sehr viele Hersteller lassen ihre vermeintlichen KI-Agenten entweder Tische oder Hotelzimmer reservieren.
Immerhin bleibt es hier nicht bei der Theorie. Auch ich konnte das vor Ort einmal ausprobieren. Nach meiner Spracheingabe fragte die KI zurück, welches Restaurant ich aussuchen möchte, und wann sie für wie viele Personen reservieren soll. Lediglich auf den Button zum Abschluss musste ich beim Dienst Opentable noch selbst tippen – und dafür das Smartphone entsperren. Das stellt sicher, dass das KI-Phone nicht versehentlich etwas Falsches bucht.

Beim KI-Phone arbeitet die Telekom unter anderem mit Perplexity zusammen. Ein Vorteil sei, dass die KI ihre Quellen angebe. Beim Gerät auf dem Bild handelt es sich übrigens um ein T-Phone Pro, nicht um das fertige KI-Phone. (Foto: t3n)
Auch Fragen zu aktuellen Ereignissen oder Sehenswürdigkeiten beantwortete das KI-Phone richtig. Wann spielt Werder Bremen? Die korrekte Antwort: am Samstag gegen Bayer Leverkusen. Das wird schwer. Gibt es trotzdem noch Tickets? Bitte selbst bei den beiden Vereinen nachschauen. Es fehlt die Schnittstelle. Für Opentable ist sie vorhanden.
Noch mehr soll in der Magenta-App gehen. Hier will die Telekom verschiedene Dienste bündeln. Google übernimmt die Bildanalyse, Elevenlabs stellt auf Wunsch einen Podcast zusammen und Picsart ist für Bildgenerierung zuständig. Der Perplexity-Helfer soll außerdem Mails schreiben, Taxis rufen und beim Shopping unterstützen. Das geht natürlich alles auch mit anderen KI-Apps, für die Szenekenner kein eigenes Smartphone brauchen. Für Ottonormalverbraucher:innen, die die Neuigkeiten aus der KI-Branche nicht tagtäglich verfolgen, könnte so ein Smartphone ein leichter Einstieg ins Thema sein – wenn alles gut funktioniert und eine eventuelle halluzinierende KI nicht ein Taxi an die falsche Adresse bestellt.
Noch fehlen die allermeisten Dienste allerdings in der Magenta-App. Und auch ein KI-Phone gibt es noch gar nicht. Auf dem MWC diente ein umgemodeltes T-Phone Pro als Anschauungsobjekt. Im Laufe des Jahres will die Telekom weitere Details veröffentlichen. Über den Preis gibt es widersprüchliche Aussagen. Am Messestand hieß es, die Hardware solle zum Preis der aktuellen Telekom-Modelle an den Start gehen. Ein T-Phone Pro kostete bei Markteinführung 269 Euro. Andere Medien berichten, der Mobilfunkanbieter wolle das Smartphone für unter 1.000 US-Dollar an den Start bringen.
Lenovos knuffiges Konzept
Wie KI am Computer zum persönlichen Begleiter werden könnte, zeigt Levono mit dem Tiko-Konzept. Das an ein Tamagochi erinnernde Gadget wird über die sogenannte Magic Bay mit kompatiblen Thinkbook-Modellen verbunden. Es soll auf die Bildschirminhalte reagieren. Hören Nutzer:innen etwa Musik, hat auch Tiko Kopfhörer auf. Das Gadget lässt sich per Gesten steuern und es soll Nutzer:innen dabei helfen, „während ihres Arbeitstages informiert und engagiert zu bleiben.“ Welche Rolle KI dabei spielen soll, wird allerdings nicht ganz klar.

Beim putzigen KI-Helfer Tiko von Lenovo handelt es sich derzeit noch um ein Konzept. (Foto: t3n)
Anders sieht es bei Tiko Pro aus. Das Zubehör ist deutlich weniger verspielt. Es handelt sich dabei eher um ein Zusatz-Display, das Informationen anzeigt, als Teleprompter für Vorträge in Videomeetings dienen oder den Inhalt von Live-Übersetzungen anzeigen. Zusätzlich bietet es Zugriff auf die herstellereigene Lenovo AI Now. Bei beiden Tiko-Gadgets handelt es sich allerdings noch um Konzepte. Ob sie je auf den Markt kommen, ist offen.