MIT-Astronomen entdecken 18 schwarze Löcher, die nahe gelegene Sterne verschlingen
Das Aufeinandertreffen von einem Stern mit einem schwarzen Loch wird in der Astronomie als Tidal Disruption Event bezeichnet, zu Deutsch etwa „Gezeiten-Sternzerrissereignis“. Diese Events treten dann auf, wenn ein Stern so nah an einem supermassereichen schwarzen Loch ist, dass die Gezeitenkräfte die Eigengravitation des Sterns übersteigen.
Das bedeutet das Ende des Sterns, der auseinandergerissen und verschlungen wird. Dass schwarze Löcher offenbar öfter als gedacht Sterne auf diese Art und Weise vernichten, hat eine im The Astrophysical Journal veröffentlichte Studie gezeigt.
Astronom:innen haben auch schon früher Ereignisse dieser Art aufgespürt und entdeckt – die neu entdeckten TDE des MIT-Teams vergrößern aber den Katalog der bekannten Gezeiten-Sternzerrissereignisse im nahen Universum um mehr als das Doppelte.
Tidal Disruption Events erzeugen nachweisbare Infrarotstrahlung
Warum die Forschenden so viele TDE in nahen Galaxien finden konnten, liegt an dem Bereich, in dem sie gesucht haben. Denn das Team hat sich bei seiner Forschung dem Infrarotbereich gewidmet: So konnten auch Sternentode und entsprechend schwarze Löcher entdeckt werden, die bisher durch Staub verhüllt und damit nicht im optischen Bereich nachweisbar waren.
In „staubigen“ Galaxien, in denen ein zentrales schwarzes Loch von galaktischen Trümmern umhüllt ist, sind TDE und alle Anzeichen auf diese schwer zu erkennen, da der Staub in diesen Galaxien das Röntgenlicht absorbiert und verdunkelt. Allerdings heizt sich der Staub auf und erzeugt Infrarotstrahlung – und die wiederum ist nachweisbar. Das Team hat damit herausgefunden, dass Infrarotemissionen ein Anzeichen für TDE sind – und über die lassen sich wiederum supermassereiche schwarze Löcher aufspüren.
„Wenn man die TDE als Ganzes verstehen und sie zur Untersuchung der Demografie supermassereicher schwarzer Löcher nutzen will, muss man im Infrarotband suchen“, so die Hauptautorin der Studie, Megan Masterson, Doktorandin am Kavli Institut für Astrophysik und Weltraumforschung des MIT.
Galaxien im Umkreis von 600 Millionen Lichtjahren analysiert
Laut der Publikation haben die Forschenden für die Studie Archivbeobachtungen des Nasa-Weltraumteleskops Neowise analysiert. Das ist 2009 an den Start gegangen und sollte nach einer kurzen Unterbrechung den Himmel nach kurzen Infrarot-Transienten untersuchen. In der Astronomie versteht man unter einem Transient ein „schnell vorübergehendes Ereignis“, wie zum Beispiel eine Supernova.
Mithilfe eines für die Studie entwickelten Algorithmus konnten Muster in den Infrarotemissionen aufgedeckt werden, die auf einen Ausbruch von Infrarotstrahlung hindeuten. Diese markierten Transienten wurden im Anschluss mit einem Katalog aller bekannten nahen Galaxien verglichen. Und „nah“ ist natürlich relativ – denn das bedeutet in diesem Fall in einem Umkreis von rund 600 Millionen Lichtjahren. Auf diese Weise konnte das Team Infrarotmuster herausarbeiten, die für TDE charakteristisch sind.
Die Entdeckungen tragen dazu bei, einige wichtige Fragen im Bezug auf das Vorkommen von supermassereichen schwarzen Löchern zu klären. Die neu gewonnenen Daten aus dem Infrarotspektrum zeigen außerdem, dass Sternenzerstörungen dieser Art deutlich öfter als bislang angenommen vorkommen. Rechnet man die neuen TDE mit früheren Entdeckungen zusammen, ergeben sich neue Schätzungen. Demnach soll eine Galaxie einmal alle 50.000 Jahre ein TDE erleben.
Das MIT-Team hofft, mit weiteren Infrarotbeobachtungen die Häufigkeit dieser Ereignisse und die Eigenschaften schwarzer Löcher weiter aufklären zu können.