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So reagierst du richtig auf Löschanträge für Google-Bewertungen

Kundenbewertungen bei Google und anderen Plattformen sind für Unternehmen inzwischen geschäftskritisch. Jetzt rüsten viele auf und schicken ihre Anwält:innen los, um missliebige Bewertungen loszuwerden – auch solche, die lange zurückliegen.

4 Min. Lesezeit
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Rezensionen abwehren: So beseitigen Unternehmen missliebige Bewertungen. (Foto: Clara Murcia/Shutterstock)

Der Kampf an der Front der Kund:innenbewertungen und Geschäftsrezensionen hat etwas mit dem deutschen Mietrecht gemeinsam: Unfair wird’s immer dann, wenn jemand die geltenden Regeln überreizt – und das in beiden Richtungen. Schon lange drohen unzufriedene Kund:innen Unternehmen damit, dass sie sie bei Google, Amazon und in branchenspezifischen Bewertungsportalen schlechtmachen, wenn sie nicht die gewünschte Leistung erbringen. Und über so manche Bewertung schüttelt man dort auch tatsächlich den Kopf. Zwar lässt sich mit etwas Geschick oftmals recht gut zwischen den Zeilen lesen, insbesondere wenn man mehrere Bewertungen eines:einer Bewertenden anschaut.

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Doch es gibt auch den umgekehrten Weg – nämlich Geschäftsleute und Inhaber:innen von Unternehmen, die mit der juristischen Brechstange versuchen, unliebsame Bewertungen wieder loszuwerden. Denn solche Bewertungen stehen erst einmal dort – und sorgen im schlimmsten Fall für sinkende Umsätze, indem sie Interessent:innen davon abhalten, das Geschäft, Restaurant oder Hotel aufzusuchen. Hier treten neben Spezialist:innen für Reputation-Management, die Unternehmen beispielsweise darin beraten, wie sie ihre zufriedene Kundschaft zu einer guten Bewertung anleiten können, auch Anwält:innen auf den Plan, die dann teilweise neben gezielten Löschungen offensichtlich ungerechtfertigter Bewertungen auch Löschanträge für durchaus nachvollziehbare Bewertungen stellen.

Geschäfte kämpfen gegen schlechte Bewertungen

Aktuell häufen sich die Fälle, über die in sozialen Medien wie Linkedin und Twitter, aber auch in einschlägigen Verbraucherschutzportalen berichtet wird: Anwält:innen stellen im Auftrag der jeweiligen Unternehmen Anträge auf Löschung bei Google. Und Google tritt daraufhin an die Autor:innen der Bewertung heran und fordert Beweise für die Bewertung – etwa in Form von Kassenbelegen oder Ähnlichem. Kommen diese Beweise nicht binnen gerade einmal sieben Tagen, kündigt Google an, die Bewertung zu löschen. Ab rund 50 Euro netto gibt’s diesen Service und er scheint für manche Anwält:innen ein einträgliches Geschäft zu sein: Google oder eine andere Bewertungsplattform anschreiben, Bewertung anzweifeln und binnen weniger Tage Vollzug melden.

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Konkret gibt es Fälle, in denen etwa ein Restaurant einer großen Steakhauskette Bewertende anschreibt und selbst mittelmäßige Bewertungen, die längere Zeit zurückliegen (Drei-Sterne-Bewertung, in der unter anderem bewertet wird, dass die Kaffeemaschine schon weit vor Geschäftsschluss nicht mehr betriebsbereit war und es folglich keinen Kaffee mehr gab), anzweifelt.

Ein anderer Fall betrifft eine Diskothek in München, die der Bewertende vor elf (!) Jahren bewertet hat – mit drei Sternen wohlgemerkt und ohne speziellen Kommentar. An den Besuch erinnert er sich dem Vernehmen nach nicht mehr so genau, nur daran, dass es eben kein Highlight, weder in die eine noch in die andere Richtung, gewesen sein soll.

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Die beauftragte Anwaltskanzlei ordnet diese Bewertung laut einem Medienberichts als „Schmähkritik“ ein und erklärt: „Der Nutzername des oder der Bewertenden wird weder in der Kundenkartei unserer Mandantschaft geführt, noch kann die Rezension oder der Name des Rezensenten sonst einem Kontakt oder einem Geschehen bei unserer Mandantschaft zugeordnet werden.“ – Sicher nicht ungewöhnlich bei einem Gastronomiebetrieb ohne Mitgliedschaft. Gerade dieser Fall, in dem es keinerlei konkrete Vorwürfe gibt, die geschäftsschädigend wären, zeigt, dass entsprechende Geschäfte einfach nur um die Erhöhung des Scores kämpfen.

Nachweis wird für Bewerter:innen schwierig

Nun mag es, wenn Kund:innen mit Karte bezahlt haben oder es sich um eine geschäftliche Einladung handelte, ja durchaus möglich sein, dass es nach Monaten noch Belege gibt, die Regel ist dies aber nicht. Noch besser: Andere Restaurants lassen durch Kanzleien Löschanträge für Bewertungen stellen, die nahezu zehn Jahre zurückliegen. Die Wahrscheinlichkeit, dass Autor:innen hierzu noch Belege erbringen können, dürfte gegen null tendieren.

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Übrigens ist es auch keine Lösung, komplett auf einen beschreibenden und begründenden Kommentar zu verzichten. Denn das OLG Köln hat mit Urteil vom 23. Dezember 2022, Aktenzeichen 6 U 83/22, befunden, dass eine Ein-Stern-Bewertung auf Google dann unzulässig und von Google zu entfernen ist, wenn es keine über den bloßen Kontakt hinausgehende Kunden- oder Geschäftsbeziehung gegeben habe. Ein in dem Fall durchaus gerechtfertigtes Urteil, denn im konkreten Fall handelte es sich tatsächlich um eine durch einen Mitbewerber abgegebene Bewertung.

So reagierst du souverän auf einen Löschantrag

Im Falle vieler anderer Rezensionen, insbesondere bei Google oder Google Maps sowie bei Facebook oder Yelp, sieht die Sache aber deutlich komplexer aus. Was Rezensent:innen tun können, hängt vom Einzelfall ab. Wer tatsächlich noch Beweise hat, etwa einen Kartenbeleg, kann Google diesen übermitteln und mit der Aufrechterhaltung der Rezension reagieren. Auch das Benennen von Zeugen oder das Einsenden eventuell vorhandener Fotos als Beleg kann hilfreich sein.

Reagiert ein:e Rezensent:in dagegen gar nicht auf die Nachricht von Google, dürfte ziemlich sicher die Löschung erfolgen, weil Google kein Interesse daran hat, die Rezensionen aufrechtzuerhalten, und es sich natürlich auch tatsächlich um eine Fake-Bewertung handeln könnte. Dagegen ist nicht nachweisbar, dass Google bei Unternehmen unterschiedliche Maßstäbe anlegt, wenn diese im Rahmen des Eintrags weitere Dienstleistungen buchen.

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Immerhin scheint die Strategie der Anwält:innen zu funktionieren und die Rechnung aufzugehen: Hatte besagter Münchner Club bei Berichterstattung der Tagespresse vor einer Woche noch insgesamt 1193 Google-Rezensionen mit einem Schnitt von 3,1 Sternen (Stand 21. März), sind es einige Tage später 952 Rezensionen mit einem Schnitt von schon 3,4 Sternen. Zu einem Besuch würden jedoch auch diese angesichts der großen Konkurrenz wohl eher nicht animieren.

Hüten sollten sich Rezensent:innen aber davor, nach einer lange zurückliegenden Bewertung eine neue nachzuschieben, ohne kenntlich zu machen, dass der Besuch entsprechend lange zurückliegt – oder aber gar daraufhin Dinge zu behaupten, die rufschädigend sein können. Denkbar ist aber durchaus, wie es auch in den besagten Fällen geschieht, eine neue Bewertung zu verfassen, die auch darüber informiert, dass man seitens des Unternehmens mit einem Löschantrag konfrontiert war. Das ist schließlich auch ein interessanter Umgang mit Gästen, der für Interessierte Rückschlüsse – frei nach dem Streisand-Effekt – ermöglicht. Für die mit dem Reputation-Management beauftragten Unternehmen schafft das dann wieder neue Arbeit. Ob das allerdings im Interesse der Auftraggeber:innen ist, darf bezweifelt werden.

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