Das deutsche Unternehmen Assembly & Test Europe GmbH (ATW) mit Sitz im rheinland-pfälzischen Neuwied ist durch die Coronakrise in schwere Schieflage geraten. Anfang September hatte die Geschäftsführung angekündigt, das Unternehmen abzuwickeln. Die 210 Arbeitsplätze waren akut gefährdet. Nun soll sich Tesla für die Spezialisten im Aufbau industrieller Fertigungslinien interessieren.
ATW gehörte bisher zu dem kanadischen Unternehmen ATS Automation Tooling Systems und hatte unter anderem Getriebe- und Batterie-Montagelinien für BMW und Daimler produziert. Auch VW und Zulieferer wie ZF und Magna zählten zum Kundenkreis des Unternehmens, das sich selbst als „Maschinen- und Anlagenbauer für die Automobilindustrie weltweit“ bezeichnet.
Tesla hat nach den am Battery Day verkündeten Umbauten an seinen Produktionsverfahren jedenfalls Bedarf an entsprechender Expertise. Schon die laufenden Ausbauten in Shanghai, Grünheide und Austin dürften die ATW-Spezialisten beschäftigt halten.
Nähe zu Grohmann und Krisenpreis könnten Tesla-Interesse verstärken
Neben der unbestrittenen Expertise der ATW-Spezialisten könnten zwei weitere Faktoren für eine Übernahme durch Tesla sprechen. Zum einen hat das ebenfalls von Tesla übernommene Unternehmen Grohmann Automation seinen Sitz im nahegelegenen Eifelkreis Bitburg-Prüm. Zum anderen dürfte der Kaufpreis angesichts der existenziellen Krise des Unternehmens nach Tesla-Maßstäben vergleichsweise niedrig ausfallen.
Wie The European berichtet, sollen Geschäftspartner von ATW in dieser Woche die Mitteilung erhalten haben, dass man sich „auf die Übernahme durch einen Hersteller von Elektrofahrzeugen in Kalifornien geeinigt“ habe. Daraus habe man geschlossen, dass es um Tesla gehen muss. Ebenso sollen anlässlich einer ATW-Veranstaltung am vergangenen Freitag „etliche Tesla-Fahrzeuge“ mit Bitburger Kennzeichen vorgefahren sein.
Mutterkonzern hatte Verkaufsabsichten bestätigt
Zwar konnte The European keine konkrete Stellungnahme der ATW-Geschäftsleitung erhalten. Der Mutterkonzern ATS soll aber bereits Ende September eine Vereinbarung kommuniziert haben, in deren Rahmen „spezielle Unternehmensanteile“ verkauft und „Mitarbeiter einer in Deutschland ansässigen Tochtergesellschaft an Dritte“ übertragen würden.
Sollten sich die Übernahmegerüchte bewahrheiten, stellte sich die Frage, ob ATW noch weiter für andere Unternehmen außer Tesla arbeiten wird. Mit Blick auf die Grohmann-Übernahme darf das aber als unwahrscheinlich klassifiziert werden. Hier hatte Tesla unmittelbar nach der Übernahme alle bestehenden Dritt-Verträge gekündigt.
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