Viele Firmen sehen den Pride-Month als Marketing-Chance, ähnlich dem Tag der Jogginghose oder dem Valentinstag. Das merkt vor allem eine Gruppe: die queere Community. Hier sind 13 Werbefails im Pride-Month. (Bild: @Happy_Gay_Day via Twitter)
Die Welt veröffentlichte im Pride-Month einen Gastbeitrag, in dem wenig faktenbasiert Meinung kundgetan wurde: Es gebe nur zwei Geschlechter, alles andere sei irgendwie nicht ganz normal und die Öffentlich-Rechtlichen würden mit der Aufklärung Kinder sexualisieren. Das Gesamtpaket hätte nicht stärker gegen queere Menschen und ihre Rechte sein können. Umso krasser also, dass der Axel-Springer-Verlag sich mit einem Pride-Logo schmückt und ausgerechnet die Bild über Doppelmoral deutscher Konzerne im Pride-Month berichtet. Brauchst du da auch eine Vomex?
Nicht nur ist der Regenbogen vollkommen willkürlich auf der Vaseline, vor allem aber ist sie auch doppelt so teuer. Wie Influencer Matt Bernstein zeigt: Die queere Community ist durchaus in der Lage, Allyship von Marketing zu unterscheiden. Und vor allem sind sie in der Lage, zu erkennen, wenn sie finanziell ausgeschlachtet werden sollen.
„Hey, es ist Pride-Month, lass uns mal eine Pride-Kampagne für Injustice 2 überlegen.“ – „Ganz einfach, wir nehmen einen im Kanon queeren Charakter und den müssen die besiegen!“ Niemandem scheint dabei aufgefallen zu sein, dass es eine furchtbare Nachricht ist, wenn zum Pride-Month ein queerer Charakter verprügelt werden soll. Das ist, ähnlich wie der Axel-Springer-Gastbeitrag, nicht nur peinlich, sondern gefährlich. Immerhin hat sich das Studio dafür entschuldigt. (Bild: NetherRealm Studios/Warner Bros.)
Es ist eine mäßig gute Idee, aus der Selbstbezeichnung einer Gruppe, die immer noch diskriminiert wird, ein Sauf-Statement zu machen. Es ist außerdem unsensibel, ausgerechnet die Bedeutung einer Selbstbezeichnung auf eine Marke münzen zu wollen. Von der queeren Community wird häufig kritisiert, dass Szene-Sprache aufgegriffen und kommerzialisiert wird, um von der queeren Community Geld abzuholen. Ein Twitter-User schreibt: „Das ist so eine herablassende Werbekampagne – es wäre mir lieber, sie würden gar nichts machen. Wir sind alle eine homogene Gruppe für die, nicht?“
Wir schreiben das Jahr 2022, Burger King Österreich verkauft den Whopper-Burger mit zwei oberen oder unteren Brötchenhälften. Wir können es nicht besser sagen, also hier ein Auszug aus den Kommentaren:
AT&T in Boston wirbt damit, dass sie 500 US-Dollar an Trevor Project spenden – zumindest, sofern du einige Bedingungen erfüllst. Judd Legum, Journalist, weist darauf hin, dass das Unternehmen über eine Million Dollar an Anti-LGBTQ-Politiker:innen gespendet hat. Nicht zu Hause nachmachen!
Zwar ist Nivea bekannt für zumindest eine Prise Body-Positivity, aber was diese Pride-Box soll, ist unklar. Wir wissen jetzt schon, dass es Unsinn ist, einfach Regenbogen auf die Produkte zu klatschen. Dazu behandelt auch Nivea „die Queeren“ wie eine homogene Masse: „Pflege ist für alle da“, die haben alle dieselbe Haut und kommen mit den präsentierten Produkten klar. Mit dem Regenbogen „setzt Nivea ein Zeichen“ und steht für die hauseigene „Initiative für mehr Miteinander“. Das Geld aus den Produkten bekommt allerdings nur einer: Nivea. (Screenshot: Nivea/t3n)
@TheRocketBeans haben auf Twitter einen ordentlichen Shitstorm geerntet, weil sie die House-Pride-Veranstalter eines Hamburger Harry-Potter-Theaters bewarben. Das Problem: House-Pride findet im Pride-Month statt und nutzt explizit dieses Wording – hat aber gar nichts mit queerem Pride und Allyship zu tun. Hier wird mit Schlagwörtern geworben, die dadurch sinnentleert werden. Dazu ist J.K. Rowling, die Autorin von Harry Potter, bekannterweise transfeindlich und dadurch aufgefallen, im Nachhinein willkürlich Charaktere als queer zu erklären. Zusätzlich zur unfassbar schlechten Werbung war es auch seitens der Rocket Beans ein Fail, ein transphobes Franchise während des Pride-Months zu bewerben.
Es gibt genug Symbole und Phrasen, die sich Firmen aneignen, um Pride-Werbung zu machen. Das hier ging komplett in die Hose: Das rosa Dreieck wurde in Konzentrationslagern der Nazis genutzt, um homosexuelle Personen zu markieren.
Das Logo mit einem Regenbogen zu versehen, ist einfach gemacht: Einmal die Grafik-Abteilung hingesetzt und dann kann das auch jedes Jahr wiederverwendet werden. Interessanterweise passiert das aber nur in den Regionen, wo der schlimmste negative Effekt ein Shitstorm von Konservativen ist. In Regionen, in denen Menschenrechte noch immer nicht für alle gelten, wird sich meist dezent zurückgehalten – obwohl diskriminierte Personen, darunter auch die LGBTQIA+-Community, dort die meiste Unterstützung gebrauchen könnten.
Easyjet klebt Sticker an ihre Flugzeuge – kaum größer als die Fenster und damit nicht lesbar, sofern du nicht gerade ein- oder aussteigst. Was dahintersteht, außer das klassische Pseudo-„Wir unterstützen die Community“, ist vollkommen unklar. Auf der Easyjet-Website jedenfalls lassen sich keine Informationen zu Partnerschaften mit LGBTQIA+-Organisationen erkennen. Außerdem fragt Felix 9253 zum selben Video auf Tiktok: „Fliegt ihr eigentlich Saudi-Arabien oder Ägypten an?“
Die Kleidungsbranche macht Rainbow-Washing besonders deutlich: Hier finden sich binäre Einteilungen (Artikel für Männer und Frauen), und Farben und Motive in klassischem Gendermarketing. Nur ein kleiner Anteil der C&A-Pride-Collection ist unisex, das meiste ist klassisch in Herren/Damen kategorisiert. Zumindest die gezeigten Pronomen-Shirts sind unisex – und es gibt sogar ein Shirt für „They/Them“. Aber bunt in Batikoptik und dementsprechend „anders“ als „she/her“ und „he/his“. Die Farbsprache sagt also auch wieder: Was nicht binär ist, ist anders. Mit mehr queeren Personen im Team hätte das vielleicht vermieden werden können.
Die Krone kriegt das US-amerikanische ICE, kurz für Immigration and Customs Enforcement – eine Behörde für innere Sicherheit. 2021 tweeteten sie Pride. Dabei sind die amerikanischen Sicherheitsdienste bekannt dafür, dass sie queere Aktivist:innen überwacht haben. Aufgearbeitet wurde das nie, Entschuldigungen gab es keine. Das ICE wurde scharf kritisiert, weil insbesondere trans-Personen in der Haft Missbrauch, Verletzungen und (medizinische) Vernachlässigung erleiden müssen. Johana Medina León und Roxsana Hernández sind nur zwei der Frauen, die in der ICE-Haft verstarben. Das sind die letzten Institutionen, die sich zum Pride-Month äußern sollten.