Online-Shop-Portrait Arktis: Der Pionier des E-Commerce
Die Domain von Arktis aus dem nordrhein-westfälischen Rosendahl wurde nur eine Woche nach Apple.com angemeldet. Das ist mittlerweile über 20 Jahre her. Aber auch sonst verbindet die beiden Unternehmen mehr als nur der Anfangsbuchstabe. Seit rund zwei Jahrzehnten als autorisierter Apple-Händler im Geschäft, hat sich der Online-Shop neben dem Apple-Grundsortiment vornehmlich auf iPhone- und iPad-Zubehör sowie entsprechende Hüllen spezialisiert. Der Shop verfügt über viele eigene Produkte und bietet auch spezielle Ständer für iPads an. Darüber hinaus umfasst das Sortiment aber auch Zubehör für andere mobile Geräte und Gadgets.
Gründung aus der Garage
Arktis-Inhaber Rainer Wolf hat bereits im zarten Alter von 14 Jahren aus dem elterlichen Wohnzimmer seine Laufbahn als Händler begonnen. Damals lag der Fokus komplett auf Software, die Schulfreunde für den Amiga von Commodore programmierten und über Wolf vertreiben ließen. In den ersten Jahren entstanden so beispielsweise die Steuersoftware „Steuerfuchs“, das Übersetzungsprogramm „Translate it“ oder auch „Mac Money“. Da zu dieser Zeit noch keiner das Internet vorhersagen konnte, setzte Wolf auf Direktvertrieb und Kooperationen mit anderen Händlern. Aufmerksamkeit verschaffte er seinen Produkten zum Beispiel mit Anzeigen im Magazin Happy Computer, mit Flugblättern und Katalogen. Spätestens ab dem Zeitpunkt, als auch Fremdprodukte den Weg in das Sortiment fanden, entwickelte sich die Einzelunternehmung vom Software-Anbieter schrittweise zum Zubehör-Händler.
Es lief in den ersten Jahren gut für Wolf und seine Mitstreiter – so gut, dass sie im Alter von rund 20 ein Einfamilienhaus kauften. Der Arktis-Geschäftsführer denkt mit einem Schmunzeln an die Gründungsphase, als sein Team bereits rund zehn Freunde und Bekannte umfasste: „Wir konnten uns in unserem eigenen Haus so richtig ausleben und galten im Ort ein wenig als die Verrückten.“ In dieser Zeit meldete er eine GmbH an und das Unternehmen wuchs schnell weiter, sodass die Garage eines Nachbarn als zusätzlicher Lagerraum gemietet werden musste. Irgendwann wurde es der Nachbarschaft allerdings zu bunt mit den jungen Wilden – spätestens zu dem Zeitpunkt, als Paketboten regelmäßig die Straße verstopften. Wolf nahm Kapital auf und ließ 1999 die heutige Firmenzentrale in einem Industriegebiet am Ort errichten. Das Timing dafür hätte schlechter nicht sein können, denn kurz darauf brach der Amiga-Markt und damit auch das Geschäftsmodell von Arktis zusammen.
Die Weltherrschaft ist keine Option
Eine weitere Fehlentscheidung zu dieser Zeit war für den Arktis-Geschäftsführer rückblickend, dass er begann, verschiedene Mediamärkte mit PC-Software zu beliefern. Anfangs war die Freude ob der schwindelerregenden Bestellungen noch groß, doch nach einem Jahr kam fast die komplette ausgelieferte Software wieder zurück. Die kritische Phase währte aber nicht lange, denn als „Macintosh-Fan der ersten Stunde“ schwenkte Wolf auf Apple um und ließ viele der Programme, die sich für den Amiga gut verkauft hatten, auf den Mac portieren. Nach der Mediamarkt-Enttäuschung und ähnlichen Erfahrungen mit Saturn und Karstadt entschied Wolf, sich nie wieder in Abhängigkeit von einem Großhändler zu bringen. Er lehnt nach eigenen Angaben bis heute immer wieder Anfragen von großen Händlern ab – für ihn eine strategische Entscheidung: „Ich wachse lieber stetig, als die Weltherrschaft anzustreben. Wachsen ist gut, aber man sollte nicht zu gierig werden, da man damit meist auf die Nase fällt.“
Dank seiner Begeisterung für Technologie kam der Arktis-Inhaber sehr früh mit dem Internet in Kontakt und registrierte die Domain Arktis.de. Seit diesem Zeitpunkt wurde jeder Arktis-Katalog mit der entsprechenden URL und dem Zusatz „Deutschlands erster Shop für Computer“ versehen. Selbst Apple war nicht schneller: Der Konzern hatte nur kurze Zeit vor Arktis seine Domain apple.com registriert. Auf diese zeitliche Nähe ist Wolf stolz, denn alles rund um Apple-Produkte macht bis heute den Löwenanteil des Umsatzes von Arktis aus. Eine bedeutende Rolle spielt allerdings auch das Gadget-Sortiment – derartige Produkte werden von Kunden gerne ergänzend zu Apple-Zubehör in den Warenkorb gelegt.
Von Amiga zu Apple
Mit dem Wechsel von Amiga zu Apple und insbesondere von Software zu Zubehör startete Arktis so richtig durch. Spätestens als der iPod eingeführt wurde, wusste Wolf, dass er auf das richtige Pferd gesetzt hatte. Der Release des ersten iPhones bestätigte diese Einsicht erneut. Die Produktzyklen bei Apple-Hardware sind ein Segen für Arktis, denn sie verschaffen dem Händler auch eine gewisse Planbarkeit. Wolf plant mittlerweile immer in zwei Phasen: „Es gibt ein Vor und eine Nach dem iPhone“, erklärt der Inhaber. „Wenn ein neues iPhone rauskommt, steigen unsere Bestellungen dramatisch um über das Zehnfache.“
Aus diesen verhältnismäßig planbaren Zyklen ergibt sich aber auch eine große Herausforderung. Immerhin gilt es bei der Ankündigung eines neuen Apple-Produkts im besten Fall der erste Händler zu sein, der entsprechendes Zubehör im Sortiment hat: „Geschwindigkeit ist alles! Wenn ich der Erste bin, der Hüllen liefern kann, dann mache ich ein Riesengeschäft“, verrät der Arktis-Geschäftsführer. Dieses Zubehör muss allerdings passen, was in einem derartig frühen Stadium nicht immer leicht ist. So kam es laut Wolf schon vor, dass Hersteller iPad-Hüllen ausgeliefert haben, bei denen die Smartcover-Funktion fehlerhaft war, weil die Magnete falsch angeordnet waren.
Nach Erfahrung von Arktis benötigen renommierte Markenhersteller von Zubehör wie beispielsweise Belkin immer vier bis sechs Wochen, um Zubehör für ein neues Apple-Produkt auf den Markt zu bringen. Arktis hingegen ist häufig so gut vorbereitet, dass man bereits eine Stunde nach der offiziellen Vorstellung durch Apple einen Newsletter versenden kann, in dem passendes Zubehör beworben wird. Das ist nach Einschätzung von Wolf wichtig, denn der typische Apple-Käufer beginne direkt nach einer neuen Produkt-Ankündigung, das benötigte Zubehör vorzubestellen, damit er alles zur Hand hat, wenn das neue Gerät in den Handel kommt. Das „A“ und „O“ ist, die richtigen Lieferanten zu haben, die das Zubehör früh und passend liefern können.
Seit kurzem versucht der Shop mit Arktis Business, Geschäftskunden anzusprechen. Unternehmen, die sich über
Arktis Business anmelden, erhalten besondere Preise und die Möglichkeit,
auf Rechnung zu kaufen. Das sorgt für Großaufträge und Arktis hat beispielsweise die Feuerwehr in
Nordrhein-Westfalen mit angepassten iPad-Ständern für ihre
Einsatzfahrzeuge beliefert.
Logistik mit Licht und Pixi
Kurz nach Release eines neuen Apple-Geräts sind 8.000 Pakete am Tag keine Seltenheit. Im Schnitt versendet Arktis täglich rund 1.500 Pakete. Das Versenden derartig vieler Bestellungen klappt laut Wolf erstaunlich gut: „Seitdem wir Pixi nutzen, ist das Versenden eine recht entspannte Geschichte.“ Zusätzlich zu dem Warenwirtschaftssystem setzt Arktis zudem auf Scan-to-Light, das den Lageristen das Auffinden von Ware erheblich erleichtert. Neben dem Lichtleitsystem für das Lager unterstützt ein am Einkaufswagen (für das Einsammeln von Ware für den Versand) befestigtes Tablet die Mitarbeiter. Auf diesem wird ein Foto des georderten Produkts angezeigt. Ohne diese Kombination unterschiedlicher Lager-Technologien wäre es für Arktis wahrscheinlich unmöglich, ihr Versprechen zu halten, dass bis 18 Uhr bestellte Ware noch am selben Tag versendet wird.
Shopware-Kunde der ersten Stunde
Arktis ist kompromissloser Shopware-Unterstützer der ersten Stunde. Das liegt schlicht daran, dass Stefan Hamann von Shopware dem Zubehör-Händler seit vielen Jahren nahesteht. Hamann programmierte – noch bevor es Shopware als Unternehmen gab – den ersten Arktis-Onlineshop. Der Ur-Shop entstand binnen drei Monaten in den Geschäftsräumen, während Arktis Hamann in dieser Zeit mit Pizza versorgte. Nach diversen Neuprogrammierungen von Arktis.de kamen Arktis und Hamann auf die Idee, dass es müßig ist, jedes mal komplett bei Null zu beginnen. Hamann und ein ehemaliger Arktis-Mitarbeiter machten sich selbstständig und erstellten den nächsten Shop für Wolf. Das war quasi Shopware 0.9, auf dessen Basis das bekannte Shopsystem entstand. Aus diesem Grund ist Arktis nicht nur Premium-Shopware-Kunde, sondern hat bis heute eine ganz enge Bindung an den Shopsystem-Anbieter. 2013 wurde der Shop im Rahmen eines Redesigns auf Shopware 4
aktualisiert.
Mobile Strategie mit CouchCommerce
Ein weiterer Bereich, in dem Arktis zu den Pionieren gehört, ist eine Lösung namens Device Detection des Startups CouchCommerce aus Hannover. Immerhin liegt der Anteil mobiler Besucher bei Arktis mittlerweile bei 50 Prozent. Device Detection, das CouchCommerce in einem Pilotprojekt für Arktis implementiert, erlaubt es zu erkennen, mit was für einem mobilen Gerät der Kunde den Shop besucht. Auf diese Weise kann der Händler dem Kunden direkt passendes Zubehör für das entsprechende Gerät anzeigen. Da die Gräben zwischen beispielsweise Samsung- und Apple-Anhängern tief sind, Arktis aber auch Zubehör für Android-Geräte im Sortiment hat, soll eine Kombination aus responsiver Lösung und Device Detection von CouchCommerce dafür sorgen, dass man nicht eine der beiden Kundengruppen vor den Kopf stößt.
Bei der mobilen Ausrichtung darf man das Thema SEO nicht vernachlässigen. Derzeit testet Arktis die CouchCommerce-Lösung für mobile Web-Apps in Verbindung mit Adwords und mobilen Besuchern. Die beiden Unternehmen haben ein Banner umgesetzt, das auf der Website eingefügt wird und den Besucher nach einem Klick direkt im Browser in die von CouchCommerce erstellte Arktis-Web-App leitet. Auf diese Weise landet der Besucher im mobilen Shop, kommt in den Genuss des typischen App-Feelings, muss sich aber nicht zuvor im App Store die entsprechende App (die ebenfalls erhältlich ist) herunterladen und installieren.
Für 2014 hat Rainer Wolf neben der Implementierung von Device Detection durch CouchCommerce den Ausbau seines Lagers, die Renovierung der Firmenzentrale und die Einrichtung eines Filmstudios geplant. Immerhin erstellt Arktis nicht nur alle Produktfotos und Beschreibungen selbst, sondern produziert auch regelmäßig virale Filmchen. Rainer Wolf bleibt also auch nach über 25 Jahren im Geschäft umtriebig und hat noch viele Pläne für die Zukunft von Arktis.de.
Eckdaten von Arktis | |
Shopsystem | Shopware |
Payment-Anbieter | PayPal, Amazon Payments, Billsafe, Kauf auf Rechnung, Kreditkarte |
Hosting | Compositiv |
SEO | intern |
Warenwirtschaft | Pixi, Scan-to-Light |
Logistik | DHL |
Mitarbeiterzahl | 47 |
Kaffeemaschine | Jura Impressa J 9 |