- Werte: Ausdruck der Persönlichkeit
- Warum Werte?
- Werte finden und festlegen
- Quantität und Qualität
- Werte: Reine Chefsache?
- Konkrete Handlungsorientierungen formulieren
- Die Macht der Visualisierung
- Gesagt ist noch nicht getan: Werte adaptieren
- Ergebniskontrolle und Optimierung
- Wert-Arbeit ist ein Prozess
Führen mit Herz: Warum feste Werte eine gute Grundlage für unternehmerischen Erfolg sind
„Don’t be Evil“ gilt als das inoffizielle Motto des Suchmaschinenkonzerns Google. Tatsächlich findet es sich nicht wörtlich in der online dokumentierten Unternehmensphilosophie wieder: „You can make money without doing evil“ steht dort stattdessen – „Geld verdienen, ohne jemandem damit zu schaden“ – daneben noch neun weitere Grundsätze, an die das Unternehmen aus Mountain View offiziell „glaubt“.
Mit seinem Grundsatzkatalog steht Google keineswegs allein auf weiter Flur. Immer mehr Unternehmen verpflichten sich individuellen Werten, an denen sie Image, Firmenkultur und wirtschaftliche Entscheidungen ausrichten und die sie ganz bewusst auch nach außen kommunizieren. Doch was genau sind eigentlich Werte – und was bedeuten sie für Unternehmen?
Werte: Ausdruck der Persönlichkeit
Werte sind zunächst einmal Begriffe, die widerspiegeln, was Menschen in ihrem Leben besonders wichtig ist, woran also ihr Herz hängt. Manchen Menschen sind ihre Werte so wichtig, dass sie dafür töten oder sich töten lassen würden – was nur zeigt, dass die Beschäftigung mit ihnen alles andere als banal ist. Übrigens: Menschen ohne Werte gibt es nicht. Allerdings gibt es auch keinen allgemein gültigen Wertekanon: Jeder Mensch besitzt seinen eigenen moralischen Kompass, der sich, auch wenn es manchmal schwer fallen mag, jeder Bewertung entzieht. Kategorien wie richtig oder falsch, gut oder schlecht greifen nicht – oder zumindest zu kurz.
Gleiches gilt für Unternehmenswerte, die sich an unterschiedlichen Kunden- und Mitarbeiterbedürfnissen, Produkten, Märkten und weiteren Aspekten orientieren müssen. Wie auch die persönlichen Werte sind Unternehmenswerte etwas sehr individuelles – sie haben viel mit den Menschen zu tun, die in einer Firma arbeiten. Werte sind Leitlinien, nach denen Unternehmen sich ausrichten, selbst definierte, verbindliche Leitplanken, innerhalb derer sie sich bewegen.
Warum Werte?
Braucht dein Unternehmen Werte? Unbedingt. Unternehmenswerte haben zwar auf den ersten Blick nichts mit dem monetären Wert eines Unternehmens zu tun, beeinflussen ihn aber unter Umständen erheblich. Das fängt bei den Mitarbeitern an: Niemand arbeitet gern für ein Unternehmen, dessen Wertekanon an keiner Stelle mit dem eigenen übereinstimmt. Eine klare Kommunikation der Firmenphilosophie hilft, ein solches „Mismatch“ schon vor der Einstellung zu erkennen und stattdessen Mitarbeiter zu finden, die sich voller Elan für das Unternehmen und seine Ziele einsetzen werden. Bei den vorhandenen Mitarbeitern führt eine hohe Werte-Übereinstimmung zu mehr Zufriedenheit und Motivation.
Und auch Kunden hinterfragen in Zeiten sozialer Medien besonders laut und nachdrücklich, wofür „ihr“ Anbieter steht, ob Qualität und Leistung der Produkte stimmen und ob sie mit gutem Gewissen ihr Geld dort anlegen können. In diesem Verhalten liegt nicht nur Konfliktpotenzial, sondern im Gegenteil eine Chance: Denn wer seine Zielgruppen emotional auf seiner Seite weiß, gewinnt heute in vielen Fällen mehr als bloße zahlende Kunden. Über die gezielte Entscheidung für eine Marke werden Menschen aus freien Stücken zu Unternehmens-Botschaftern, sie kommunizieren ihre Identifikation mit dem Unternehmen und seinen Werten weiter und sind an einer langfristigen Bindung interessiert. So bilden Unternehmenswerte die Grundlage für drei der wichtigsten ökonomischen Erfolgsfaktoren: ein starkes Team, eine wachsende Community und zufriedene Kunden.
Doch wie schaffen es Unternehmen, sich nicht nur wirklich gute und sinnvolle Werte zu geben, sondern sie auch gezielt für ein motivierendes Klima, eine starke Kundenbindung und eine hohe Marktdurchdringung zu nutzen? Es ist kein Hexenwerk, erfordert aber Kommunikation und konsequente Führung. Mit diesen sieben Schritten kann es klappen.
Werte finden und festlegen
Wer die Werte seines Unternehmens identifizieren will, muss zunächst das eigene Selbstverständnis hinterfragen. Wie sehen wir uns selbst und unsere Kunden? Wie wollen wir gesehen werden und miteinander umgehen? Welche Ziele in unserem Markt wollen wir erreichen und mit welcher Einstellung? In dieser Phase des Prozesses ist es wichtig, das gesamte Team oder zumindest einen erweiterten Führungskreis einzubinden – durch Workshops, Brainstormings, Umfragen und dergleichen. Die persönlichen Werte derjenigen Personen, die das Unternehmen ausmachen und es täglich prägen, besitzen eine hohe Aussagekraft in Bezug auf das, wofür eure Firma stehen will. Zudem fördert der Prozess diejenigen Werte zutage, die schon heute im Unternehmen gelebt werden.
Nicht fehlen im Kanon der Unternehmenswerte sollten eure Kunden. Definiert klar, an welchem Nutzen- und Serviceversprechen ihr euch messen lassen wollt. Auch die Frage, wie jeder im Unternehmen die Kunden wahrnehmen, bedienen und mit ihnen umgehen soll, muss beantwortet werden. Das tägliche Miteinander ist ebenfalls ein wichtiger Wert-Gegenstand. Kommunikation, Eigenverantwortung, der Umgang mit Fehlern und vieles mehr finden hier ihren Platz und gelten selbstredend für alle im Unternehmen, egal in welcher Position und Funktion.
Quantität und Qualität
Bei der Frage, wie viele Werte ihr für euch definieren solltet, kommt es auf das richtige Maß an. Ein einziger Wert, so gut er auch sein mag, ist definitiv zu wenig, eine Werte-Flut kontraproduktiv. Das E-Commerce-Unternehmen Zalando hat genau wie Google zehn Leitsätze entwickelt, darunter „Always put yourself in our customers‘ shoes“, „Play for the team“ oder „What you cannot measure does not exist.“ Dabei ist fraglich, wie viele Mitarbeiter und welche Führungskräfte alle Grundsätze spontan nennen können. Immerhin verlinkt Zalando alle Werte mit konkreten Verhaltensanforderungen an den Einzelnen – ein großes Plus, wie wir später sehen werden.
Beim „Aussieben“ einzelner Ergebnisse können euch diese Fragen helfen, die der Wissenschaftler Jim Collins entwickelt hat, damit wirklich nur die wichtigsten, unumstößlichen Unternehmenswerte übrig bleiben:
- Wenn du morgen früh mit genug Geld aufwachen würdest, um dich für den Rest deines Lebens zur Ruhe zu setzen, würdest du diese Werte trotzdem beibehalten?
- Kannst du dir vorstellen, dass diese Werte auch in 100 Jahren noch Gültigkeit besitzen?
- Würdest du wollen, dass dein Unternehmen prinzipiell an diesem Wertekatalog festhält, auch wenn sich an irgendeinem Punkt ein Wettbewerbsnachteil daraus ergäbe?
Werte: Reine Chefsache?
Für Collins ist klar, dass Unternehmenswerte nicht von oben herab und an den Mitarbeitern vorbei „bestimmt“ werden können: „Du kannst Werte nicht ‚setzen‘, du kannst sie nur entdecken. Und du kannst Werte nicht in Menschen ‚installieren‘.“ Wer Werte festlegen will, muss alle ins Boot holen.
Und doch sind Unternehmenswerte ein Stück weit Chefsache: Denn gerade weil jeder Mensch ein anderes Werteverständnis hat, können sie nicht von „unten“ nach „oben“ ihren Weg in die Unternehmensstrategie finden, sondern müssen durch die Unternehmensführung – im Verbund mit dem erweiterten Kreis der Führungskräfte – verbindlich gesetzt, kommuniziert und vorgelebt werden. Im vorgelagerten Findungsprozess sind Demokratie und Mitbestimmung notwendig – bei der konkreten Umsetzung stoßen sie an ihre Grenzen.
Konkrete Handlungsorientierungen formulieren
„Im Mittelpunkt des Handelns aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter steht das Engagement für den Erfolg jedes Kunden“, heißt es bei IBM. Eine klare Ansage. Und eine gute, denn erfolgreich ist langfristig nur der, der seine Kunden erfolgreich macht. So logisch es klingt – als Statement ist es nur der erste Schritt. Denn jetzt beginnt die eigentliche Arbeit: Die Unternehmenswerte müssen konkretisiert und in erwünschtes Verhalten für alle Bereiche und Hierarchieebenen übersetzt werden.
Bleiben Werte schwammig oder praxisfern, wird jeder diese Begriffe aus seiner Sicht, Erfahrung und Vorstellung anders interpretieren. Dabei vertragen Unternehmenswerte keinen Interpretationsspielraum: Es liegt nicht in der Verantwortung des Mitarbeiters zu überlegen, was sein Unternehmen mit den Werten in Bezug auf sein eigenes Verhalten gemeint haben könnte. Das ist Führungsarbeit.
Was bedeutet beispielsweise der Wert Offenheit für den Umgang miteinander? Das Social-Media-Startup Buffer etwa hat sich für vollständige Offenheit entschieden und verfolgt das Prinzip so radikal, dass es sogar die einzelnen Mitarbeitergehälter offenlegt. Für CEO Joel Gascoigne mit klarem Nutzen: „Transparenz sorgt für Vertrauen, und Vertrauen ist die Grundlage für großartige Teamarbeit“. Nicht jedes Unternehmen wird diese Form der Offenheit übergreifend einsetzen können, zudem mag es rechtliche Grenzen geben. Daher ist es wichtig, den Einfluss der einzelnen Werte auf das konkrete Verhalten in Alltagssituationen herunterzubrechen, beginnend mit den Führungskräften und von dort aus weiter in die einzelnen Abteilungen. Dabei werden nicht nur Leitlinien entstehen, sondern wahrscheinlich auch bestehende Abläufe identifiziert werden, die geändert werden müssen, weil sie nicht zum neuen Wertegerüst passen.
Die Macht der Visualisierung
Damit sich die Werte einprägen und zur festen Größe im Alltag werden, müssen sie visualisiert werden. Ob in den Büros, im Eingangsbereich, auf der Website, in den Besprechungsräumen – Möglichkeiten gibt es mehr als genug, Hauptsache, sie sind für alle sichtbar. Zieht Bilder und Illustrationen in Betracht, denn wir alle denken zu mehr als 60 Prozent in Bildern, und sie gehen ohne nennenswerte Umwege in unser Unbewusstes.
Der SEO-Anbieter MOZ beispielsweise hat mit seinem TAGFEE-Credo „Core Values“ definiert, die sich sehen lassen können: TAGFEE steht für die Werte „Transparent & Authentic, Generous, Fun, Empathetic, Exceptional“. Auf einer liebevoll gestalteten Landingpage wird jeder einzelne Wert konkretisiert: „Wir führen unser Unternehmen auf eine Weise, die stereotype und bereits existierende Best Practices herausfordert“ steht dort etwa unter dem Begriff „Exceptional“, unter „Empathetic“ dann „wir engagieren uns für eine freundliche, entspannte Arbeitsatmosphäre“ und „wir wollen wissen, dass wir stolz hinter unserer Arbeit und unseren Aussagen stehen können“.
Gesagt ist noch nicht getan: Werte adaptieren
Darüber, ob ein Unternehmen wirklich von eigenen Werten profitieren wird oder ob es bei schönen Worten und einer ansprechenden Vision bleibt, entscheidet letztlich die Umsetzung. Neben dem „Vorleben“ seitens der Führungskräfte ist hierbei die Feedback-Kultur im Team enorm wichtig. Denn Feedback leistet zwei Dinge: Es erkennt eine Person und ihre Leistung an und motiviert zum Weitermachen beziehungsweise – im negativen Falle – zu einer notwendigen Verhaltensänderung. In Bezug auf Unternehmenswerte sorgt vor allem gutes Feedback für die notwendige Verinnerlichung und Adaption seitens der Mitarbeiter. Etwa, indem eine Mitarbeiterin für ihre schnelle, positive und kundenorientierte Reaktion auf eine negative Äußerung oder eine Reklamation belohnt wird – für ihr vorbildliches Verhalten in Bezug auf den Wert der Kundenorientierung also.
Über ihr Feedback wirken alle, nicht nur die Führungskräfte, direkt und unmittelbar positiv auf das Verhalten und die Motivation aller Mitarbeiter ein. Die Führungsinstrumente Begleitung, Unterstützung, Feedback, Anerkennung und Kritik müssen sicherstellen, dass Unternehmenswerte tatsächlich mehr sind als die Summe der Buchstaben. Die Thematisierung der Werte in Einstellungs- und Feedbackgesprächen stellt langfristig sicher, dass jedes Teammitglied sich derselben Sache verpflichtet sieht.
Ergebniskontrolle und Optimierung
Am Ende definierter und vereinbarter Zeiträume solltet ihr überprüfen, welche Veränderungen eingetreten sind und welche Rolle die Orientierung an den Unternehmenswerten dabei gespielt hat. Dies kann im Rahmen einer Besprechung oder eines Workshops stattfinden, unter Umständen ist auch eine Kundenbefragung hilfreich, denn nicht das Wollen allein zählt, sondern das, was bei den Kunden ankommt.
Wer die Unternehmenswerte im früheren Prozessschritt sauber in beobachtbares Verhalten übersetzt hat, wird sich hier leichter tun, entsprechende Erfolgskriterien zu definieren und zu messen. Haben sich bereits Erfolge eingestellt, sollte die Führung überlegen, wie die relevanten Faktoren noch weiter verstärkt werden können. Ist das Ergebnis nicht zufriedenstellend, gilt es zu hinterfragen, was geändert werden muss und einzelne Prozessschritte müssen wiederholt werden. So ergibt sich ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess.
Zu einer für verbindliche Unternehmenswerte so wichtigen klaren Kommunikationsstrategie gehört übrigens auch, dass alle gemeinsam mit Stolz auf die Ergebnisse blicken, die durch die Adaption der Unternehmenswerte und das eigene Tun erreicht worden sind. Im Idealfall lässt sich so eine Positiv-Spirale in Gang setzen, in der sich die Identifikation mit Marke und Unternehmen, Erfolge und Motivation gegenseitig bestärken.
Wert-Arbeit ist ein Prozess
Im Wort Identifikation liegt letztlich der Schlüssel zum Verständnis von Unternehmenswerten: Ein glaubwürdiges und sympathisches Selbstverständnis und entsprechendes Verhalten sorgen dafür, dass sich Menschen nach innen wie nach außen mit einem Unternehmen oder einer Marke identifizieren können. Sie motivieren die richtigen Menschen dazu, sich den Unternehmenszielen zu verpflichten und stellen Kunden mit einer klaren Erwartungshaltung an Service und Produkte zufrieden. So werden aus Unternehmenswerten auch ökonomisch messbare Positionen.
Wer allerdings die Aufgabe, seinem Unternehmen Werte zu verleihen, als Aktion versteht, die ein Mal sauber durchgezogen werden muss und danach dauerhaft funktioniert, irrt. Werte brauchen Beachtung, sie müssen stetig gelebt und hinterfragt werden. Insofern bleiben sie dauerhaft ein elementarer Bestandteil der Unternehmensführung.
Danke für den Artikel! Es gibt ein gutes Buch zum Thema Werte und Führen: http://www.goodreads.com/book/show/18491743-mit-dem-herzen-f-hren
Chopras Aussage: Wenn du deine persönlichen Werte (und deine Vision) klar definiert hast, dann werden die andere „folgen“. Im Buch gibt es auch Anleitungen und Beispiel die helfen die eigenen Werte zu definieren.