Google+: So nutzen Unternehmen das Netzwerk clever für ihre Kommunikation
Zum Start von Google+ gab es noch keine offiziellen Unternehmensprofile, dennoch legten viele Marken und Unternehmen entsprechende Accounts an, auch wenn Google schnell klarmachte, dass diese Accounts später nicht übertragbar seien und man zum Start der offiziellen Seiten wieder von vorne anfangen müsste. Die Antwort auf die Frage, ob sich die Erwartungen an das Netzwerk erfüllen, ist nicht gerade einfach, kommt es doch sehr auf die Marke, den Unternehmensbereich, die Zielgruppe und nicht zuletzt auch das Engagement der Marke an. Wer sich schnelle Erfolge per Cross-Marketing erhofft hatte, wurde oftmals genauso schnell enttäuscht. Eine Facebook-Marketing-Strategie ist eben nicht 1:1 übertragbar, denn jedes Netzwerk ist anders, verhält sich anders und muss demnach auch anders bespielt werden.
Die richtige Strategie
[metabox keyword=“google-plus“]Doch wie bespielt man ein neues Netzwerk richtig und geht das überhaupt? Ja, es geht, aber nur mit einer Strategie, in der man alle wichtigen Stellgrößen richtig analysiert und entsprechend justiert. Wer mit seiner Marke bei Google+ Gehör finden will, sollte sich zunächst einmal sicher sein, dass die eigene Zielgruppe auch in diesem Netzwerk unterwegs ist. Es spielt primär keine Rolle, wie groß das Unternehmen ist, sondern eher, welche Produkte und Dienstleistungen es anbietet. Ein Frisör auf dem Lande wird beispielsweise mit einer Google+ Page kaum große Kundenströme akquirieren können, während ein freiberuflicher Fotograf aus Berlin das Soziale Netzwerk durchaus erfolgreich nutzen kann.
Das A und O sind die geteilten Inhalte. Pressemitteilungen eignen sich ebenso wenig wie niedliche Katzenbilder. Ideal sind dagegen Beiträge, die sowohl informieren als auch unterhalten. Beispielsweise kann man die Entstehung eines neues Produkts in einer Bilderserie dokumentieren oder ein Video mit einem Hintergrundbericht kombinieren. Letztlich geht es darum, optisch ansprechende Beiträge zu erstellen, die zugleich interessante Informationen liefern. Da unterscheidet sich Google+ nicht sehr von anderen Plattformen.
Google+: Vorteile für Unternehmen
Ist die Zielgruppe auch bei Google+ anzutreffen, gibt es für Marken und Unternehmen einige besondere Funktionen, die eine direkte und zielgruppengenaue Kommunikation ermöglichen. Zum einen sind da die von Google gleich zum Anfang als herausragendes Merkmal angepriesenen Circles. Gedacht sind diese Kreise als Sortierungsmöglichkeit in beide Kommunikationsrichtungen. Marken können damit beispielsweise Kunden, Interessenten und Multiplikatoren in jeweils einen separaten Kreis sortieren und ihnen entsprechend ausgewählte Inhalte zukommen lassen.
Sinnvoll ist das in allen drei Fällen, weil diese drei Gruppen sehr unterschiedliche Erwartungen an die Marke und die von ihr verbreiteten Inhalte haben. Während Kunden sich Service- und Supportinhalte wünschen, um beispielsweise ein erworbenes Produkt noch besser nutzen zu können, erwarten Interessenten zunächst einmal allgemeine Produktinformationen, die sie für eine Kaufentscheidung benötigen. Die Multiplikatoren wiederum erwarten tiefergehende Informationen zu kommenden Produkten, die sie dann in ihren eigenen Kreisen streuen können.
Soweit die Theorie. In der Praxis scheint dieses Marketinginstrument aber noch nicht angekommen zu sein, denn schaut man sich die Google+-Pages vieler Unternehmen an, so sieht man nur in Ausnahmefällen nennenswerte Einkreisungen der Pagebetreiber selbst. Sie vertrauen in den meisten Fällen darauf, dass die Einkreisung ihrer Page schon ausreicht und vernachlässigen sträflich die Empfangsseite der eigentlich bidirektionalen Kommunikationsform. Auf die Konsumenten gehen sie allenfalls über die Kommentarfunktion ein, aber auch das kommt gefühlt noch viel zu selten vor.
Das zweite, sehr mächtige Marketing- und Kommunikations-Instrument sind Hangouts. Der Videochat lässt sich so vielseitig einsetzen, dass es sich alleine dafür schon lohnt eine Page aufzubauen:
- Produktvorstellungen: Statt Pressemitteilungen an Journalisten zu verschicken, können Unternehmen ihren Kunden und Interessenten via Hangout on Air neue Produkte direkt im Bewegtbild demonstrieren.
- Support-Sendungen: Regelmäßig wiederkehrende Fragen zu einem Produkt kann man in einer Hangout-Fragestunde direkt beantworten.
- Workshops: Kunden könnte man zeigen, wie sie noch mehr aus ihrem erworbenen Produkt herausholen.
Darüber hinaus ist die eigene Kreativität gefragt. Warum nicht mal verschiedene Kollegen vorstellen und zeigen, woran sie gerade arbeiten? Oder einen Hangout on Air für die Entscheidungsfindung beim Designprozess nutzen? Alle Zuschauer können noch während der Übertragung ihr Feedback in den Kommentarbereich unterhalb des Hangout-Fensters hinterlassen, so dass später eine Auswertung möglich ist. Google zeichnet übrigens alle Hangouts auf, so dass diese gleich in den YouTube-Kanal des Unternehmens übernommen werden können. Die Hangouts lassen sich aber auch sehr schön zur internen Kommunikation einsetzen: Entfernt arbeitende Mitarbeiter, B2B-Kunden oder Freelancer für visuelle Besprechungen zu einem Hangout einzuladen und Google-Docs-Dokumente gemeinsam zu bearbeiten, ist problemlos möglich.
Google+: Ein mächtiges Kommunikationstool
Seit dem Start von Google+ entwickelt sich der Social Layer immer mehr zu einer gemeinsamen Schnittstelle für alle Google-Dienste. Für Unternehmen erwächst daraus ein mächtiges Tool für die interne Kommunikation. Ende August hat Google die Funktionen nochmals deutlich ausgebaut. Unternehmen, die Google Apps nutzen, haben seitdem die Möglichkeit, Google+ als Intranet zu nutzen. Neben einem Branding mit dem Markenlogo erhält ein Unternehmen viele weitere nützliche Funktionen. So kann man Inhalte so teilen, dass sie nur von den Mitarbeitern des Unternehmens gesehen werden können. Ein öffentliches Teilen solcher Inhalte ist dann gar nicht erst möglich.
Mit dem integrierten Google-Kalender kann ein Unternehmen zudem Termine direkt mit einem Hangout zu einer Videokonferenz verknüpfen. Diese Hangouts sind ebenfalls nur für die Mitarbeiter sichtbar. Wichtig zu wissen: die Unternehmenszugehörigkeit wird nicht etwa durch die Verwendung des gleichen lokalen Netzwerks definiert, sondern über die E-Mail-Adresse des Unternehmens. Extern arbeitende Mitarbeiter lassen sich ohne Probleme zu einer Videokonferenz einladen. Google stellt diese Funktionen für alle Google-Apps-Kunden bis mindestens 2013 kostenlos zur Verfügung. Bis dahin sollen auch weitere Business-Funktionen hinzukommen. Ob es dann irgendwann eine kostenpflichtige Version geben wird, ist bislang unklar.
Baustein für Content Marketing
Reines Suchmaschinenmarketing ist für Unternehmen heute nicht mehr zeitgemäß und zielführend. Die eigentlichen Inhalte rücken immer mehr in den Vordergrund. Clever eingesetzt sorgen Inhalte bei Google+ fast automatisch für eine größere Markensichtbarkeit in der marktführenden Websuche von Google. Verantwortlich ist dafür unter anderem der so genannte AuthorRank, mit dem Google Inhalte einem bestimmten Autoren mit einem Profil bei Google+ zuordnet. Vereinfacht gesagt ist der AuthorRank das für Autoren, was der PageRank für Websites ausdrückt. Leider ist die Zusammensetzung der Kriterien für den AuthorRank ebenso diffus, die Vorteile dieser Zuordnung liegen aber auf der Hand.
Betreibt ein Unternehmen im Zuge einer durchdachten Content-Strategie ein Unternehmensblog und verknüpft die Autoren des Blogs mit ihren Profilen bei Google+, so stellt die Websuche von Google die Inhalte entsprechend angereichert dar.
Das ist aus mehreren Gründen interessant. Zum einen dürfte ein gut vernetztes Profil mit vielen +1-Bewertungen, Shares und Einkreisungen ein zusätzlicher Rankingfaktor für die Platzierung der Inhalte in den Suchergebnissen darstellen. Zum anderen sind soziale Empfehlungen sehr wichtig für Inhalte. Suchende bekommen ein Gesicht zum Inhalt und wählen diesen dann eher aus als einen ähnlich platzierten, aber „anonymen“ Inhalt. Hier zahlt es sich also aus, dass Google+ zu den marktführenden Suchmaschinen gehört, denn diese Art der Personalisierung von Inhalten gelingt über andere soziale Netzwerke nicht.
Eine konsequente Nutzung von Google+ wirkt sich also auch als positive SEO-Maßnahme aus. Letztlich geht es Google auch darum, Qualität im Ranking nach oben zu bekommen. Für Autoren wird es daher immer wichtiger, sich bei Google+ gut zu positionieren, um mit ihren Inhalten auch weiter oben platziert zu sein. Ein Post bei Google+ von einem gut vernetztem Autor wird in absehbarer Zeit den Backlink als Rankingfaktor beerben. Backlinks sind zwar theoretisch eine gute Idee, sie sorgen in der Praxis aber oft für Probleme, weil sie leicht zu manipulieren sind. Ein Google+-Profil aufzubauen, das 5.000 Follower hat, ist dagegen harte Arbeit und weniger leicht zu manipulieren.
Google+ statt Facebook?
Google+ ist kein neues Facebook. Viele Unternehmen und Marken würden bei Google+ mit ihrer Facebook-Strategie schlicht scheitern. Nicht nur das Netzwerk selbst ist anders, sondern auch die Nutzer und deren Erwartungen. Das bedeutet aber keinesfalls, dass das Google-Netzwerk für alle Unternehmen uninteressant ist. Ganz im Gegenteil. Google bleibt auch mit Google+ in erster Linie eine Suchmaschine. Hier ist das Unternehmen von CEO Larry Page nach wie vor führend und Google+ soll dabei helfen, dass es auch noch lange so bleibt. Die Aussichten dafür stehen nicht schlecht, denn die Suchergebnisse erhalten die dringend benötigte soziale Komponente. Google wird hier alles dran setzen, um das eigene Netzwerk weiter nach vorne zu bringen und es allgegenwärtig zu machen. Im Grunde ist es das jetzt schon, denn die Google Bar ist bei allen Diensten zu sehen und zeigt als ersten Eintrag Google+. Ist Google+ jetzt also ein Muss für Unternehmen? Nein, aber das ist Facebook auch nicht. Vieles hängt von der Zielgruppe und der Strategie der Unternehmen ab. Momentan sind bei Facebook deutlich mehr Unternehmen mit einer Fanpage am Start. Für kleinere Unternehmen, die im Schatten der großen Konkurrenz stehen, wird es da schwierig sich zu positionieren.
Bei Google+ ist das derzeit oft noch anders. Während viele große Unternehmen mit ihrem Engagement noch zögern und nicht genau wissen, was sie mit dem neuen Netzwerk anfangen sollen, können sich KMUs frei entfalten und sich einen Vorsprung erarbeiten. Während sie sich bei Facebook die Aufmerksamkeit teilen und mit der Verschärfung des EdgeRanks auch noch finanzielle Nachteile hinnehmen müssen, weil die Konkurrenz einfach ein größeres Budget hat, ist es bei Google+ derzeit einfacher. Hier können sich Unternehmen auch ohne großes Budget platzieren und eine Vorreiterrolle einnehmen. Das funktioniert natürlich nur dann, wenn die Zielgruppe auch anzutreffen ist.
Fazit
Google+ wird seinen Stellenwert langsam aber sicher steigern, bis es irgendwann zum Tipping Point kommt, bei dem dann das Wachstum explodiert. Profitieren kann das Google-Netzwerk dabei auch von der Schwäche der Konkurrenz, denn Facebook hat mit der anhaltenden Datenschutz-Debatte viel Vertrauen bei den Nutzern verspielt. Dazu kommt noch, dass Facebook ein Finanzierungsproblem hat und zunehmend Einnahmen über Werbung in all seinen Formen erzielen muss. Das sehen die Nutzer zunehmend kritisch, denn Werbung mag eigentlich niemand. Google+ ist dagegen werbefrei und soll es nach Aussage von Vic Gundotra auch bleiben. Damit hat das Netzwerk einen entscheidenden Vorteil. Nimmt man Pluspunkte wie die Hangouts, die Verknüpfung mit vielen anderen Diensten und die Fähigkeiten als internes Kommunikationstool, hat Google+ gute Aussichten auf einen langfristigen Erfolg.
Kürzlich durfte ich die erfolgreiche Google+ Strategie des Schweizer Fahrrad-Spezialisten VeloPlus kennenlernen. Sie sind einer der grössten Schweizer Google+ Nutzer und scheinen eine interessante Nische gefunden zu haben…
Sie differenzieren die Inhalte für verschiedene Social Networks klar und nutzen den zunehmenden Facebook-Frust durch die abnehmende Reichweite dortiger Posts für eine umso erfolgreichere Kommunikation auf Google+.
Meine entsprechende Zusammenfassung habe ich bei webmemo.ch publiziert.