Ein Hybrid entsteht durch die Kreuzung verschiedener Dinge. Dank der Wissenschaft sind längst allerlei Hybride in unseren Alltag eingezogen: Fahrzeuge, Pflanzen, Kameras, Heizsysteme oder Geldanleihen. Die Kreuzung zweier Technologien verschafft der Technik und Elektronik seit Jahren einen Vorsprung – von der Automatisierungstechnik bis zur Festplatte, vom hybriden Verschlüsselungsverfahren bis, ja, zu Hybrid-Cloud-Umgebungen.
Im Fall der Hybrid Cloud sind es die Stärken der Private Cloud und der Public Cloud, die die Vorteile ausmachen. Mit einer Private Cloud betreiben Unternehmen ihre IT-Services und Infrastrukturen im eigenen Rechenzentrum, zum Beispiel lokal gehostet oder auf den Servern eines Service-Providers. Dies garantiert vor allem eine hohe Datensicherheit, die volle Kontrolle über die IT-Systeme und, dank einer dynamischen Infrastruktur, eine hohe Flexibilität.
Eine Public Cloud hingegen punktet mit kostengünstigen und schnell skalierbaren Infrastrukturressourcen, die Lastspitzen flexibel abfangen oder Workloads kurzfristig auslagern können. Zudem gibt es hier eine Fülle an interessanten Public-Cloud-Plattformen und -Anwendungen, wie die Klassiker Amazon EC2 und S3, Microsoft Azure oder IBM Bluemix.
Die Hybrid Cloud verknüpft nun den Vorteil der internen IT-Umgebung mit den externen As-a-Service-Leistungen. Sie integriert dabei öffentliche Cloud-Services in die lokale On-Premise-IT-Landschaft, verbindet unterschiedliche Applikationen miteinander und tauscht die Daten automatisch aus.
Hybride Umgebungen entstehen bereits mit der Anreicherung eigener Cloud-Dienste um externe IaaS-Ressourcen, wie auch durch komplett eingekaufte Software-Anwendungen ohne eigene IT-Ressourcen. Der Mix aus verschiedenen IT-Sourcing-Modellen ermöglicht es den Unternehmen zum einen, unternehmenskritische Daten sicher auf dem eigenen Server zu verwahren. Zum anderen können sie so innovative und günstige externe Dienste kosteneffizient nutzen. Kein Wunder, dass Hybrid Clouds derzeit ein beliebtes Anwendungsszenario für Unternehmen sind.

Laut der aktuellen IDC-Studie „Hybrid Cloud in Deutschland 2015/2016“ nutzen 20 Prozent der deutschen Unternehmen bereits hybride Umgebungen, und weitere 57 Prozent planen den Aufbau einer solchen Cloud für die nächsten zwei Jahre. „Zu den Vorteilen einer hybriden IT-Integration gehören unter anderem eine schnellere Adaption neuer Technologien, eine bessere Agilität durch eine schnellere Bereitstellung weiterer Ressourcen, die nahtlose Erweiterung einer On-Premise-Umgebung und die Verschiebung von Workloads in eine Public Cloud je nach Bedarf“, so René Büst, Senior Analyst bei der Crisp Research AG.
Die Anwendungsszenarien
Hybride Cloud-Umgebungen kommen meist da zum Einsatz, wo Unternehmen mit ihrer Private-Cloud-Lösung ans Limit kommen. Oft deckt das bisherige System die mittlerweile sehr unterschiedlichen Anforderungen an die IT-Organisation nicht mehr optimal ab. Dem Unternehmen fehlt es punktuell an Ressourcen, oder es kann spezialisierte externe Anwendungen nicht zum gleichen Kosten-Nutzen-Aufwand selbst abbilden.
Praktische Anwendungsbeispiele für eine Hybrid Cloud beginnen mit dem Wunsch nach einem SaaS-Dienst, wie einem Customer-Relationship-Management-System (CRM), einem Reporting-Tool oder einem Kommunikations- und Collaboration-Dienst. Solche Services für einen überschaubaren Anwenderkreis selbst zu betreiben und auf dem neuesten Stand zu halten, lohnt sich aus Kostengründen im Vergleich zu einer externen Lösung oft nicht.
Auch die Erweiterung der eigenen Server-Kapazitäten um externe Ressourcen ist ein Anlass für den Umstieg auf eine hybride Lösung. Extreme Infrastrukturspitzen – etwa beim Saisongeschäft eines Webshops, für anspruchsvolle Streaming-Leistungen von Live-Übertragungen oder ähnlichem – können Public Clouds flexibel und sekundenschnell abfangen.
Vor allem bei massenhaft unkritischen Daten kann ein externes Storage-Angebot das IT-Budget zudem merklich entlasten. Aber auch unternehmenseigene Anwendung lassen sich in einer hybriden Cloud einsetzen: Während das Unternehmen für Entwicklung und Testumgebungen etwa die Public Cloud nutzt, kommt im produktiven Einsatz die sichere Private Cloud zum Einsatz, oder zumindest liegen hier dann die Daten.
Eine Hybrid Cloud aufbauen
Sowohl die breite Definitionsmöglichkeit einer Hybrid Cloud als auch das stetig komplexer werdende Netzwerk an Clouds erfordern eine Strategie für die hybride Cloud-Lösung – und damit verbunden für die Auswahl eines geeigneten Providers. Die Grundlage einer Hybrid Cloud ist in der Regel die bestehende Private Cloud, zum Beispiel in Form von angemieteten Rechenleistungen, eigenen Servern oder selbst betriebenen Applikationen auf einer klassischen Virtualisierungsplattform (etwa VMware, Citrix, Red Hat, Microsoft).
Die Verwaltung der Infrastrukturen kann dabei entweder der Provider oder die interne IT-Abteilung übernehmen. Entscheidend ist, dass die Strategie die internen und externen Umgebungen erfolgreich integriert und alle Prozesse in Bezug auf Sicherheit, Datenmanagement und Prozessabläufe sicherstellt – eine der wichtigsten Anforderungen aus Sicht der meisten Unternehmen. Die Anpassungen der Infrastruktur und Architektur sollten dabei so gering wie möglich sein, um eine aufwendige Integration und ein kompliziertes Cloud-Management möglichst zu vermeiden.

„Die Unsicherheit ist derzeit ziemlich groß, insbesondere bei vielen mittelständischen Unternehmen: Sie spüren den Druck, der durch die Digitalisierung auf sie zukommt. Cloud-Szenarien sind zwar kein Allheilmittel, aber sie sind eine gute Voraussetzung, um das Unternehmen flexibler zu gestalten und schneller am Markt agieren zu können“, erklärt Khaled Chaar, Managing Director Business Strategy bei der Cancom-Tochter Pironet. Beim Aufbau von Cloud-Strukturen hält er daher eine pragmatische Herangehensweise für angebracht.
Unternehmen sollten sich für ihre durchaus unterschiedlichen Herausforderungen die besten Lösungen suchen: Nach Chaars Erfahrung gibt es dabei Workloads, bei denen Flexibilität keine Rolle spielt – etwa Systeme zur Produktionssteuerung. Für andere Aufgaben seien dagegen flexible und hochmoderne Applikationen aus dem Netz gefragt.
Datenschutz gewährleisten
Der Datenschutz liefert eine der größten Sicherheitsbedenken in Bezug auf Hybrid-Cloud-Szenarien und ist daher auch eine der wesentlichen Herausforderungen. Auf der einen Seite verlangen Public-Cloud-Dienste die Auslagerung gewisser Daten. Und auf der anderen Seite müssen oder wollen Unternehmen sensible Daten auch dauerhaft in ihrer Hand behalten. Mit Hybrid Clouds ist jedenfalls beides möglich.
Unternehmen sollten dabei die gültigen Datenschutzgesetze und Compliance-Richtlinien gemeinsam mit dem Cloud-Anbieter prüfen. Die Art der externen Datenverarbeitung und der Ort der Datenspeicherung sowie die Verschlüsselung spielen dabei ebenso eine Rolle, wie die Frage, ob ein Vertrag nach deutschem oder vielleicht US-amerikanischem Recht geschlossen wird. Sensible Daten sind laut Khaled Chaar bei einem deutschen Cloud-Provider auf jeden Fall besser aufgehoben, weil der dem
hiesigem Datenschutzrecht unterliegt.
In jedem Fall sollte das Unternehmen sicherstellen, dass es die volle Kontrolle über Datenzugriff, Verfügbarkeit und Sicherheit im gewünschten Umfang gewährleisten kann. Vorab sind deshalb die Standortfrage des Rechenzentrums inklusive der Availability Zones und dessen Sicherheitsstufe zu klären. Weitere Details sind in den SLAs festzuhalten.
Die Hybrid Cloud managen
Schließlich sollten sich alle privaten und öffentlichen Ressourcen der Hybrid Cloud über ein Cloud-Management-System mit entsprechenden Schnittstellen verwalten lassen. Damit kann das Unternehmen die Interaktion zwischen den Clouds steuern – und damit die Prozesse, virtuellen Maschinen, Arbeitsgruppen oder Zugriffsberechtigungen.

Für diese softwarebasierte Verwaltung eines virtualisierten Rechenzentrums – das so genannte Software-Defined-Datacenter – gibt es mittlerweile einige Tools. Neben OpenStack und der VMware vCloud sind das zum Beispiel openQRM, Scalr oder die DevOps-Dienste Salt, Chef oder Puppet.
„Die Verbindung zwischen den Cloud-Diensten und dem eigenen Netzwerk muss stets gewährleistet sein. Dazu können die Unternehmen – etwa Agenturen oder ausführende Systemhäuser – API-Schnittstellen nutzen. Die Datenübertragung sollte dabei sicher sein, damit sich auf dem Weg zwischen beiden Clouds keine Betriebsgeheimnisse ausspähen lassen“, erläutert Sebastian Bluhm, verantwortlich für Vertrieb und Marketing bei Profihost.com. Eine solche hybride Lösung ist laut Bluhm jedoch nur bei größeren Unternehmen oder Projekten wirtschaftlich, die eigene Serverlandschaften und Rechenzentren betreiben.
Managed-Cloud-Provider
Für die Hybriden Clouds benötigen die meisten mittelständischen Unternehmen die planerische und technische Unterstützung eines erfahrenen Providers. Diese Betreuung ist auch deshalb notwendig, weil das Selbstbedienungsmodell der klassischen Public-Cloud-Anbieter dort vielen IT-Entscheidern nicht geläufig ist.
Sie greifen daher für Architektur, Integration und Betrieb oft auf einen Managed-Cloud-Provider zurück. Doch der muss sich sowohl mit den Anwendersystemen auskennen, als auch mit den zu integrierenden Open-Cloud-Plattformen, also etwa AWS, Azure, IBM Softlayer, Google, Interroute, ProfitBricks, Salesforce oder Rackspace. Jüngstes Mitglied der deutschen Public-Cloud-Anbieter ist die Open Telekom Cloud auf Basis von OpenStack.
Unternehmen, die eine Hybrid Cloud aufbauen möchten, aber keine eigene IT-Abteilung oder -kompetenz mitbringen, können Managed-Public-Cloud-Angebote von Dienstleistern wie Root360, CloudManagement von Corpex, tecRacer, dogado, Rackspace oder Claranet nutzen. Diese Provider verwalten für die Unternehmen dann Amazon Web Services oder Microsoft-Azure-Umgebungen und integrieren sie gegebenenfalls auch in eine bestehende Private-Cloud-Landschaft. Der Provider PlusServer bietet voraussichtlich ab Mitte 2016 auch Managed-Azure-Lösungen an.
Auch für Unternehmen, die nur bestimmte Geschäftsanwendungen aus der Public Cloud beziehen möchten – etwa die Microsoft-Angebote Office 365, SharePoint, Exchange oder Lync – gibt es eine Reihe von Dienstleistern. Dazu gehören unter anderem Busymouse, centron, domainfactory oder HostFactory. Und schließlich gibt es eine Fülle weiterer Anbieter für externe Anwendungen jeder Art.
Und nicht zuletzt kleinere Anbieter arbeiten an sinnvollen Lösungen – etwa Syseleven aus Deutschland. Der auf Managed Hosting spezialisierte Anbieter hat nach jahrelanger Entwicklung eine auf Ausfallsicherheit und Geschwindigkeit optimierte Openstack-Implementierung vorgestellt. Im Verbund mit Managed-Hosting-Angeboten können Unternehmen auf diese Weise eine äußerst flexible Hybrid-Cloud-Umgebung aufbauen.
Wie tief ein Unternehmen diese Dienste in seine IT-Landschaft integrieren möchte, sollte es jeweils mit dem Anbieter abstimmen. Komplexere Anforderungen in Richtung Virtual Desktops, PaaS-Entwicklungsumgebungen, Managed Firewall/Datenbank/Loadbalancer oder Cluster-Architekturen inklusive ihrer reibungslosen Migration bieten unter anderem Dienstleister wie PlusServer, Pironet NDH, Interoute, Adacor und Anexia.
Fazit
Ob man es nun Industrie 4.0, Internet of Things oder Big Data nennt – die Digitalisierung des Mittelstandes schreitet voran, denn sie bringt den Unternehmen mehr Agilität und Kosteneffizienz. Viele Service-Provider haben das Potenzial mittelständischer Kunden erkannt und bieten Lösungen, die einfacher als die des Enterprise-Sektors, bezahlbar, standardisiert und im Paket mit einer guten Beratung zu haben sind.
Selbst weltweit tätige Provider wie PlusServer oder Pironet wenden sich mit ihren Business-Cloud-Angeboten explizit an den deutschen Mittelstand. Sie liefern unterschiedliche Public-Cloud-Angebote sowie deren Integration zur Hybrid Cloud.
Bei den Kosten halten sich die meisten Anbieter bedeckt – ebenso darüber, wie viel sie für die Betreuung einer AWS-Cloud verlangen. Hier gibt es individuelle Preise. Dafür berechnen sich öffentliche IaaS-Ressourcen oder Anwendungen nach transparenten Preismodellen mit bedarfsorientierten Abrechnungen.
Somit erreichen auch kleinere Unternehmen durch Hybrid Clouds nennenswerte Vorteile für typische Digitalisierungsbereiche, wie etwa die Automatisierung von Geschäftsprozessen oder die Erweiterung des Handels über den E-Commerce. Kleine und mittelständische Unternehmen sollten die Vorteile der Hybrid Clouds also nutzen.