10.000 Dollar für einen inaktiven X-Account? Elon Musks neues Geschäftsmodell ist bizarr – aber lukrativ

X generiert Einnahmen durch den Verkauf inaktiver Nutzernamen ab 10.000 US-Dollar, während eine EU-Milliardenstrafe droht. (Bild: Kovop/Shutterstock)
„Inaktive Nutzernamen können bald ein neues Zuhause finden – zu einem bestimmten Preis.“ Diese Zeile aus einer internen FAQ ist mehr als nur ein technisches Update. Sie deutet auf ein neues Monetarisierungsmodell hin, das X unter Elon Musks Führung jetzt offenbar umsetzen will: den Verkauf inaktiver Nutzer:innennamen.
Premium Handles als Prestigeprodukt?
Was für viele Nutzer:innen absurd klingt – plötzlich das eigene Handle zu verlieren, obwohl man die Plattform vielleicht nur vorübergehend nicht nutzt – könnte für X ein lukratives Geschäftsmodell sein. Denn laut Plattformrichtlinien kann ein Account nach 30 Tagen ohne Login als inaktiv gelten und unter Umständen entfernt werden. Damit sollen neue Einnahmen generiert werden, jenseits von Werbung und Premiumabos. Laut Techcrunch zeigen aktuelle Code-Änderungen der Plattform: Verifizierte Organisationen sollen gezielt Anfragen für inaktive Handles stellen können.
Die Idee ist nicht neu. Bereits Ende 2022 deutete Elon Musk selbst auf X (damals noch Twitter) an, dass eine große Bereinigung des Namensraums bevorstehe. Damit machte er früh klar, dass ungenutzte Accounts und ihre Nutzer:innennamen langfristig nicht unangetastet bleiben würden – ein Vorbote der aktuellen Entwicklungen rund um den geplanten Handle-Verkauf. 2023 berichtete dann die New York Times, dass X plane, begehrte Nutzer:innennamen zu versteigern. Damals war die Plattform noch in der Findungsphase nach dem Twitter-Rebranding. Ebenfalls im Jahr 2023 ließ X zahlreiche inaktive Accounts löschen, um Platz im Namensraum zu schaffen.
Laut einem Bericht von Forbes vom November desselben Jahres sondierte X damals aktiv mögliche Käufer:innen für brachliegende Handles – ohne jedoch eine offizielle Verkaufsstrategie zu kommunizieren.
Jetzt nimmt das Thema neue Fahrt auf. Laut App-Forscher Nima Owji wird aktuell eine automatisierte Handle Inquiry-Funktion ausgerollt. Organisationen, die bereits 1.000 US-Dollar monatlich für den Verifizierungsstatus zahlen, könnten darüber künftig auch inaktive Handles anfragen und erwerben – ab 10.000 US-Dollar aufwärts. Einige könnten sogar sechsstellige Summen kosten. Auch wenn X in einer aktuellen Dokumentation weiterhin betont, inaktive Nutzer:innennamen „derzeit nicht freigeben zu können“, gibt es immer wieder Berichte über inoffizielle Käufe, die außerhalb eines formellen Prozesses stattgefunden haben sollen.
Nach dem Kauf soll der Handle innerhalb von maximal zwei Tagen übertragen werden. Auch Mengenrabatte bei größeren Handle-Paketen sind laut interner FAQs möglich – ein Hinweis darauf, dass X hier langfristig mit großen Unternehmen und Marken rechnet, die sich gleich mehrere Varianten sichern wollen.
Mehr als nur Cashflow: Musk will X’ Relevanz steigern
Elon Musks Plattformstrategie ist mittlerweile deutlich erkennbar: Aus X soll ein zentralisiertes Kommunikations-, Medien- und KI-Ökosystem entstehen – und die Optionen zur Monetarisierung werden ausgeschöpft. Mit der Übernahme durch xAI, Musks KI-Unternehmen, wurde der Grundstein dafür bereits gelegt.
Die Auktion von Nutzernamen ist also nicht bloß eine weitere Einnahmequelle, sondern Teil eines größeren Umbaus. Gleichzeitig übt das Modell indirekt Druck auf Nutzer:innen aus. Wer nicht aktiv bleibt, riskiert, das eigene Handle zu verlieren – oder später teuer zurückkaufen zu müssen. Das könnte zwar die Aktivitätsrate steigern, gefährdet aber das Vertrauen und die Bindung zur Plattform
Zwischen Kommerzialisierung und Compliance: Druck aus Brüssel
Während intern an neuen Erlösmodellen gearbeitet wird, wächst von außen der regulatorische Druck. Die New York Times berichtete jüngst, dass X vonseiten der EU im Sommer 2025 eine Milliardenstrafe drohen könnte. Der Vorwurf: Verstöße gegen den Digital Services Act (DSA).
Laut EU-Angaben habe X wiederholt gegen Transparenzpflichten und Vorgaben zur Moderation verstoßen. In diesem Kontext wirkt der geplante Handle-Verkauf wie ein taktischer Schritt. Neue Liquidität soll geschaffen werden, bevor die EU eine mögliche Strafe ausspricht. Gleichzeitig wächst der Druck vonseiten der Meta-Konkurrenz Threads und der dezentralen Alternative Bluesky. Auch Barack Obama hat sich zuletzt auf Bluesky positioniert.
Teurer Handle, riskantes Spiel
Für Unternehmen, die ihre Marke auf X absichern wollen, könnte der Handle-Verkauf eine attraktive Option sein. Doch der Preis ist hoch. Und der Schritt zeigt, wie stark X inzwischen auf kurzfristige Monetarisierung angewiesen ist.
Denn wer seine Plattformrelevanz durch den Verkauf digitaler Namensrechte sichern muss, sollte sich Fragen zur Nachhaltigkeit stellen. Für Nutzer:innen bleibt offen, wie transparent und fair das neue Modell umgesetzt wird. Wer sein Handle behalten will, sollte besser aktiv bleiben.
Der Artikel stammt von Larissa Ceccio aus der OnlineMarketing.de-Redaktion und wird im Rahmen einer Content-Kooperation auf t3n veröffentlicht.