Wie Startups unser Sexleben digitalisieren wollen
Ob smarte Sextoys, VR-Pornos oder erotische Podcasts: Viele der sogenannten Sextech-Hersteller und -Händler haben in der Coronakrise gute Geschäfte gemacht. Offenbar haben die Kunden ihre freie Zeit während des Lockdowns gut genutzt. Und auch insgesamt ist die Branche im Kommen. Im Frühjahr zum Beispiel waren die Unternehmen erstmals offiziell bei der Unterhaltungselektronikmesse CES zugelassen. Und das Marktforschungsunternehmen Stratistics MRC schätzt, dass der globale „Sexual Wellness“-Markt in der Zukunft um jährlich 13 Prozent wachsen wird, auf ein Volumen von 122 Milliarden US-Dollar im Jahr 2026. „Früher gab es medizinische Produkte wie Verhütungsmittel, es gab Pornos und dazwischen – nichts“, sagt Dominique Karetsos von der globalen Marketingagentur Healthy Pleasure Group, die sich auf den neuen Trend spezialisiert hat. „Sextech ist also der Versuch, diese riesige Marktlücke zu schließen.“
Inzwischen tüfteln daher Gründer weltweit an Innovationen, die unser Sexleben verbessern sollen. Und Technologie dient ihnen dabei als Schlüssel. Johannes von Plettenberg, der Gründer von Wow Tech, begleitet diesen Aufschwung seit Jahren. Der 39-Jährige war früher Finanzchef bei Amorelie, bis er 2017 die Chance bekam, die Rechte am „Womanizer“ zu kaufen – einem der meistverkauften Vibratoren bei Amorelie. Die Erfinder, ein Ehepaar aus Bayern, fühlten sich zu alt, um das Geschäft weiter auszubauen. Von Plettenberg übernahm, kaufte weitere Sextoy-Marken wie We-vibe dazu und will damit dieses Jahr rund 100 Millionen Euro umsetzen. „Dass Sextoys heute massentauglich sind, schafft für uns als Unternehmen ganz neue Möglichkeiten“, sagt er.
Weg mit den Plastikwürstchen
Von schmuddeligen Plastikdildos hin zu stylischen Hightech-Produkten: Diese Entwicklung macht Sextoys zum etabliertesten Bereich von Sextech. Drumherum hat sich aber inzwischen eine vielfältige Branche gebildet, mit eigenen Podcasts wie „Future of Sex“ und Konferenzen wie der Berliner Sxtech. Die Gründerin der Messe ist Ola Miedzynska, eine zierliche Frau mit langen blonden Haaren Anfang 30. Durch Zufall sei sie bei ihrer Arbeit als Business-Relation-Managerin in der Techbranche irgendwann auf Harmony gestoßen, einen Sex-Roboter mit künstlicher Intelligenz, erzählt sie. Anders als KI-Assistenten wie Siri und Alexa habe aber kaum eine Messe Harmony ausstellen wollen. „So habe ich gemerkt, dass das ganze Thema bis heute mit Tabus behaftet ist – auch wenn Sextoys inzwischen en vogue sind.“ Dazu muss man sagen: Roboter wie Harmony, die für Kritiker die Objektifizierung der Frau schlechthin darstellen, zählen zu den umstrittensten Produkten von Sextech. Mit ähnlichen Hürden sehen sich aber auch andere Firmen konfrontiert.
Mit welchen Problemen die Gründer zu kämpfen haben, was Sextech mit Aufklärungsarbeit zu tun hat und warum bei CGI-Pornos Zentimeterarbeit gefragt ist, hat unsere Autorin Katja Scherer in der neuen Ausgabe t3n 61 aufgeschrieben.
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