Rezession who? Die Chancen der Krise - t3n

Der neueste Geschäftsklimaindex zeigt: Die Stimmung in der deutschen Wirtschaft ist so schlecht wie seit 2020 nicht mehr. Doch die Lage kann auch Chancen bedeuten, wie Macher:innen und Entscheider:innen auf Dmexco, Bits&Pretzels und Slush'd immer wieder betonen. Der Ifo-Geschäftsklimaindex ist im September 2022 auf 84,3 Punkte gefallen, nach 88,6 Punkten im August. Das ist der niedrigste Wert seit Mai 2020. Der Rückgang zieht sich durch alle vier Wirtschaftsbereiche: verarbeitendes Gewerbe, Dienstleistungssektor, Handel und Bauhauptgewerbe. In allen Bereichen bewerten die rund 9.000 befragten Unternehmen ihre aktuelle Geschäftslage klar schlechter als im Vormonat. Auch der Pessimismus mit Blick auf die kommenden Monate hat deutlich zugenommen. Im Einzelhandel fielen die Erwartungen sogar auf ein historisches Tief. Die Erwartungen waren zuletzt im April 2020 so pessimistisch. „Die deutsche Wirtschaft rutscht in eine Rezession“, schreibt Clemens Fuest, Präsident des Ifo-Instituts, in einem Statement. „Die Erwartungen waren zuletzt im April 2020 so pessimistisch“ Grund für die schlechte Stimmung ist der Mix aus Corona-Nachwirkungen, Ukraine-Krieg mit den einhergehenden Lieferengpässen sowie Inflation und die sich verteuernde Energie. [caption id="attachment_1502069" align="aligncenter" width="620"] Ifo-Geschäftsklima Deutschland. (Grafik: Ifo)[/caption] Im verarbeitenden Gewerbe beispielsweise waren die Unternehmen im September deutlich unzufriedener mit den laufenden Geschäften. Sie blicken mit großer Sorge auf das nächste halbe Jahr. Auch im Dienstleistungssektor ist der Geschäftsklimaindex abgestürzt. Die Einschätzungen zur aktuellen Lage fielen deutlich schlechter aus als im Vormonat. Die Firmen rechnen zudem mit einer weiteren Verschlechterung in den kommenden Monaten. Insbesondere das Gastgewerbe befürchtet schwere Zeiten. [crosslinks ids="1499636,1489454,1500340"] Im Handel lief es zuletzt gut, doch auch hier hat sich das Geschäftsklima verschlechtert. Erstmals seit Februar 2021 hat sich die Geschäftslage wieder in den negativen Bereich verschoben. Das Bauhauptgewerbe hat es ebenfalls schwer. Auch hier hat der Index merklich nachgegeben. Die Unternehmen sind mit den laufenden Geschäften weniger zufrieden, ihr Pessimismus ist gegenüber dem Vormonat gestiegen. Doch nicht alle blicken so pessimistisch in die Zukunft. Eine Frage der Perspektive Die aktuelle wirtschaftliche Lage war auch auf den Konferenzen in Köln, Heilbronn und München in den letzten Tagen Thema. Sowohl auf der Dmexco als auch auf der Slush’d und der Bits&Pretzels versuchten Entscheider und Entscheiderinnen die derzeitige Situation positiv zu deuten. Krisen seien auch immer eine Chance, hieß es. Andy Bruckschloegl, Ryte-CEO und Bits&Pretzels-Veranstalter, sagt im Interview mit t3n: „Krisen bieten immer auch Chancen für das Entstehen neuer Ideen und Unternehmen, die zu einer besseren Gesellschaft beitragen.“ Auch im VC-Bereich sieht Investor Felix Haas Chancen. Zwar würden derzeit reihenweise Finanzierungsrunden platzen und man sehe die ersten Venture-Capital-Firmen, die keinen Folgefonds aufsetzen. „Doch gleichzeitig gibt es viele spannende Deeptech-Themen, die an der Schnittstelle zu anderen Disziplinen stehen. Hardware und AI, Software und AI, solche Themen“, sagt Haas. Da entstünden gerade Firmen, die das Potenzial haben, sehr groß zu werden. [caption id="attachment_1502067" align="aligncenter" width="620"] Die drei Bits&Pretzels-Veranstalter Bernd Storm van’s Gravesandel, Felix Haas und Andy Bruckschloegel (v.l.n.r.) auf der Bits&Pretzels 2022. (Foto: birdyfoto / Bert Willer)[/caption] Zudem wurde auch immer wieder die Rolle des Netzwerks betont. „Wir glauben, dass in Krisenzeiten das Netzwerk wichtiger ist denn je“, so der Bits&Pretzels-Mitveranstalter Bernd Storm van’s Gravesande. Nur durch Synergien und Schnelligkeit könne man gewinnen und überleben. „Es ist eine Frage der Perspektive. Entweder man sieht es als große Ernüchterung oder als Ende der Übertreibungen der letzten Jahre“, so Felix Haas. „Die Zeit der oberflächlichen Erfolge ist vorbei“, meint er.