Die zerbrochene Generation: Wie Vorurteile die psychologische Sicherheit der GenZ gefährden

Faul und voller Ansprüche, das ist es, was man jüngeren Angestellten nachsagt – und zwar seit ungefähr 5000 Jahren. „Die Jugend achtet das Alter nicht mehr, zeigt bewusst ein ungepflegtes Aussehen, sinnt auf Umsturz, zeigt keine Lernbereitschaft und ist ablehnend gegen übernommene Werte“, so stand es auf einer Tafel der Sumerer. Trotzdem sind wir immer noch aufgeregt, wenn jüngere Menschen ins Arbeitsleben starten. Also immer.
Doch solche Vorurteile machen auch mit der Gruppe der so genannten Generation Z, was Vorurteile immer mit Gruppen machen: Sie belasten sie. Die American Psychological Association (APA) hat kürzlich einen Bericht rausgegeben, nach dem jüngere Angestellte sich nicht gewertschätzt fühlen. Sie leiden an Angst und Einsamkeit. Sie empfinden keine psychologische Sicherheit, weil sie nicht wissen, ob das, was sie sagen, negativ bewertet wird.
In einer Zeit, in der Menschen auch außerhalb gefestigter Unternehmensstrukturen ihren Lebensunterhalt verdienen können, ist es da kein Wunder, dass sie Forderungen stellen, bevor sie sich darauf einlassen. Aber zu Grunde liegt kein echter Unterschied. Das menschliche Gehirn liebt Mustererkennung. Deshalb denkt es sich so gern Muster aus und handelt dann nach dem, was es selbst erfunden hat. Und wie nennen wir das? Genau: Diskriminierung.
Das Phänomen nennt sich Ageismus. Ursprünglich ging es dabei darum, dass junge Menschen ältere diskriminieren. Negative Altersbilder schaden den Betroffenen, weil diese früh wichtige Fähigkeiten verlieren. Sie werden öfter krank, vergesslich oder körperlich instabil. Und mit dem Alter richtet sich das negative Altersbild gegen jene, die es vorher gegen andere gewandt hatten.
Irgendwas zwischen Spielerei und Diskriminierung
Der moderne Ageismus ist komplexer. Mit der Überbetonung fiktiver Generationen heißt es plötzlich: Alle gegen alle. Ich bin gern ein Millennial, weil ich Smoky Eyes und Skinnyjeans nicht aufgeben muss, Technik cool finden darf und das Wort cool benutzen darf (yay!). Doch betrachten wir das Thema Generationen sachlich, dann rangieren diese Konzepte auf einer Skala von Spielerei bis Diskriminierung. Und auf dieser Skala kommt »Arbeitswelt« nicht vor.
Umgekehrt kommen die Generationen in der empirischen Wissenschaft nicht vor. Genauer gesagt: Die empirische Wissenschaft wollte natürlich ihr Stück vom Generationen-Hype abhaben. Es hat nur leider niemand wissenschaftlich belastbare Hinweise auf die Existenz unterscheidbarer Generationen gefunden. Das bedeutet: Menschen verschiedener Altersklassen sind nicht grundsätzlich unterschiedlich. Sie spielen eine mediengemachte Diskriminierung aus und nun wundern sich alle, dass es Konsequenzen hat. Oder, wie wir Millennials es nennen: Damit konnte niemand rechnen.
(Also: Eigentlich konnte man schon damit rechnen, denn diese Dinge sind seit vielen Jahren bekannt. Die verlinkte Meta-Studie ist zum Beispiel von 2012.)
So beendest du das Generationen-Distopia
Wer Angst und Isolation in der jüngeren Generation bekämpfen will, der muss sich gegen diese Generationen-Diskriminierung stellen. Wir müssen aufklären. Wir müssen den Menschen um uns herum klarmachen, dass es keine unterscheidbaren Generationen gibt und dass die Vorurteile massiven Schaden anrichten. Sie richten den gleichen Schaden an, den Vorurteile schon immer angerichtet haben: Sie lösen Ängste aus und Isolation. Sie schaffen es, dass einige Menschen nicht mehr zugehört wird, mal den einen, mal den anderen. Sie sind dafür verantwortlich, dass wichtige Stimmen an Gewicht verlieren. Mangelnde Diversität hat immer schon Produktivität, Leistung und Geld gekostet.
Generationen sind eine Spielerei; sie sind ein gesellschaftliches Problem. Sie sind unterhaltsam, sie bringen Aufmerksamkeit. Sie sind bequem, weil sie Macht zementieren. Oder, wie wir Millennials sagen: Wollt ihr die Wahrheit hör’n? – Nein!
Also brauchen wir Gegenrede. Verteidigt Menschen, wenn ihr merkt, dass sie vorurteilsbehaftet bewertet werden. Und, ganz wichtig: Zieht doch mal in Erwägung, dass ihr Verhalten noch einen anderen Grund haben könnte als ihr Geburtsjahr. Vielleicht ist es keine Faulheit. Vielleicht ist es nur der Versuch, sich vor den mächtigeren zu verteidigen. Gegen die Diskriminierung. Und sie haben recht.