Problem Muskelschwund gelöst? Forscher setzen auf aufblasbare Muskelanzüge für den Mars

Wenn Menschen eines Tages auf dem Mars landen, werden sie nicht nur mit der dünnen Atmosphäre und den extremen Temperaturen zu kämpfen haben, sondern auch mit ihrem eigenen Körper. Nach monatelanger Schwerelosigkeit auf der Reise durchs All stellt nämlich selbst die reduzierte Schwerkraft des Mars eine echte Herausforderung dar.
Wie Universe Today berichtet, haben Forscher:innen der University of Bristol jetzt ein neuartiges Exosuit-Konzept entwickelt, das dabei helfen könnte, die anfänglichen Probleme mit der Schwerkraft zu überwinden. Sogenannte „Bubble Artificial Muscles“ (BAMs), also weiche, künstlich aufblasbare Muskeln, könnten die Bewegungen der Astronaut:innen gezielt unterstützen.
Muskelschwund im All: Ein ungelöstes Problem der Raumfahrt
Eine typische Marsmission dauert rund 1.000 Tage – fast 40 Prozent davon verbringen die Astronaut:innen in Schwerelosigkeit. Die Folgen für den menschlichen Körper sind massiv: Pro Monat verlieren die Astronaut:innen bis zu 20 Prozent ihrer Muskelmasse und ein bis zwei Prozent ihrer Knochendichte. Auf der ISS ist deshalb eine tägliche Trainingsroutine von zwei Stunden Standard, aber selbst das kann den körperlichen Abbau nur begrenzt aufhalten.
Das wird spätestens bei der Landung auf dem Mars zu einem schwerwiegenden Problem, denn dort müssen die Crews mit geschwächtem Körper anspruchsvolle Aufgaben bewältigen – vom Ausladen schwerer Geräte bis zu langen Fußmärschen im Gelände. Mechanische Exoskelette wurden als Lösung diskutiert, sind allerdings oft zu schwer und unhandlich, vor allem in Kombination mit einem Raumanzug.
So unterstützen Bubble-Muskeln die Beweglichkeit
Genau hier setzt das Team um Emanuele Pulvirenti an: In einem aktuellen Paper präsentieren die Forscher:innen ihre „Bubble Artificial Muscles“ – eine Art weichen Exosuit, der aus pneumatischen Aktuatoren besteht. Diese „Blasenmuskeln“ kontrahieren, sobald sie mit Luft gefüllt werden, und unterstützen gezielt die Beinbewegung. Drei solcher Muskeln arbeiten beispielsweise zusammen, um das Knie beim Gehen zu beugen – eine Bewegung, die Astronaut:innen nach langer Zeit in Schwerelosigkeit oft schwerfällt.
Getestet wurde das System an einem robotischen Bein, das das Gehen in marsähnlicher Schwerkraft simuliert. Das Ergebnis: Der Exosuit erhöhte sowohl den maximalen Beugewinkel des Knies als auch die Geschwindigkeit der Beinbewegung, ohne den natürlichen Bewegungsablauf zu stören. Besonders effektiv war die Unterstützung über einen größeren Anteil des Schrittzyklus hinweg. Damit bietet die Technologie eine realistische Möglichkeit, Bewegungsmuster wie auf der Erde wiederherzustellen.
Die neue Erfindung ist auch für die Erde interessant
Mit den neuartigen BAMs präsentiert das Forschungsteam der University of Bristol eine zukunftsweisende Lösung für ein altbekanntes Problem der Raumfahrt. Was für Astronaut:innen gedacht ist, könnte aber auch Menschen mit eingeschränkter Mobilität auf der Erde helfen. Die leichten, weichen Materialien der BAMs sind komfortabler und flexibler als klassische Orthesen oder starre Exoskelette. Denkbar ist zum Beispiel der Einsatz in der Rehabilitation, bei altersbedingter Muskelschwäche oder neurologischen Erkrankungen.