Boom beim E-Commerce: Gekommen, um zu bleiben

In unserem wöchentlichen Marketing-Briefing für die t3n-Pro-Community geht es diesmal um das dauerhafte Wachstum beim E-Commerce und die Konsequenzen für Hersteller, Händler und Werbetreibende. Die Corona-Pandemie hat an vielen Stellen eine Beschleunigung bei der Digitalisierung erzwungen. Diese Erkenntnis dürfte sich inzwischen herumgesprochen haben. Immer klarer wird aber auch: Die Veränderungen werden bleiben, auch wenn die Pandemie gegangen ist. So werden sich die Folgen von Corona auch langfristig auf das Konsumentenverhalten und das Marketing von Unternehmen auswirken. Bestätigt wird dies beispielsweise durch die Ergebnisse der aktuellen Studie „Digital Dialog Insights 2021“. Die Studienreihe wird seit 2012 jährlich von United Internet Media (UIM) zusammen mit der Stuttgarter Hochschule der Medien durchgeführt. Der Fokus liegt diesmal unter anderem auf den Themenbereichen E-Commerce, Post-Cookie-Ära und Coronakrise. 140 Experten aus den Bereichen Handel, Dienstleistung und Produktion nahmen an der Befragung zu Status quo, Trends und kommenden Herausforderungen im digitalen Dialog-Marketing teil. Zentrales Ergebnis laut UIM: „In den kommenden zwei Jahren sind hohe Investitionen in datenbasiertes Marketing und in digitale Kanäle zu erwarten. Zugleich setzt sich das E-Commerce-Wachstum fort, getrieben von direkten Transaktionen, vor allem an reichweitenstarken Touchpoints, neuen Produktkategorien und verbesserten Einkaufserlebnissen.“ E-Commerce stärkt die E-Mail Der aktuelle E-Commerce-Boom ist, so zeigt auch die Studie, kein Corona-Strohfeuer. Der Boom ist gekommen, um als Normalität zu bleiben. Über 90 Prozent der Experten zeigen sich davon überzeugt, dass E-Commerce zum festen Bestandteil alltäglicher Internetservices und in den kommenden fünf Jahren weiter wachsen wird. Treiber sind die Integration von E-Commerce in reichweitenstarke Plattformen (93 Prozent), neue Produktkategorien (82 Prozent) und verbesserte Nutzungserlebnisse (89 Prozent). Hohes Potenzial haben demnach neue Services wie Live-Commerce, Gamification und Videoshopping. Besonders interessant: Transaktionen außerhalb der eigentlichen Shop-Website oder App werden zunehmen (64 Prozent), sowohl auf Social-Plattformen als auch im E-Mail-Postfach. Dabei erweist sich die fast schon totgesagte E-Mail als ganz zentraler Kanal. „Mail hat sich zum wichtigsten Kommunikationsmittel der Verbraucher mit Unternehmen entwickelt. Neben privater Korrespondenz kommen immer mehr Bestell- und Versandbestätigungen, Rechnungen, Verträge, Buchungsbenachrichtigungen und weitere Dokumente per E-Mail an. Dadurch hat das elektronische Postfach immer mehr Touchpoints in der Customer-Journey und wird auch als direkter E-Commerce-Kanal immer wichtiger“, erklärt Rasmus Giese, Geschäftsführer von United Internet Media. Der Vollständigkeit halber muss gesagt werden: UIM dürfte ein solcher Trend nicht gerade traurig stimmen, schließlich gehören unter anderem Web.de, GMX und Mail.com zum Portfolio. Nach Einschätzung der bei der Studie befragten Experten wird die E-Mail von E-Commerce-Käufern besonders bevorzugt (74 Prozent). Ebenfalls hoch im Kurs stehen Self-Service (67 Prozent) und Social Media (63 Prozent). Das E-Mail-Postfach fungiert dabei als ein wichtiger Ankerpunkt in der Customer-Journey: Hohes Potenzial sehen die Experten vor allem in Features wie komfortablen Updates zum Lieferstatus im E-Mail-Posteingang (94 Prozent), der direkte Bearbeitung von Bestellungen (86 Prozent) oder auch der zentralen Bestellübersicht über alle Anbieter (84 Prozent). ID-basierte Lösungen gewinnen Relevanz Noch einiges zu tun gibt es in den Unternehmen offenbar mit Blick auf die Zeit nach den Cookies. Die Post-Cookie-Ära-Readiness ist zumindest laut Studie immer noch auf einem sehr niedrigen Niveau: Nur sechs Prozent der Experten bescheinigen den Unternehmen, ausreichend vorbereitet zu sein. Aber es bewegt sich etwas: 71 Prozent der Experten stellen eine Verlagerung der Budgets auf Contextual-Targeting-Systeme fest (Vorjahr: 56 Prozent). 63 Prozent registrieren eine Verschiebung auf Targeting-Systeme von Anbietern mit eigenem Identifier und/oder ID-Allianzen (Vorjahr: 48 Prozent). Außerdem setzen die Unternehmen derzeit zunehmend auf Targeting-Ansätze auf Basis von aggregierten Daten, zum Beispiel Kohorten oder Segmenten, wie mehr als jeder zweite Experte (59 Prozent) bestätigt. Demographic Targeting bleibt weiterhin ein Thema – drei Viertel der Unternehmen bauen darauf. Targeting auf Basis eigener CRM-Daten soll bei 70 Prozent der Unternehmen Anwendung finden. Das größte Potenzial haben nach Ansicht der Experten aber ID-basierte Ansätze und Targeting auf Basis von Kohorten. Jedes zweite Unternehmen werde in den kommenden fünf Jahren diese Targeting-Instrumente einsetzen. Für Bewegung sorgen auch neue Rahmenbedingungen. Apples App-Tracking-Transparency (ATT) macht sich beispielsweise in der digitalen Werbewirtschaft deutlich bemerkbar: Laut Einschätzung der Experten werden rund zwei Drittel (68 Prozent) der Nutzer die Möglichkeit, Tracking abzulehnen, kurz- bis mittelfristig in Anspruch nehmen. Apples Vorstoß wird jedoch differenziert betrachtet: 44 Prozent begrüßen zwar die Entwicklung als Meilenstein im Datenschutz, aber knapp 30 Prozent sehen auch eine negative Beeinträchtigung für das eigene Business. „Apples ATT ist nicht nur ein neues Feature auf dem Smartphone, sondern ein Paradigmenwechsel mit großen Auswirkungen auf das gesamte digitale Werbegeschäft“, sagt dazu Prof. Jürgen Seitz von der Hochschule der Medien. „Die unterschiedlichen Einschätzungen der Situation deuten darauf hin, dass der Impact womöglich noch nicht von allen Seiten verstanden wird. Im geschlossenen Android-Ökosystem könnte Google dem Markt ebenfalls neue Regeln vorgeben.“ Mehr Investitionen in digitale Kanäle Klar ist: Die Corona-Pandemie wird auch das Marketing von Unternehmen deutlich verändern. Davon sind immer mehr der befragten Experten überzeugt. So prognostizieren 65 Prozent der Studienteilnehmer eine entsprechende Entwicklung in den kommenden zwei Jahren. Zudem sei die Investitionsbereitschaft im Vergleich zum Vorjahr auf allen Ebenen leicht gestiegen: Für die kommenden zwei Jahre werden hohe Investitionen in datenbasiertes Marketing sowie digitale Kanäle erwartet. „Hersteller, Händler und Werbetreibende erreichen die Käuferschaft mehr denn je über das Internet. Investitionen in digitale Ansätze haben sich in der Pandemie bewährt und werden in den kommenden Jahren weiter forciert“, fasst Prof. Harald Eichsteller die Entwicklung zusammen.