Eine neue Ära: E-Commerce könnt ihr jetzt lernen – und lehren
Mit dem Ausbildungsberuf „Kaufmann/Kauffrau im E-Commerce“ bekommt die Branche endlich ihre Spezialistenausbildung. (Bild: Shutterstock-Rawpixel.com)
Lange Jahre konnten Online-Händler keinen Nachwuchs ausbilden. Ohne ein eigenes Ladenlokal war an eine Ausbildung im Einzelhandel nicht zu denken. Jetzt gibt es ein neues Berufsbild mit dem Kaufmann beziehungsweise der Kauffrau im E-Commerce. Der neue Beruf ist flexibel und offen für viele Branchen: Online-Handel im B2C- und B2B-Bereich, Spieleschmieden, Online-Touristik, sie alle können jetzt ausbilden.
Das neue Berufsbild vermittelt dabei passende Inhalte für zukünftige E-Commerce-Profis und stellt an die Unternehmen nur die üblichen Anforderungen. Im Gespräch mit t3n hat der Bundesverband E-Commerce und Versandhandel Deutschland (BEVH) erste Eckdaten zum neuen Ausbildungsberuf mitgeteilt. Der Verband war zusammen mit Gewerkschaften und Verbänden wie dem Bundesverband Großhandel, Außenhandel und Dienstleistungen (BGA) an der Arbeit zu dem Konzept des Arbeitgeberverbandes Handelsverband Deutschland (HDE) beteiligt.
Neue E-Commerce-Ausbildung startet: „Kaufmann/Kauffrau im E-Commerce“
Im Herbst 2018 soll das erste Ausbildungsjahr starten, die bei der IHK angesiedelte Ausbildung wird voraussichtlich drei Jahre Regelausbildungszeit haben. Die dazugehörigen Lehrpläne sind bereits verfasst und befinden sich auf dem Genehmigungs- und Prüfungsweg.
Der Ausbildungsberuf hat noch nicht den vollen bürokratischen Weg durchlaufen, der für die Einführung eines Ausbildungsberufes notwendig ist. Zum Start sind noch einige Dinge zu klären: Berufsschulorganisation, neue Ausbilder sind zu finden beziehungsweise die vorhandenen zu schulen. Martin Groß-Albenhausen vom BEVH zeigt sich sehr zuversichtlich, dass sich Ausbilder und Ausbildungseinrichtungen für die berufsschulische Ausbildung zeitnah finden werden. Die Lehrerschaft hätte sich in der Kommunikation hochinteressiert und auch schulungsbereit gezeigt.
Was die neue Ausbildung „Kaufmann/Kauffrau im E-Commerce“ bringen wird
Der neue Beruf soll speziell für Schnittstellen-Funktionen qualifizieren und orientiert sich an der kaufmännischen, prozessorientierten Praxis im E-Commerce. Dabei werden bewusst Bereiche ausgeklammert, die in bestehenden Ausbildungsberufen einen besseren Schwerpunkt finden würden. Einkauf, Gestaltung/Fotografie, Printwerbung, Filialprozesse, Lagerorganisation oder Programmierung bleiben bei den bisherigen Fachleuten untergebracht. Der BEVH nennt als eines von vielen Beispielen für eine solche Schnittstellenfunktion einen Product-Owner für den Click-and-Collect-Prozess eines Händlers.

E-Commerce-Ausbildung im Anmarsch: Die Eckpositionen beim Berufsbild „Kaufmann/Kauffrau im E-Commerce.“ (Grafik: BEVH)
In den Händen eines solchen E-Commerce-Spezialisten liegt später die Zusammenarbeit mit den anderen Fachabteilungen wie dem Einkauf, der Logistik oder der stationären Filiale, Projektplanung und Kalkulationen ebenso wie Steuerung, Auswertung und Optimierung von Projekten.
Beispielhafte Ausbildungsinhalte
Die in Deutschland so wichtigen Punkte Online-Recht, Datenschutz und -Sicherheit sollen besonders berücksichtigt werden.
Wie Unternehmen die neue Berufsausbildung „Kaufmann/Kauffrau im E-Commerce“ anbieten können
Online-Händler sollten jetzt die Chance ergreifen, eigenes Fachpersonal auszubilden. Die Branche wächst, und nichts unterstützt den Unternehmenserfolg so nachhaltig wie gute Mitarbeiter.
Die Voraussetzungen sind nicht schwierig zu erfüllen:
- Der Betrieb muss als Ausbildungsbetrieb geeignet sein, das prüft die IHK im Einzelfall. Im Wesentlichen geht es darum, dass der Betrieb alle nötigen Kenntnisse auch in der Praxis vermitteln kann.
- Ein Mitarbeiter muss eine Ausbildereignungsprüfung bei der IHK ablegen und als Ausbilder geeignet sein.
Ausbildungsplätze dürfen Unternehmen jetzt schon ausschreiben, ein Ausbildungsvertrag kann mit den angehenden Azubis aber erst Ende des Jahres abgeschlossen werden, wenn das neue Berufsbild im Bundesanzeiger veröffentlicht wurde. Erst dann ist der Ausbildungsberuf auch formell geschaffen. Formulare für Ausbildungsverträge händigt die örtliche IHK aus.
Erste Ausbildungsplätze sind vereinzelt schon zu finden, die Dachgesellschaft der Media- und Saturn-Märkte sucht in Ingolstadt am Sitz der Verwaltung acht Azubis, die Handelsunternehmen Orsay und Haba inserieren in der Jobbörse der Arbeitsagentur ebenfalls Ausbildungsplätze an ihren Unternehmensstandorten. Laut einer HDE-Präsentation rechnet der Verband mit rund 1.000 Ausbildungsplätzen zum Start im nächsten Jahr. Damit diese optimistische Schätzung auch eintrifft, ist jetzt die Wirtschaft gefragt.