Von der ISS zur Erde: Das passiert wirklich, wenn du einen Papierflieger ins All wirfst

Es liegt in der Natur des Menschen, Fragen zu stellen und sich mit dem Unbekannten auseinanderzusetzen. Zu den größten Fragen der Menschheit gehört etwa die nach dem Sinn des Lebens – und was passiert eigentlich im Inneren von schwarzen Löchern?
Eine Nummer kleiner haben zwei Forscher der Universität Tokio gedacht. Sie stellten sich die Frage, was eigentlich passieren würde, wenn man ein Papierflugzeug von der Internationalen Raumstation ISS werfen würde. Das Besondere: Maximilien Berthet und Kojiro Suzuki hatten die Möglichkeit, ihrer Frage im Rahmen einer Studie tatsächlich nachzugehen und eine Antwort zu finden.
Ihre Ergebnisse haben sie in einem Paper mit dem Titel „Dynamik eines Origami-Raumflugzeugs beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre“ festgehalten und Anfang Juli 2025 auf sciencedirect.com veröffentlicht.
Startpunkt ISS: Würde es ein Papierflugzeug auf die Erde schaffen?
Zur Beantwortung der einfach anmutenden Frage entwickelten die beiden Wissenschaftler zunächst ein Softwaremodell zur Simulation des Papierflugzeug-Flugs. Anschließend legten sie die grundlegenden Parameter fest. Ein aus einem DIN-A4-Blatt gefaltetes Flugzeug sollte in rund 400 Kilometern Höhe – also dort, wo die ISS kreist – starten. Auch die Startgeschwindigkeit entsprach der der ISS: Mit 7.800 Metern pro Sekunde, also 28.000 Kilometern pro Stunde, startete der Papierflieger seinen Simulationsflug.
Unter Erdenbedingungen wäre es bei dieser Geschwindigkeit undenkbar, dass ein Papierflugzeug auch nur einen Meter weit käme. In 400 Kilometern Höhe jedoch ist „die Atmosphäre noch nicht dicht genug, um größeren Schaden anzurichten“, drückt es Universe Today aus. Und so machte sich der Papierflieger in der Simulation tatsächlich auf den Weg in Richtung Erdoberfläche.
Innerhalb von 3,5 Tagen sank das Papierflugzeug aufgrund der dünnen Atmosphäre auf 120 Kilometer Höhe ab, also bis zur unteren Grenze der Thermosphäre – dann war allerdings Schluss. Die erhöhte Luftdichte brachte das leichte Papier in „unkontrolliertes Taumeln“ – und der simulierte Flug in Richtung Erdoberfläche fand ein Ende.
Von der Simulation zum praktischen Experiment – im Windkanal
Berthet und Suzuki war ein berechnetes Papierflugzeug für ihren Versuchsaufbau aber noch nicht genug, weshalb die Forscher ein ganz echtes Stück Papier falteten und es im hochmodernen Windkanal der Universität Tokio testeten. Verstärkt wurde das Papierflugzeug von etwas Aluminium, bevor es daran ging, herauszufinden, welchen aerodynamischen Kräften so ein Papiergebilde in der Realität standhalten kann.

Der Versuchsaufbau im Windkanal. (Bild: Berthet & Suzuki, Universität Tokio)
Nach nur sieben Sekunden bei Winden mit Mach 7 (rund 8.600 Kilometer pro Stunde) war die Spitze des Papierflugzeugs bereits verbogen und deutliche Spuren von Verkohlung waren wahrzunehmen. Die Schlussfolgerung: Eine länger andauernde Belastung mit diesen Windgeschwindigkeiten hätte das Papierflugzeug verbrannt.
Fazit: Das Papierflugzeug würde zerstört – und wir sind nun alle etwas klüger
Die wissenschaftlich nachgewiesene Antwort auf die Frage, was passieren würde, würde man ein Papierflugzeug von der ISS werfen, lautet also: Es käme nie auf der Erde an und würde in der Erdatmosphäre zerstört werden. Für die meisten von uns wird dieses Wissen praktisch keine Relevanz haben – und doch sind wir an dieser Stelle um eine Antwort auf die Fragen des Lebens reicher.