Dass das Arbeiten von zuhause stressfreier sei, ist ein Mythos, der sich nicht uneingeschränkt als richtig erweist. Im Gegenteil fand die AOK im Rahmen des Fehlzeiten-Reports 2019 verschiedene psychische Belastungen, die bei Homeoffice-Nutzern stärker ausgeprägt sind als bei Beschäftigten, die Wohnung und Arbeitsstätte räumlich voneinander trennen.
Mehr psychische Belastungen im Homeoffice
So fühlten sich drei Viertel der befragten Heimarbeiter in den vergangenen zwölf Monaten erschöpft. Unter den Büropendlern klagten lediglich 66 Prozent über dieses Phänomen. Auch Wut und Verärgerung kommt mit rund 70 Prozent bei den Heimarbeitern, gegenüber rund 59 Prozent bei den Büropendlern, deutlich öfter vor. Ebenso klagen Beschäftigte im Homeoffice öfter über Lustlosigkeit, Konzentrationsprobleme oder Schlafstörungen. Knapp 20 Prozent der Heimarbeiter empfinden das Arbeiten von zu Hause gar als Belastung, die die Vereinbarkeit von Beruf und Familie erschwert. Nach AOK-Erkenntnissen haben Heimarbeiter zudem Schwierigkeiten abends, am Wochenende oder sogar im Urlaub abzuschalten.
Dabei hatte doch das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung herausgefunden, dass Heimarbeiter in der Regel zufriedener als andere Arbeitskräfte sind. Denn Büros seien häufig keine Oase der Ruhe. Nach Erkenntnissen der Gesellschaft Verdi fühlt sich allein im Dienstleistungssektor jeder zweite Büroarbeiter häufig gestört, unter anderem durch Telefonate oder Kollegen.
Höhere Arbeitszufriedenheit widerspricht den Umfrageergebnissen nicht
So ganz von der Hand zu weisen, ist die höhere Zufriedenheit trotz der aktuellen Erkenntnisse nicht. Immerhin drei Viertel aller Heimarbeiter geben an, zuhause konzentrierter arbeiten zu können. Immer noch zwei Drittel sind überzeugt, im Homeoffice mehr Arbeit als im Betrieb zu schaffen. Darüber hinaus beschreibt fast jeder Zweite mit Homeoffice seinen Arbeitsaufwand außerhalb des Unternehmens als genau richtig.
Dennoch, die ständige Anwesenheit des eigenen Arbeitsplatzes im direkten Wohnumfeld führt dazu, dass Heimarbeiter mehr Überstunden als im Betrieb machen und eine Trennung von Arbeit und Freizeit nicht stringent vornehmen. Zumeist werden berufliche E-Mails auf dem auch privat genutzten Smartphone empfangen, so dass die Arbeit im Grunde rund um die Uhr präsent ist.
Das sieht auch Helmut Schröder, stellvertretender Geschäftsführer des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) und Mitherausgeber des Fehlzeiten-Reports, so: „Der Nachteil ist, dass die Grenzen zwischen Job und Privatleben verschwimmen. Der private Rückzugsraum und die Zeit für Erholung schrumpft.“
Zahl der Heimarbeiter steigt, ist im europäischen Vergleich dennoch niedrig
Rund 40 Prozent der Beschäftigten arbeiten schon heute regelmäßig außerhalb ihres Unternehmens, unabhängig von Ort oder Zeit. Knapp die Hälfte davon arbeitet häufig von zu Hause aus. Daraus ergibt sich ein Heimarbeiter-Anteil von 20 Prozent in Deutschland. Das entspricht jedem fünften Beschäftigten. In anderen EU-Staaten wie den Niederlanden und Schweden ist schon mehr als jeder Dritte ganz oder wesentlich im Homeoffice tätig.
Für die Studie, die im aktuellen Fehlzeiten-Report 2019 erschienen ist, hat das WIdO im Frühjahr 2019 etwa 2.000 Beschäftigte zwischen 16 und 65 Jahren befragt.
Der Trick ist seine Homeofficetage nicht einfach zu Hause zu verbringen, sondern unterwegs zu arbeiten. Im Zweifel bei Starbucks, wenn einem nichts besseres einfällt.