Finanzspritze oder Abwicklung? Solaris steht am Scheideweg - t3n

Das Berliner Startup Solaris ist ein wichtiger Faktor im Fintech-Ökosystem. Jetzt stellt sich Anfang Dezember die Schicksalsfrage: Schießen die Investoren noch einmal Geld nach? Das Berliner Startup Solaris ist ein ziemlich wichtiger Baustein im deutschen Fintech-Markt. Denn als Banking-as-a-Service (BaaS)-Plattform ermöglicht es anderen Firmen, Finanzdienstleistungen wie Konten, Karten und Kredite in ihre eigenen Angebote zu integrieren, ohne selbst eine Banklizenz zu benötigen. Andere Fintechs wie die Hamburger Neobank Tomorrow, die Krypto-Plattform Coinbase oder der KMU-Bankinganbieter Finom setzen auf die Dienste von Solaris. Doch jetzt steckt das Startup in der Klemme. Gelingt es nicht, bald frisches Geld aufzunehmen, könnte ein Verkauf oder sogar die Abwicklung anstehen. Geldspritze oder Abwicklung? Wie der Finance FWD als Erstes berichtete, benötigt das Fintech aktuell eine weitere Finanzierung von 100 bis 150 Millionen Euro. Am 2. Dezember soll über die Zukunft der Embedded-Finance-Plattform entschieden werden. Dann steht laut einem Bericht des Manager Magazins eine außerordentliche Hauptversammlung an, bei der die Investoren sich entweder zu einer weiteren Geldspritze bekennen müssen – oder über die Abwicklung des Fintechs entscheiden. [crosslinks ids="1641188,1561352,1614471"] CEO Carsten Höltkemeyer soll in den vergangenen Wochen viele Gespräche dazu mit neuen und Bestandsinvestoren geführt und dabei auch den Verkauf des Unternehmens ausgelotet haben. Als potenzieller Käufer wird die französische Bank BNP Paribas gehandelt. Eine weitere mögliche Lösung: Finanzgarantien der japanischen SBI Group aus der letzten Finanzierungsrunde könnten jetzt in Anteile umgewandelt werden, wie das Manager Magazin schreibt. Letzte Finanzierungsrunde im März Erst im März hatte Solaris eine Series-F-Finanzierung abgeschlossen, bei der das Startup weitere 96 Millionen Euro Eigenkapital sowie zusätzlich finanzielle Garantien von bis zu 100 Millionen Euro erhalten hat. Angeführt wurde die Finanzierungsrunde von SBI und weiteren Bestandsinvestoren. Seit der Gründung vor rund zehn Jahren hat die White-Label-Bank damit mehr als eine halbe Milliarde Euro an Investitionen erhalten. Das Geld brauchte Solaris vor allem, um das ADAC-Kreditkarten-Programm abzusichern – ein Großauftrag, der sich stark verzögert hatte. Zuerst sollte die Migration der rund 1,3 Millionen Kunden bis Ende 2023 vollzogen sein, später war dann vom zweiten Quartal 2024 die Rede. Den langfristigen Auftrag als Co-Branding-Partner des ADAC hatte sich Solaris im September 2022 gesichert. Auflagen bremsen das Geschäft Dass es bei Solaris noch weitere Probleme gibt, ist schon länger klar. Vor knapp vier Jahren ordnete die Finanzaufsicht Bafin eine Sonderprüfung bei dem Fintech an und attestierte Solaris später Mängel in der Geschäftsorganisation und bei der Geldwäscheprävention. Um diese zu beheben, musste das Fintech bereits rund 50 Millionen Euro ausgeben und wird den Sonderprüfer auch nicht so schnell los: Erst im Juli wurde das Mandat von der Bafin noch einmal verlängert. Außerdem verdonnerte die Aufsicht Solaris zu einer Geldstrafe in Höhe von 6,5 Millionen Euro. Als voll reguliertes Finanzinstitut muss die Solaris Bank außerdem die hohen Eigenkapitalanforderungen der Bafin erfüllen, während Kunden wie die Krypto-App Bison, Finom oder Tomorrow immer mehr Kundengelder bei ihr parken. Auch das bringt das laufende Geschäft unter Druck. Stellenstreichung und Transformation Und das, obwohl die Zahlen zuletzt ohnehin nicht berauschend waren und schon die letzte Finanzierung wohl auf Kante genäht war. Im Jahr 2022 stand bereits ein Fehlbetrag von 55 Millionen Euro in den Büchern. Laut einem Statement von Solaris-CEO Höltkemeyer verzeichnete das Fintech dann im Jahr 2023 sogar Verluste in Höhe von 178 Mio. Euro bei einem Nettoumsatz von 137 Mio. Euro. Ein wesentlicher Faktor für die roten Zahlen sei die Abschreibung des sogenannten EMI-Geschäfts gewesen. Höltkemeyer kündigte daher bereits im September eine „Transformation“ der Solaris an, zu der die Einstellung des E-Geld-Instituts gehörte. Das war im Zuge der Contis-Übernahme bei der Solaris integriert worden. Den britischen Wettbewerber hatten die Berliner im Jahre 2021 für etwa 153 Millionen Euro übernommen. Zuvor hatte Solaris einen wichtigen Ex-Contis-Kunden verloren, als die Krypto-Plattform Binance seine Visa-Debitkarte anschaffte, die von Contis herausgegeben wurde. Außerdem kündigte der CEO einen drastischen Stellenabbau im gesamten Team an: Von 700 Mitarbeitenden mussten 240 gehen.