Geoengineering: Warum eine Einschränkung in die falsche Richtung zielt
Die öffentliche Debatte über die Frage, ob wir in Erwägung ziehen sollten, das Klimasystem absichtlich zu verändern, heizt sich gerade auf – während gleichzeitig die Gefahren der Klimainstabilität zunehmen und immer mehr Gruppen sich mit Technologien befassen, die den Planeten abkühlen könnten. Zu diesen Eingriffen, die gemeinhin als solares Geoengineering bezeichnet werden, gehören die Freisetzung von Schwefeldioxid in der Stratosphäre, um mehr Sonnenlicht abzustrahlen, und das Versprühen von Salzpartikeln entlang der Küsten, um dichtere, stärker reflektierende Meereswolken zu erzeugen.
Das wachsende Forschungsinteresse am Potenzial dieser Instrumente, insbesondere an Freilandexperimenten im kleinen Maßstab, hat auch zu weitreichenden Forderungen geführt, den Forschungsbereich ganz zu schließen oder zumindest strenger zu begrenzen. Solche Vorschriften würden allerdings die wissenschaftliche Erforschung von Technologien, die angesichts der beschleunigten globalen Erwärmung Leben retten und Leiden lindern könnten, aufhalten oder behindern. Darüber hinaus wären Regeln viel schwieriger zu definieren und umzusetzen, als ihre Befürworter glauben.
Politik zieht Grenzen für Geoengineering
Anfang April unterzeichnete Bill Lee, der Gouverneur von Tennessee, ein Gesetz, das die „absichtliche Injektion, Freisetzung oder Dispersion“ von Chemikalien in die Atmosphäre mit dem „ausdrücklichen Ziel der Beeinflussung der Temperatur, des Wetters oder der Intensität des Sonnenlichts“ verbietet. Diese Gesetzgebung scheint in erster Linie durch entlarvte Verschwörungstheorien über Chemtrails motiviert worden zu sein.
Auf der März-Tagung der Umweltbehörde der Vereinten Nationen forderte ein Block afrikanischer Staaten eine Resolution, die ein Moratorium, wenn nicht gar ein Verbot für alle Geoengineering-Aktivitäten vorsieht, einschließlich jeglicher Tests im Freien. Mexikanische Beamte haben ebenfalls Beschränkungen für Experimente innerhalb ihrer Grenzen vorgeschlagen.
Um eines klarzustellen: Ich bin kein unbeteiligter Beobachter, sondern ein Klimaforscher, der sich mit solarem Geoengineering beschäftigt und internationale Modellstudien zu diesem Thema koordiniert. Wie ich in einem Brief, den ich letztes Jahr mitverfasst habe, erklärt habe, halte ich es für wichtig, diese Technologien weiter zu erforschen, da sie bestimmte Klimarisiken erheblich verringern könnten.
Das bedeutet nicht, dass ich heute einseitige Bemühungen oder ein Vorpreschen in diesem Bereich ohne breiteres gesellschaftliches Engagement und Zustimmung unterstütze. Einige der vorgeschlagenen Beschränkungen für solares Geoengineering lassen jedoch im Unklaren, was ein akzeptabler, „kleiner“ Test im Gegensatz zu einem inakzeptablen „Eingriff“ wäre. Eine solche Unbestimmtheit ist problematisch, und ihre potenziellen Folgen wären weitaus weitreichender, als es sich die wohlmeinenden Befürworter einer Regulierung vielleicht wünschen.
Fallstricke des Gesetzentwurfs
Betrachten wir den „vorsätzlichen“ Standard des Gesetzentwurfs von Tennessee. Es ist zwar richtig, dass die Absicht bei solchen Bemühungen eine Rolle spielt, aber sie zu definieren, ist schwierig. Wenn das Wissen, dass eine Aktivität die Atmosphäre beeinflusst, ausreicht, um als Geoengineering zu gelten, könnte sogar das Autofahren darunter fallen, da man weiß, dass die Emissionen das Klima erwärmen. Oder, um ein Beispiel aus einem viel größeren Maßstab zu wählen, ein Energieversorger könnte gegen das Gesetz verstoßen, da der Betrieb eines Kraftwerks sowohl Kohlendioxid produziert, das den Planeten erwärmt, als auch Schwefeldioxid, das eine kühlende Wirkung haben kann.
Tatsächlich kann ein einziges Kohlekraftwerk mehr als 40.000 Tonnen des zweitgenannten Gases pro Jahr ausstoßen, was die wenigen Kilogramm, die für einige Stratosphärenversuche vorgeschlagen werden, in den Schatten stellt. Dazu gehört auch ein Projekt der Harvard University, das kürzlich wegen Bedenken von Umwelt- und indigenen Gruppen eingestellt wurde.
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