Wie gewinne ich als Startup den Kampf um Talente?

Im heutigen Startups-Briefing geht es um die Frage, wie Unternehmen es schaffen können, junge Talente zu rekrutieren und zu halten. Die große Wirtschaftsfrage zu Beginn des Jahres 2021 lautete, wie sich Unternehmen bestmöglich auf die neue hybride Arbeitsumgebung einstellen würden, #newwork war in aller Munde. Inzwischen haben die meisten Unternehmen einen guten Umgang mit der Remotearbeit gefunden. Zoom-Calls funktionieren in der Regel reibungslos und ohne, dass man selbst zur Katze wird. Doch mit dem nahenden Jahr 2022 wird eine neue Frage lauter: Wie finde und halte ich gutes Personal? Besonders Startups bereitet diese Frage Kopfzerbrechen. Sie schaffen immer mehr Arbeitsplätze, wie der kürzlich erschiene Deutsche Startup Monitor gezeigt hat. Doch oft haben sie Schwierigkeiten, diese auch mit den richtigen Talenten zu besetzen. 27 Prozent der befragten Startup-Gründer:innen bezeichnen die Personalsuche als ihre aktuell größte Hürde – zehn Prozentpunkte mehr als im Vorjahr. „Wir finden einfach keine Leute“, beklagte sich neulich ein Freund bei mir. Insbesondere wollten sie gerne eine Frau einstellen, aber: „Es bewirbt sich einfach keine.“ Ich selbst habe in meiner Karriere bereits einige Jobwechsel vollzogen. Ich habe in Konzernen gearbeitet, in Agenturen und bei Magazinen. Dabei habe ich mit jedem Job mehr herausgefunden, was ich will, und was mir wichtig ist. Ich gehöre zur Generation der Millennials, die angeblich sprunghaft ist, sich entitled fühlt und immer irgendwas mit „Impact“ und „Purpose“ machen will. Zumindest Letzterem kann ich zustimmen. Ich habe ursprünglich BWL studiert mit dem Ziel, einmal einen sicheren und gut bezahlten Job zu haben – was auch funktioniert hat. Mit Ende 20 war ich in einer Senior Position in einer Unternehmensberatung angekommen, nur um zu merken, dass ich dem falschen Ziel hinterhergelaufen war. Denn Geld allein macht nicht glücklich. Und Sicherheit ist eine Illusion, wie wir auch durch die Corona-Pandemie gesehen haben. Natürlich muss ein gewisses Einkommen gegeben sein, damit man sich sicher fühlt (wir denken an die Maslowsche Bedürfnispyramide). Aber ab einem bestimmten Gehalt steigt das wahrgenommene Glück durch Gehaltserhöhungen nicht mehr weiter an. 60.000 Euro reichen laut Daniel Kahnemann und Kollegen aus, um sein Lebensglück zu maximieren. Was ist es dann? Was lockt junge Talente in Startups und andere Unternehmen und wie kann man sie langfristig halten? Wertschätzung Wenn ich von mir und meinen Freund:innen ausgehe, dann kann ich sagen, dass wir uns nicht mehr von Geld allein catchen lassen. Für mich ist das Gefühl der Wertschätzung wichtiger – das beginnt beim Gehalt, aber endet nicht da. Geld ist für mich eher eine Art Energieausgleich, wenn man das ein wenig spirituell formulieren möchte. Aber zu einem Gefühl der Wertschätzung gehören für mich auch: Feedback, Konversationen auf Augenhöhe, Entwicklungsmöglichkeiten, Vertrauen und Lob. Individuelle Ziele Für mich und viele meiner Peers ist es extrem wichtig, eine Arbeit zu machen, die zu unserer Persönlichkeit, unseren Talenten und unseren Zielen passt. Ich habe beispielsweise meinen letzten Job aus genau diesem Grund gewechselt. In meiner vorigen Rolle hatte ich viele Management-Aufgaben, war mit Redigieren und strategischer Planung beschäftigt. Dabei habe ich festgestellt, dass ich viel lieber selbst schreibe und Content kreiere. Hier sehe ich großes Potenzial bei Recruiter:innen und Headhunter:innen, um im Interviewprozess wirklich herauszufinden, was junge Talente wollen, um so entsprechend anzustellen. Kultur Auch starke Unternehmenswerte und eine gesunde Unternehmenskultur sind mir wichtig. Vertrauen und Transparenz zählen dabei für mich mehr als ein Obstkorb im Office. Meine individuellen Entwicklungsmöglichkeiten wiegen mehr als Yogakurse im Büro. Und Integrität wird für mich immer ein Firmenhandy schlagen, sprich: die Unternehmenskultur muss deckungsgleich sein mit dem Bild, das nach außen kommuniziert wird. Zur Kultur gehört auch, wie Mitarbeitende in einem Unternehmen miteinander umgehen. Beim Hiring muss daher darauf geachtet werden, dass nicht nur auf Skills, sondern auch auf den Kulturfit geachtet wird. Wir Menschen sind soziale Wesen und haben besonders durch die Corona-Einsamkeit gemerkt, wie wichtig soziale und zwischenmenschliche Beziehungen für uns sind. Unternehmen sind soziale Konstrukte, und passen die Kolleg:innen zusammen, so entsteht ein starkes Gefühl von Identität und Zusammengehörigkeit. Wollen wir das nicht alle? Interaktion statt Transaktionen. Sein statt Schein. Das wird meiner Meinung nach beim Hiring am Ende des Tages den Unterschied machen. Dafür bin ich jedenfalls bereit, mich auf einen Job festzulegen, auch als Millennial.