Hängt uns China im KI-Bereich ab? Wir haben mit 2 Experten gesprochen - t3n

Zum sechsten Mal in Folge ist der „KI Index Report“ der Stanford University erschienen. Für 2023 zeigt sich dabei deutlich, wie stark China den KI-Bereich derzeit in der Forschung dominiert. Wir haben mit zwei KI-Expert:innen gesprochen. „Künstliche Intelligenz (KI) wird sich weiter verbessern und somit zu einem größeren Teil unseres Lebens werden“, schreiben die Co-Autoren des KI Index Reports 2023 Jack Clark und Ray Perrault in ihrem Vorwort. Der Report des Stanford Institute for Human-Centered Artificial Intelligence (HAI) betrachtet jährlich KI-Entwicklungen anhand weltweit erhobener Daten. Die Autoren sind überzeugt davon, dass künstliche Intelligenz trotz der weltweit zurückgegangenen Investitionen im Jahr 2022 (minus 26,7 Prozent gegenüber 2021) zunehmend unser Leben beeinflussen wird. „Angesichts der zunehmenden Präsenz dieser Technologie und ihres Potenzials für massive Umwälzungen sollten wir alle anfangen, kritischer darüber nachzudenken, wie genau wir wollen, dass KI entwickelt und eingesetzt wird“, so Clark und Perrault. Den Autoren zufolge sollten wir uns auch die Frage stellen, wer KI einsetzt, denn ihre Analyse zeige, „dass KI zunehmend durch die Handlungen einer kleinen Gruppe von Akteur:innen des Privatsektors definiert wird und nicht durch eine einer breiteren Palette gesellschaftlicher Akteur:innen“. China dominiert KI-Forschung Das ist insbesondere von Bedeutung, da sich im diesjährigen Report deutlich der Vorsprung von China in der KI-Forschung zeigt. Bereits seit 2010 ist die Chinese Academy of Sciences aus Peking die Universität, die die meisten wissenschaftlichen Paper über künstliche Intelligenz veröffentlicht. Im Jahr 2021 soll die Hochschule insgesamt 5.099 Paper veröffentlicht haben. [caption id="attachment_1548726" align="aligncenter" width="620"] Unter den Top 10 der KI-Forschungseinrichtungen befinden sich laut AI Index Report neun chinesische Hochschulen. (Grafik: Stanford Institute for Human-Centered Artificial Intelligence (HAI))[/caption] Auch die Plätze 2 bis 9 kommen allesamt aus China. Auf Platz 10 liegt als einzige nicht-chinesische Universität das Massachusetts Institute of Technology (MIT). [crosslinks ids="1539395,1534724,1548681"] Unternehmen als Innovationstreiber Laut Sebastian Bluhm, Mitglied im KI-Bundesverband und CEO der Technologieberatung Plan D, sticht noch etwas anderes aus dem KI-Report hervor: nämlich, dass es nicht Universitäten sind, sondern große Unternehmen, die zunehmend die Kontrolle über die Entwicklung und Umsetzung von KI-Modellen übernehmen. „Von 35 bedeutenden Modellen für maschinelles Lernen wurden 32 von Unternehmen veröffentlicht, während nur drei von Forschungseinrichtungen stammen“, sagt er gegenüber t3n. „Die steigenden Anforderungen an Ressourcen wie Daten, Mitarbeiter:innen und Rechenleistung machen es für Forschungseinrichtungen immer schwieriger, solche Modelle zu erstellen.“ Dadurch verschiebe sich das Machtgleichgewicht stark in Richtung der Unternehmensakteure, insbesondere der großen Tech-Firmen wie Microsoft und Google, die bereits früh in KI-Startups investiert haben: „Microsoft hat etwa zehn Milliarden US-Dollar in OpenAI gesteckt, Google investierte 300 Millionen Dollar in das KI-Startup Anthropic.“ [caption id="attachment_1536581" align="aligncenter" width="620"] Sebastian Bluhm, CEO von Plan D. (Foto: Plan D)[/caption] Der Bericht zeige auch, dass die USA nach wie vor führend bei privaten Investitionen in KI sind. „Im Jahr 2022 wurden in den USA 47,36 Milliarden Dollar investiert, was etwa dem 3,5-Fachen des in China investierten Kapitals entspricht. Deutschland, Frankreich und Finnland erreichen zusammen lediglich 4,74 Milliarden Dollar. Im internationalen Vergleich stehen wir also hinten an“, so Bluhm. Bericht als Ansporn Laut KI-Expertin und Gründerin Annika von Mutius von Empion sollte der KI-Report daher ein Ansporn sein. Sie sagt gegenüber t3n: „Dieser Bericht sollte umso mehr Ansporn sein, KI in Europa zu entwickeln und für alle gewinnbringend in Wirtschaft und Gesellschaft einzusetzen. Nur wenn wir technologisch starke KI-Systeme für unsere Zwecke selbst entwickeln – also auch nach unseren Wertvorstellungen –, werden wir technologische Souveränität zurückerobern und ökonomisch wettbewerbsfähig bleiben.“ [caption id="attachment_1539411" align="aligncenter" width="620"] Annika von Mutius ist studierte Mathematikerin und die Gründerin von Empion. (Foto: Empion)[/caption] Bluhm ergänzt: „Um nicht vollständig abhängig zu werden, müssen wir selbst aktiv werden und Maßnahmen ergreifen. Dazu müssen sowohl staatliche als auch europäische Förder- und Finanzierungsmöglichkeiten sowie privates Risikokapital massiv ausgebaut werden. Die potenzielle Investition von SAP in Aleph Alpha, ein Unternehmen, das eine eigenständige europäische KI entwickelt, ist aus meiner Sicht ein logischer und wichtiger Schritt. Wenn wir jetzt nicht handeln, ist es zu spät, um uns von der internationalen Abhängigkeit in den Bereichen Daten und Technologie zu lösen.“