Installation aus der Hölle: Wie ich Linux auf meinem Mac einrichten wollte – und dazu Windows brauchte

Linux Mint 20 Cinnamon. (Screenshot: Linux Mint)
Kürzlich haben wir in der Redaktion ein altes Macbook Pro ausgemustert, weil es keine MacOS-Updates mehr bekommt. Die Hardware funktioniert aber noch tadellos. Deshalb wollte ich darauf Linux installieren und es privat weiternutzen. Ich bin kein großer Computer-Frickler, aber das Macbook hat noch einen Intel-Prozessor – eine Linux-Installation sollte also nicht so schwer sein, dachte ich mir.
Entscheidung für Linux Mint
Ich entscheide mich für Linux Mint, weil ich es schlank und schnörkellos mag. Doch zunächst muss ich noch ein anderes Programm installieren: Balena Etcher. Seine einzige Aufgabe besteht darin, Installationsdateien auf einen Boot-fähigen USB-Stick zu „flashen“.
Das Tool hat eine sympathisch, aufgeräumte Oberfläche. Leider funktioniert es nicht – zumindest nicht mit den von mir ausprobierten Mint-Versionen. Egal, ob ich die Installationsdateien zuvor selbst herunterlade oder sie vom Etcher direkt aus dem Netz ziehen lassen: Immer wieder bekomme ich die Fehlermeldung „(0 , h.requestMetadata) is not a function“ – was auch immer mir das sagen soll.
Flashen ist der Flaschenhals
Ein Heise-Kollege verrät mir, dass der Fehler öfter vorkommt: „Leute berichten sowohl, dass Kompatibilitätsmodi und/oder Administratorrechte helfen würden, als auch das Gegenteil.“ (Wenigstens lag es nicht daran, dass ich mich zu doof angestellt habe.) Er empfiehlt mir, stattdessen das Tool Rufus zu nutzen. Und hier wird es ziemlich skurril, denn Rufus läuft nur unter Windows. Mit anderen Worten: Ich brauche einen Windows-Rechner, um Linux auf einem Macbook zu installieren.
Mit Rufus funktioniert die Installation dann tatsächlich. Es gibt zwar noch andere Tools, aber die bringen offenbar alle ihre eigenen Probleme mit sich. Außerdem wird bei den Tutorials ziemlich einhellig auf Balena Etcher verwiesen. Wer keine kompetenten Kolleg:innen fragen kann, muss sich ziemlich tief in das Thema reinbohren.
200 Millionen Euro für Microsoft-Lizenzen
Dabei richten sich viele Distributionen gerade an Leute, die einfach nur einen funktionierenden Rechner ohne viel Schnickschnack haben wollen. Dazu taugt Linux im Prinzip hervorragend – wenn man es denn erst einmal installiert bekommt. Doch das Flashen ist offenbar ein Flaschenhals, um dessen Beseitigung sich keiner kümmern mag.
Dahinter steht auch eine gesellschaftliche Aufgabe, die man nicht auf ein paar Unternehmen und eine Schar von Idealist:innen abwälzen sollte: Open-Source-Programme wie Linux reduzieren den Elektroschrott, reduzieren die Abhängigkeiten von amerikanischen Konzernen und sparen (Steuer-)Geld. Allein der Bund zahlte 2023 fast 200 Millionen Euro für Microsoft-Lizenzen.
Schleswig-Holstein zeigt, wie es gehen könnte
Dabei würde schon ein Bruchteil der ganzen Lizenzgebühren helfen, solche Nadelöhre im Linux-Ökosystem zu beseitigen. Dazu muss der Staat nicht selbst zum Entwickler werden – es würde schon helfen, besser mit den bestehenden Communitys zusammenzuarbeiten.
Wie das funktionieren könnte, zeigt Schleswig-Holstein. Es arbeitet als einziges Bundesland daran, auf Linux umzuschwenken. Dazu hat es unter anderem einen Auftrag vergeben, die Barrierefreiheit von LibreOffice zu verbessern. So etwas nutzt auch Bürgerinnen und Bürgern außerhalb von Schleswig-Holstein, und außerhalb von behördlichen Anwendungen. Jeder Euro dafür ist gut angelegt.
Was mich als alten Linux-Hasen hier etwas wundert: Unter Linux- und BSD-Systemen ist der empfohlene Weg, ein Installationsimage (das heute in der Regel im isohybrid- oder isoloopback-Format vorliegt) auf einen USB-Stick zu bekommen, das mitgelieferte Bordmittel „dd“. Hat keine so hübsche Oberfläche wie Etcher, erfüllt aber seinen Dienst klagenlos. Da macOS eigentlich auch ein BSD ist und im Terminal all die BSD-Werkzeuge mitbringt, hätte ich jetzt erwartet, dass Mac-User auf die Terminal-App und „dd“ hingewiesen werden. Ist das tatsächlich nicht der gewünschte Weg, oder hat Apple die BSD-Werkzeuge mittlerweile so kastriert dass sie z.B. nicht mehr direkt auf USB-Sticks zugreifen dürfen? (Frage ist ernst gemeint, ich besitze keinen Mac).
Desweiteren ist Rufus auch ein zweischneidiges Schwert. Viele Leute die es empfehlen, wissen nicht, dass Rufus das heruntergeladene Image nicht 1:1 auf den Stick verfrachtet wie es Etcher oder dd tun, sondern den Bootblock – in Abhängigkeit von der gewählten Distribution und teilweise auch der Hardware des Systems, auf dem der Stick erstellt wird, austauschen. Die Motivation hierzu ist eine noble (man will das Risiko minimieren, dass der Stick auf demselben System nicht bootet), das kann aber auch nach hinten losgehen (wenn man den Stick am eigenen System testet und dann Linux auf einer anderen Maschine z.B. eines Freundes installieren will, die dann nicht bootet). In seltenen Fällen (exotische Linux-Distribution auf exotischer Hardware geschrieben) sorgt der Bootblock auch dafür, dass das System zwar (genausogut oder besser) bootet, die Installation dann aber scheitert oder nicht funktioniert (obwohl sie mit dem Original-Bootblock funktoniert hätte). Und da hilft der Community-Support der Distribution dann nicht weiter sondern verweist auf Rufus.
Eine weitere Option, die ich empfehlen kann, welche auch den Bootblock austauscht, und auch erlaubt mehrere Systeme auf einen ausreichend großen Stick zu packen, ist Ventoy. Hier werden aber alle möglichen Bootblöcke auf den Stick geschrieben und man wählt beim Start des Systems aus, (1) welches System man (2) mit welchem Bootblock laden will. Es gibt leider auch keine macOS-Version des Ventoy-Installers, aber eine inoffizielle Anleitung wie man Ventoy unter macOS auf einen USB-Stick schreiben kann: reddit.com/r/osx/comments/xjyr7w/comment/ko9f7yk/