Investieren wie die Reichen: So funktionieren ELTIF 2.0

Seit Anfang des Jahres können Anleger:innen auch mit kleinem Geld abseits der Börse so investieren, wie es ansonsten nur Private-Equity-Gesellschaften oder Millionäre tun. Mit allen Vor- und Nachteilen. "Investieren wie die oberen Zehntausend" - unter diesem Slogan läuft gerade oft die Möglichkeit, Geld in sogenannte European Long-Term Investment Funds (ELTIF) zu investieren. Denn seit Anfang des Jahres wurden die Vorgaben für diese regulierten Finanzprodukte gelockert. Diese speziellen Fonds bieten eine Chance, jenseits der Börse direkt in bestimmte private Projekte und Unternehmen zu investieren. Das ist spannend, weil ein großer Teil der Realwirtschaft kein Kapital an der Börse aufnimmt, sondern sich andere Geldquellen sucht. Investitionsgelegenheiten in solche Unternehmen sind bislang jedoch meist reichen Investoren mit tiefen Taschen vorbehalten. Die Idee hinter den ELTIF ist, auch Kleinanleger:innen den Weg zu solchen Gelegenheiten zu ebnen. ELTIF werden als alternative Investmentfonds (AIF) aufgelegt. Das ist eine rechtliche Konstruktion für Sachwerteinvestments. Damit sind sie rein rechtlich gesehen ein Wertpapier und werden auch so in dein Depot eingebucht. In was investieren ELTIF? Das Geld fließt unter anderem in Kreditfonds (Private Debt), die Geld an Unternehmen vergeben. Oder es wird in einem Private-Equity-ELTIF als Beteiligungskapital genutzt, also direkt in eine Firma gesteckt. Zudem sind Investments in andere illiquide Vermögenswerte wie Infrastruktur- und Immobilien-Projekte oder in Forschung und Entwicklung möglich. [crosslinks ids="1549046,1526619,1571002"] Anleger:innen mussten bislang aber mindestens 10.000 Euro aufbringen, um ihr Geld "wie die Reichen“ investieren zu können. Außerdem durfte das investierte Kapital nicht mehr als zehn Prozent ihres Gesamtvermögens ausmachen. Faktisch mussten also mindestens 100.000 Euro auf dem Konto liegen. Die Renditeerwartungen bei ELTIF können sehr unterschiedlich ausfallen - je nachdem, in was genau investiert wird. Private-Equity-ELTIF streben oft eine zweistellige Rendite an, sagte Scope-Analystin Sonja Knorr dem Handelsblatt. Bei den anderen Asset-Klassen seien die Erwartungen niedriger. Was ist bei ELTIF 2.0 neu? ELTIF sind keine neue Erfindung: Sie wurden schon im Jahr 2015 von der EU eingeführt, um langfristige Investitionen in die europäische Realwirtschaft zu fördern. Bislang fristen sie jedoch ein Dasein als Nischenprodukt. In der EU gab es zuletzt rund 100 solche Angebote. Das soll sich nun aber ändern. Die EU will das Geschäft mit den ELTIF ankurbeln und hat dafür mit der ELTIF-2.0-Verordnung den Rechtsrahmen reformiert. Vor allem die hohen Eintrittshürden sind seit Januar 2024 Geschichte. Anleger:innen müssen nun keine Mindesteinlage mehr aufbringen und auch kein Mindestvermögen nachweisen. Auch die Anbieter bekommen mehr Freiheit, wenn sie einen ELTIF aufsetzen. So dürfen sie das Geld nun auch in Dachfonds investieren. Außerdem dürfen die Gelder teilweise in kleine und mittelständische Unternehmen sowie in einige liquide Vermögenswerte gesteckt werden. Ein Hoffnung bei der Reform: In Zukunft könnte beispielsweise das Impact-Investing durch ELTIF angekurbelt werden, weil das Geld der Kleinanleger:innen direkt in entsprechende Unternehmen gesteckt wird, die beispielsweise für Nachhaltigkeit stehen oder zur Energiewende beitragen. Welche Vor- und Nachteile haben ELTIF? Wer sich für einen ELTIF entscheidet, nimmt ein höheres Risiko in Kauf. Anders als bei börsennotierten Wertpapieren gibt es keine tägliche Bewertung der Investitionen durch den aktuellen Börsenkurs. Damit ist weniger transparent, was dein Investment gerade wert ist. Aber auch ELTIF sind dazu verpflichtet, ihre Wertentwicklung in regelmäßigen Abständen offenzulegen. Außerdem sind die Gelder in ELTIF langfristig gebunden, meist zwischen acht und zehn Jahre. Damit sind sie als Investitionsmöglichkeit deutlich weniger flexibel als etwa ETF (Exchange Traded Funds), die an der Börse gehandelt werden. Wer vor der Zeit wieder an sein Geld will, muss hohe Aufschläge zahlen – eine Rücknahmepflicht aufseiten der Anbieter gibt es nicht. Die neuen Bestimmungen erlauben es aber, sogenannten semiliquide Fonds aufzulegen. Solche Fonds könnten Anleger:innen dann die Möglichkeit einräumen, ihre Anteile wieder zu verkaufen - und so den vermeintlichen Nachteil der ELTIF ausbügeln. Kommt jetzt der ELTIF-Boom? Experten gehen davon aus, dass unter den neuen Bedingungen jetzt viele der etablierten Anbieter wie etwa Blackrock, Goldman Sachs oder Pictet neue ELTIF auflegen werden. Union Investment ist Anfang des Jahres direkt vorgeprescht und bietet einen neuen ELTIF mit dem Fokus auf Infrastruktur an. Laut dem Blog FinanceFWD planen auch viele Fintechs wie Liquid, Nao oder Moonfare entsprechende Angebote. Doch selbst wenn das Angebot jetzt deutlich breiter wird, ist es fraglich, ob sich die Anleger:innen sofort auf die neuen Investitionsmöglichkeiten stürzen werden. Denn auch nach den Reformen bleiben sie im Vergleich zu breit gefächerten ETF inflexiblere und auch riskantere Produkte, bei denen Investor:innen sehr genau hinschauen müssen, in was sie da genau ihr Geld stecken.