ISS: Team testet erfolgreich deutsche Gecko-Technologie gegen Weltraumschrott

Weltraumschrott wird dank des Kessler-Effekts zu einer steigenden Bedrohung. (Collage: Dotted Yeti/Shutterstock.com mit Material der NASA)
Bereits zentimetergroße Teile können bei einer Kollision mit noch funktionierenden Raumfahrzeugen oder Satelliten verheerenden Schaden anrichten. Schätzungen gehen von 600.000 Trümmerteilen in den Umlaufbahnen aus. Das Problem nimmt immer stärker zu. Damit steigt die Wahrscheinlichkeit einer fatalen Kettenreaktion namens Kessler-Syndrom: Schrott kollidiert mit Schrott, reißt ihn in Stücke und verwandelt ihn in ein Schrapnell. Eine Kooperation aus Wissenschaftlern der Technischen Universität Braunschweig mit dem Saarbrücker Leibniz-Institut für Neue Materialien (INM) haben eine neue Methode gefunden, die gefährlichen Objekte einzusammeln. Die ISS-Besatzung hat ihre Wirksamkeit nun in Tests bestätigt.

ISS-Astronaut Victor Glover testet Klebe-Materialien aus Saarbrücken und Braunschweig. (Foto. IRAS/TU Braunschweig)
Die Reste von abgeschlossenen Missionen und ausgedienten Satelliten lassen sich nur schwer einfangen. Im Vakuum des Weltraums funktionieren keine konventionellen Sauggreifsysteme und die Objekte zeigen sich wenig kooperativ. Daher haben Materialforscher der INM um René Hensel zwei neuartige Haftschichten entwickelt. Als Quelle der Inspiration dienten die Füße von Geckos. Die Echsen können sich dank winziger Lamellenstrukturen an den Sohlen auch kopfüber an Zimmerdecken bewegen. Der Trick besteht in der riesigen Oberfläche auf kleinstem Raum: Zwischen den Strukturen und dem Untergrund wirken sogenannte Van-der-Waals-Kräfte. Das sind Anziehungskräfte auf Molekülebene. Diesem Mechanismus bedienen sich die Klebematerialien aus einem flexiblen Silikon. Die Forscher haben den Kunststoff in mikrometerkleinen Noppen angeordnet und erzielen so den gleichen Effekt wie beim Vorbild aus der Natur. Verschiedene Größen der Mikro-Wülste sind dabei für unterschiedlich große „Klebeopfer“ gedacht.

Shannon Walker testete schon im Dezember die neue Docking-Methode. (Foto: NASA)
Die beiden Astronauten Victor Glover und Shannon Walker zeigten kürzlich den Mechanismus im schwerelosen Einsatz. Dabei statteten sie würfelförmige Roboter, sogenannte Astrobees, mit den neuen Materialien aus. Das Besondere an der Docking-Methode: Sie kann automatisiert ablaufen. Die Adhäsionskräfte lassen sich über die Geschwindigkeit des Sammelsatelliten aktivieren. Das Ausrichten und Dämpfen bei Objektkontakt passiert passiv. In den Experimenten probierte die ISS-Besatzung verschiedene Haftmaterialien an diversen Werkstoffen aus: Acrylglas, Multilayer-Isolation, Aluminium. Diese Oberflächen verwendet man normalerweise beim Bau von Satelliten. Der neue Docking-Mechanismus lässt sich eventuell auch auf kleineren Plattformen implementieren. Angesichts der extrem steigenden Anzahl von Weltraumobjekten – Stichwort Starlink – scheint eine systematische Weltraumschrottentsorgung dringend geboten.
Bitte beachte unsere Community-Richtlinien
Wir freuen uns über kontroverse Diskussionen, die gerne auch mal hitzig geführt werden dürfen. Beleidigende, grob anstößige, rassistische und strafrechtlich relevante Äußerungen und Beiträge tolerieren wir nicht. Bitte achte darauf, dass du keine Texte veröffentlichst, für die du keine ausdrückliche Erlaubnis des Urhebers hast. Ebenfalls nicht erlaubt ist der Missbrauch der Webangebote unter t3n.de als Werbeplattform. Die Nennung von Produktnamen, Herstellern, Dienstleistern und Websites ist nur dann zulässig, wenn damit nicht vorrangig der Zweck der Werbung verfolgt wird. Wir behalten uns vor, Beiträge, die diese Regeln verletzen, zu löschen und Accounts zeitweilig oder auf Dauer zu sperren.
Trotz all dieser notwendigen Regeln: Diskutiere kontrovers, sage anderen deine Meinung, trage mit weiterführenden Informationen zum Wissensaustausch bei, aber bleibe dabei fair und respektiere die Meinung anderer. Wir wünschen Dir viel Spaß mit den Webangeboten von t3n und freuen uns auf spannende Beiträge.
Dein t3n-Team