Schlafkiller Koffein: Warum zwei Tassen Kaffee reichen, um deine Nacht zu ruinieren

Die Studie, die im April 2025 im Fachjournal Communications Biology erschienen ist, nutzt Methoden der künstlichen Intelligenz, um die feinen Veränderungen in den Gehirnströmen der Teilnehmer:innen zu analysieren.
Das Gehirn als hyperaktives Orchester
Um die Ergebnisse zu verstehen, müsst ihr euch das Konzept der „Kritikalität“ vorstellen. Es beschreibt den idealen Betriebszustand des Gehirns, der perfekt zwischen Ordnung und Chaos balanciert ist, um auf Reize reagieren zu können. Karim Jerbi, Professor für Psychologie und einer der Studienleiter, erklärt es so: „Es ist wie ein Orchester: zu leise und nichts passiert, zu chaotisch und es entsteht Kakofonie.“
Dieser Zustand ist tagsüber für die Konzentration essenziell. Die Studie belegt jedoch, dass Koffein das Gehirn auch nachts in diesem reaktiven Modus hält. Anstatt vollständig herunterzufahren, bleibt es gewissermaßen betriebsbereit. Die Folge: Die für die physische und kognitive Regeneration entscheidenden Tiefschlafphasen werden weniger erholsam.
Junge Tech-Worker besonders betroffen
Für die Untersuchung erhielten 40 gesunde Erwachsene an einem Abend Koffein-Kapseln mit 200 Milligramm Wirkstoff – die Dosis von etwa zwei Tassen Kaffee. In einer anderen Nacht bekamen sie ein Placebo. Das Team um den Erstautor Philipp Thölke und die Schlafexpertin Julie Carrier zeichnete die Gehirnaktivität mittels EEG auf.
Ein zentrales Ergebnis für die in der Tech-Branche verbreitete Koffein-Kultur: Der Effekt war bei jungen Erwachsenen zwischen 20 und 27 Jahren deutlich stärker ausgeprägt als bei der Gruppe der 41- bis 58-Jährigen. Der Grund dafür ist biologisch: Jüngere Menschen besitzen eine höhere Dichte an Adenosin-Rezeptoren im Gehirn, die von Koffein blockiert werden. Da diese Rezeptoren mit dem Alter abnehmen, lässt auch die Wirkung nach.
Die Analyse der Gehirnwellen bestätigt den Befund. Koffein dämpft die langsamen Theta- und Alpha-Wellen, die tiefen Schlaf kennzeichnen, und verstärkt gleichzeitig die Beta-Wellen, die typisch für den Wachzustand sind. Statt zu regenerieren, arbeitet das Gehirn also weiter.
Die Erkenntnisse sind kein Plädoyer gegen den Kaffeegenuss. Sie liefern aber eine wissenschaftliche Erklärung dafür, warum die Qualität des Schlafs entscheidender ist als seine reine Dauer – und warum der zeitliche Abstand zwischen der letzten Tasse Kaffee und dem Zubettgehen, gerade für jüngere Menschen, eine bewusste Entscheidung für die eigene Erholung sein sollte.