Was Millennials im Job wollen

Besonders für kleine Teams und Startups ist die Personalsuche ein kritischer Faktor. Im heutigen t3n-Startups-Briefing schreibt unsere Autorin Insa Schniedermeier darüber, was gut ausgebildete Millennials im Job wollen und wie man sie halten kann. Nachdem die meisten Unternehmen und Startups in den letzten beiden Jahren der Corona-Pandemie ihren Umgang mit der Remote-Arbeit gefunden haben, scheint die neue große Wirtschaftsfrage zu lauten: Wie finde und halte ich gutes Personal? „Wir finden einfach keine Leute“, beklagte sich neulich ein Gründer-Freund bei mir. Insbesondere wollten sie gerne eine Frau einstellen, aber: „Es bewirbt sich einfach keine.“ Besonders für kleine Teams und Startups sind die richtigen Leute ein kritischer Erfolgsfaktor. Wie finde und halte ich gutes Personal? Branchenstudien wie der Deutsche Startup Monitor oder der Green Startup Monitor 2022 zeigen, dass Startups immer mehr Arbeitsplätze schaffen. Gleichzeitig haben sie oft Schwierigkeiten damit, diese Arbeitsplätze auch mit den richtigen Talenten zu besetzen. Laut Deutschem Startup Monitor bezeichnen 27 Prozent der befragten Startup-Gründer:innen die Personalsuche als ihre aktuell größte Hürde – zehn Prozentpunkte mehr als im Vorjahr. Und auch unter den grünen Startups ist die Personalplanung als Herausforderung um sechs Prozentpunkte im Vergleich zum Vorjahr gestiegen – eine größere Differenz als in allen anderen Kategorien. Was also tun? Was wollen Millennials im Job? [caption id="attachment_1456451" align="aligncenter" width="620"] Die Personalplanung ist als Herausforderung um sechs Prozentpunkte im Vergleich zum Vorjahr gestiegen – mehr als alle anderen Kategorien. (Grafik: Green Startup Monitor 2022)[/caption] Exkurs: Quarterlife-Crisis Ich selbst habe in meiner Karriere bereits einige Jobwechsel vollzogen. Ich war nicht schon immer Redakteurin. Obwohl meine besten Fächer in der Schule Sport, Chemie und Kunst waren, entschied ich mich dazu, BWL zu studieren, einfach weil ich mir einen sicheren Job wünschte und gutes Geld verdienen wollte. Eine schlechte alleinige Motivation, wie ich später feststellte. Denn obwohl ich anschließend emsig die Karriereleiter hinaufkletterte, musste ich spätestens mit Ende 20 feststellen, dass ich irgendwie auf der falschen Leiter gelandet war. So begann ich mir damals große und unangenehme Fragen zu stelle – und zu überlegen, was ich überhaupt vom Leben und meinem Job wollte. Ohne zu wissen, was kommt, sagte ich damals eine von außen betrachtetet große Chance bei Zalando ab – und entschied mich stattdessen für Teilzeitjob und Raum für eigene Projekte. Passion-Projekte, die für viele in meinem engeren Umfeld wohl keinen großen Sinn machten, wie der Start meines Blogs oder eine Yogalehrer-Ausbildung. Durch diese Trial-and-Error-Zeit damals und mit jedem Job, den ich seitdem gemacht habe, fand ich mehr heraus, was ich will, und was mir wichtig ist. Und das ist mehr als Geld allein. Rückblickend hatte ich damals wohl so etwas wie eine Quarterlife-Crisis – eine Identitätskrise, die viele in ihren Zwanzigern und frühen Dreißigern erleben. Einer Studie von Linkedin zufolge sind circa 70 Prozent der 20- bis 30-Jährigen in Deutschland davon betroffen. Das führt dann dazu, dass wir als sprunghaft und entitled gelten – dabei suchen viele von uns einfach einen Job mit Impact und Purpose, der zu unseren individuellen Talenten und Fähigkeiten passt. Meiner Meinung nach sind es vor allem folgende drei Punkte, mit denen es Startups und andere Unternehmen schaffen können, gut ausgebildete Millennials für sich zu gewinnen und langfristig zu halten: Wertschätzung Wenn ich von mir und meinen Freund:innen ausgehe, dann kann ich sagen, dass wir uns nicht mehr von Geld allein catchen lassen. Für mich ist das Gefühl der Wertschätzung wichtiger – das beginnt beim Gehalt, aber endet nicht da. Geld ist für mich eher eine Art Energieausgleich, wenn man das ein wenig spirituell formulieren möchte. Aber zu einem Gefühl der Wertschätzung gehören für mich auch: Feedback, Konversationen auf Augenhöhe, Transparenz, Entwicklungsmöglichkeiten, Vertrauen und Lob. Individuelle Ziele Für mich und viele meiner Peers ist es extrem wichtig, eine Arbeit zu machen, die zu unserer Persönlichkeit, unseren Talenten und unseren Zielen passt. Ich habe beispielsweise meinen letzten Job aus genau diesem Grund gewechselt. In meiner vorigen Rolle hatte ich viele Management-Aufgaben, war mit Redigieren und strategischer Planung beschäftigt. Dabei habe ich festgestellt, dass ich viel lieber selbst schreibe und Content kreiere. Hier sehe ich großes Potenzial bei Recruiter:innen und Headhunter:innen, um im Interviewprozess wirklich herauszufinden, was junge Talente wollen, um so entsprechend anzustellen – unterstützt von Apps und neuen digitalen Tools. [crosslinks ids="1456440,1422568,1459191"] Kultur Auch starke Unternehmenswerte und eine gesunde Unternehmenskultur sind mir wichtig. Vertrauen und Transparenz zählen dabei für mich mehr als ein Obstkorb im Office. Meine individuellen Entwicklungsmöglichkeiten wiegen mehr als Yogakurse im Büro. Und Integrität wird für mich immer ein Firmenhandy schlagen, sprich: Die Unternehmenskultur muss deckungsgleich sein mit dem Bild, das nach außen kommuniziert wird. Zur Kultur gehört für mich auch, wie Mitarbeitende in einem Unternehmen miteinander umgehen. Beim Hiring muss daher darauf geachtet werden, dass nicht nur auf Skills, sondern auch auf den Kulturfit geachtet wird. Wir Menschen sind soziale Wesen und haben besonders durch die Corona-Einsamkeit gemerkt, wie wichtig soziale und zwischenmenschliche Beziehungen für uns sind. Unternehmen sind soziale Konstrukte, und passen die Kolleg:innen zusammen, so entsteht ein starkes Gefühl von Identität und Zusammengehörigkeit. Wollen wir das nicht alle? Interaktion statt Transaktion. Sein statt Schein. Das wird meiner Meinung nach beim Hiring am Ende des Tages den Unterschied machen. Dafür bin ich jedenfalls bereit, mich auf einen Job festzulegen – auch als Millennial.