Ist die Modebranche noch zu retten?

Auf der einen Seite kritisiert für ihre Umweltsünden auf der anderen Seite gebeutelt von der Corona-Pandemie ist die Modebranche derzeit Buhmann und Opfer zugleich. Doch es gibt Hoffnung. Drei Trends könnten ihr 2022 aus dem Schlamassel helfen. Die Modebranche hat es derzeit nicht leicht. Durch die Lockdowns in der Corona-Pandemie blieben Geschäfte wochenlang geschlossen und Marken auf ihren Bestellungen sitzen. Erhebliche Umsatzeinbußen waren die Folge, wie die Studie „The State of Fashion 2022“ zeigt, die gestern von der Unternehmensberatung McKinsey & Company und The Business of Fashion (BoF) vorgestellt wurde. [caption id="attachment_1434024" align="aligncenter" width="620"] Expert:innen erwarten eine Erholung der Modebranche. (Grafik: McKinsey & Company – „The State of Fashion 2022“-Report)[/caption] Same same but… Doch die für den Report befragten Expert:innen sind optimistisch: Sie sprechen von einer „V-shaped recovery“ der Modebranche und rechnen für 2022 mit einem erneuten Aufschwung. Was nicht heißt, dass es keine Probleme mehr geben wird. Nur eben andere. Ihnen zufolge wird es nicht mehr die globale Pandemie sein, die die Modebranche vor drängende Herausforderungen stellt, sondern insbesondere die anhaltenden Probleme in den globalen Lieferketten sowie das Thema Nachhaltigkeit, für das das Gros der Modebranche bislang ja nicht wirklich bekannt ist. Das schmutzige Geschäft der Modeindustrie Erst Anfang dieser Woche veröffentlichte die NGO Stand.earth zusammen mit Slow Factory eine Studie, die mehr als 100 Modemarken mit der Abholzung des Amazonas-Regenwaldes in Verbindung bringt. Darunter sind Marken wie H&M, Zara, Adidas, Nike sowie der Luxusgüterkonzern LVMH. Hinzu kommen der hohe Wasserverbrauch der Branche (für eine Jeans werden bis zu 10.000 Liter Wasser benötigt), der hohe Emissionsausstoß (zehn Prozent der weltweiten CO2-Emissionen gehen aufs Konto der Modebranche), giftige Abwässer, Müllberge und Mikroplastik in den Meeren – von den oft katastrophalen Arbeitsbedingungen in den Fabriken ganz zu schweigen. Autsch! [caption id="attachment_1434030" align="aligncenter" width="620"] Die größten Chancen für 2022 werden im Digitalen sowie im Bereich Nachhaltigkeit gesehen. (Grafik: McKinsey & Company – „The State of Fashion 2022“-Report)[/caption] Doch aus Herausforderungen können bekanntlich auch Chancen entstehen. Insbesondere folgende drei Bereiche gelten für 2022 als vielversprechend: 1. Trend: Digitale Güter wie NFT Online-Modehändler:innen gehörten zu den Gewinner:innen der Pandemie. Der E-Tailer Zalando beispielsweise konnte im Geschäftsjahr 2020 seine Umsätze um 23,1 Prozent auf acht Milliarden Euro steigern. Für das Geschäftsjahr 2021 wird ein weiteres Wachstum des Bruttowarenvolumens von 27 bis 32 Prozent erwartet. Dieser Trend wird sich wohl auch 2022 weiter fortsetzen. Doch nicht nur Onlineshopping bietet neue Möglichkeiten für Startups und die digitale Wirtschaft, sondern auch das „Metaverse“. Darin bieten sich neue Wertschöpfungsmodelle durch digitale Vermögenswerte wie NFT, Gaming-Skins und virtuelle Mode. Auch der In-App-Handel wird eine zunehmend wichtige Rolle im Vertrieb und Marketing spielen. 2. Trend: Nachhaltigkeit Kreislaufwirtschaft und Second-Hand-Shopping, Alternativen zu Leder und Plastik, mehr Transparenz in den Lieferketten, weniger Emissionen – all dies sind Bereiche, in denen 2022 und beyond Innovation gefragt ist. Ideen gibt es bereits. Um nur drei Beispiele zu nennen: Das Berliner Startup Kleiderly stellt aus Textilabfällen recyceltes Plastik her und produziert daraus Sonnenbrillen. Mylo Unleather produziert eine Lederalternativen aus Pilzwurzeln, die beispielsweise beim Mylo Sneaker von Adidas verwendet wird. Pinatex produziert eine Lederalternative aus Ananasfasern, die unter anderem von Nike dieses Jahr für ihre „Happy Pineapple“-Kollektion genutzt wurde. Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an Ein Beitrag geteilt von Piñatex® by Ananas Anam (@pinatex) 3. Trend: Communities Im Bereich Verbraucher-Engagement können Marken insbesondere von zwei Trends profitieren: der Nutzung von Daten, um Konsument:innen noch persönlicher ansprechen zu können, und dem Aufbau von Communities. Darauf setzt auch der Ex-Adidas-Head Till Jagla mit seiner neuen Sneaker-Brand Flowers for Society (FFS). Er verbindet damit einfach mal lässig alle drei Trends miteinander: Seine Sneaker kommen zusammen mit einem NFT, das als virtuelle Eintrittskarte Zugang zu exklusiven Events und ausgewähltem Merch dient. Doch nicht nur das: Durch das NFT wird man Teil einer „geschlossenen Gesellschaft“ und erhält Zugang zur FFS-Community. Diese soll nicht nur konsumieren können, sondern zu einem aktiven Teil der Marke werden, indem sie bei Kollaborationen und anderen Entscheidungen mitreden kann – eine neue Form des Stimmrechts also. Bei der Produktion setzt Jagla auf nachhaltige und vegane Materialien und einen Vorverkaufsmechanismus, durch den nur das produziert werden soll, was auch wirklich verbraucht wird. Sein Ziel: Zero-Waste. Wieso, weshalb, warum haben wir uns in der aktuellen Magazinausgabe dem Thema Climate-Tech und Nachhaltige KI gewidmet? Die t3n-Redaktion stellt sich euren Fragen und gibt Einblicke hinter die Kulissen des Magazins. Wo? Beim virtuellen Meetup am 9. Dezember um 17 Uhr. Seid dabei!