Nach Unternehmensbewertung: 11 Einhorn-Anwärter kommen aus Deutschland

Ein neuer Report zeigt die 50 Scaleups in Europa, die die größten Chancen haben, zum Unicorn-Status aufzusteigen. Ausgewählt wurde anhand der Unternehmensbewertung. Die VC-Initiative Tech Tour hat am 22. Februar seine neue Liste mit den 50 Scaleups in Europa veröffentlicht, die die größten Chancen haben, zum Unicorn-Status aufzusteigen. Elf der Unternehmen kommen aus Deutschland. Mit dabei: 1 Komma 5 Grad und Avi Medical. Für die Liste wurden diejenigen Startups ausgewählt, die einerseits Wagniskapital aufgenommen haben, also nicht eigenkapitalfinanziert sind, andererseits bereits jetzt mit mehr als 100 Millionen Euro bewertet werden und zudem das Potenzial haben, eine Milliardenbewertung zu bekommen und damit zum Einhorn aufzusteigen. Aus Deutschland sind das neben den genannten: Hive MQ, Navvis, Y42, Ada Health, Resolve Biosciences, Caresyntax, Sunfire, Electrochaea und Hydrogenius LOHC Technologies. 11 Einhorn-Anwärter aus Deutschland Doch wie kommt eine solche Unternehmensbewertung überhaupt zustande? Bei der Bewertung spielten weder die Höhe der Finanzierung noch die Meinung von Konsument:innen eine Rolle, sagte Christian Lautner von Heal Capital im Juli 2022 gegenüber t3n. Ihm zufolge sind es die Investor:innen, die, basierend auf der Marktentwicklung, Potenziale und Risiken bewerten und das in ihre Urteile einfließen lassen. Sie schauen darauf, wie sich der Markt entwickelt und wie andere Unternehmen in dem Bereich performen. [crosslinks ids="1517566,1535028,1485394"] Ein guter Anhaltspunkt dafür sei die Börse. Das funktioniere auch bei nicht-börsennotierten Unternehmen wie Klarna. „Klarna ist ja ein privates Unternehmen, kann aber mittlerweile von seiner Größenordnung mit börsennotierten Unternehmen verglichen werden“, so Lautner. Klarna hat im letzten Jahr Schlagzeilen gemacht, da die Unternehmensbewertung um 85 Prozent eingebrochen war: Sie sank von 45,6 Milliarden auf 6,7 Milliarden US-Dollar. Von einem Tag auf den anderen war Klarna nicht mehr Europas wertvollstes nicht-börsennotiertes Startup. 1. Vergleich mit börsennotierten Unternehmen „Die Börse ist ein Indikator dafür, was Investor:innen derzeit bereit sind, an Multiples auf Umsatz oder Gewinn zu zahlen, wenn ich das Unternehmen verkaufen würde“, sagt Lautner. „Das hängt auch vom gesamten Marktumfeld ab.“ [caption id="attachment_1485702" align="aligncenter" width="620"] Investor Christian Lautner. (Foto: Heal Capital)[/caption] 2. Bewertung von Marktrisiken Ein weiterer Punkt, der in die Bewertung von Unternehmen einfließt, ist die gesamtwirtschaftliche Situation - und die sieht bereits seit Monaten für viele Tech-Unternehmen alles andere als rosig aus. „Startups können sich nicht mehr so leicht finanzieren wie noch vor einigen Monaten“, sagt Marlon Braumann, Partner bei Elevat 3 Capital. „Vereinfacht gesagt ist das so, weil Geld wieder einen Preis bekommt und teurer wird.“ Schuld ist die nach wie vor wirtschaftlich angespannte Lage als Folge von covid- und kriegsbedingten Knappheiten in den Lieferketten, die für Inflation und sogar Rezession sorgen. „Die Inflation wird durch Zentralbanken mit höheren Zinsen und gestoppten Anleihenkäufen bekämpft. Dies sorgt vor allem bei den Unternehmen für fallende Bewertungen, deren Gewinn erst sehr weit in der Zukunft liegt, und zieht folglich Geld aus der VC-Industrie. Investor:innen werden zurückhaltender, Startups müssen sparen“, sagt Braumann. 3. Bewertung von individuellen Chancen und Risiken Hinzu kommen individuelle Risiken. Bei Klarna ist das beispielsweise die „Buy now, pay later“-Strategie, die sowohl positive als auch negative Effekte haben könne. „Ich würde mir da auf jeden Fall das Ausfallrisiko anschauen“, sagt Investor Lautner. „Dadurch, dass sich der Markt verändert, muss man auch bei Banken beispielsweise mit Kreditausfällen rechnen.“ Hinzu kommt das veränderte Konsumklima. Laut Statista erreichte dieses im Oktober seinen Tiefpunkt und erholt sich derzeit langsam wieder. Bei der Bekanntgabe von Klarnas neuer Bewertung befand sich im Juli 2022 das Konsumklima auf einer monatelangen Talfahrt. [caption id="attachment_1536191" align="aligncenter" width="620"] GfK-Konsumklima-Index von Januar 2021 bis Januar 2023 und Prognose für Februar 202. (Grafik: Statista)[/caption] „Wenn der Konsumdrang mit den Preissteigerungen nachlässt, dann ist das natürlich auch ein Thema, das in Klarnas Bewertung einfließen muss“, so Lautner. Am Ende sei jedoch alles Glaskugellesen. Was die elf Einhorn-Anwärter jedoch zeigen, ist eine Richtung, in die sich der Markt entwickelt, nämlich zugunsten von Health-Tech und Climate-Unternehmen sowie innovativen digitalen Lösungen.