PR: Kein Spagat zwischen Werbung und Journalismus!

PR wird gern als Mix aus Journalismus und Werbung betitelt. Ist es gar nicht. Und das ist auch gut so! Du machst PR? Dann machst du keinen Journalismus und keine redaktionellen Inhalte, sondern Werbung. Du hast Kund:innen, für die du Reichweite und Formen von Content-Marketing erzielen willst. Es geht um ein Unternehmen, das Image, die Produkte. Das sind werbliche Inhalte – da ist es egal, wie förmlich oder neutral es formuliert wird. Ich muss dir direkt einen Zahn ziehen: PR-Mails sind in der Regel nicht super wichtig für die Redaktionen. Es gibt viele Themen, die ein wenig interessant sind und damit in dem Pool von mittel-wichtigen Mails bestehen. Umso wichtiger ist es, Energie nicht zu verschwenden, um offensichtliche Werbung als Pseudo-Journalismus zu tarnen. Redakteur:innen wissen, dass es Werbung ist. Nutze daher für deine Mailings die Kraft des Marketings. Deswegen hier, aus der redaktionellen Seite und mit einer Prise Eigeninteresse, ein paar Tipps für bessere PR mit mehr Erfolg: 1. Zielgruppenspezifische Ansprache Schau dir an, wem du schreibst, und betrachte die Pressemeldung als Copy, nicht als redaktionellen Inhalt. Welcher Person von welchem Medium schreibst du? Wie ist der Ton dort? Wird geduzt, gesiezt? Schau dir die Redakteur:innen auf Linkedin an. Zum Beispiel: Wer mich siezt, hat sich nicht mit t3n und mir als Redakteurin auseinandergesetzt. Personalisierung wirkt viel besser als die langatmigen, versucht neutralen Copy-Paste-Texte! [crosslinks ids="1452355,1448393,1446600"] 2. Die richtigen Ansprechpartner:innen Bei mir landen viele Meldungen, die nicht in das Marketing-Ressort gehören. Ein neuer Logistikstandort eines Onlineshops gehört in das E-Commerce-Ressort, da findest du schnell heraus, dass mein Kollege Tobias Weidemann verantwortlich ist. Eine Organisation für die Vier-Tage-Woche gehört in Arbeitswelt, Andreas Weck ist zuständig. Alles rund um Bitcoin bitte zu New Finance, Nadine Graf. Manchmal leiten wir uns Themen weiter. In der Regel landen sie aber im Papierkorb. Du pitchst einen neuen Babybrei ja auch nicht einem Schuhladen. 3. Betrachte deine Pressemeldungen wie einen Produkttext Du musst nicht neutral klingen, du machst Werbung! Nutz die Sprache aus dem Copywriting. Schreibe einfach, schnell verständlich und so, dass es in Erinnerung bleibt. Mach uns das Thema schmackhaft! Das geschieht aber nicht durch zig Absätze inhaltsleerer Zitate des höheren Managements. Hier ein Beispiel: „Mit dem Project [Projekt] sind wir bereits vor über einem Jahr einen wichtigen Schritt gegangen, um den CO2-Fußabdruck von Media-Kampagnen wirksam auszugleichen“, so [Person], Managing Director von [Marke]. „Die Zertifizierung bestätigt uns von unabhängiger Stelle, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Dies ist für uns ein toller Erfolg, auf dem wir uns natürlich nicht ausruhen wollen. Unsere Mission ist es, für klimaneutrale Werbung sämtliche Schritte entlang der Wertschöpfungskette zu optimieren. So planen wir zukünftig z. B. auch die Produktion der Werbemittel mit [Projekt] klimaneutral zu gestalten sowie die Identifikation von Vermeidungspotenzialen, um die Net-Zero-Ziele von [Marke] bis 2030 zu erfüllen. Dem tragen wir Rechnung mit der neu geschaffenen Position des Sustainability Leads innerhalb von [Marke], die ab sofort von [Person] übernommen wird.“ Das ist ein langer Absatz voller leerer Floskeln. Ich berichte darüber nicht, weil mir gar nicht klar wird: Wie wird die Klimaneutralität gemessen? Was bedeutet das für Werbende, für Publisher, für Konsument:innen? Bei einer Produktbeschreibung sollte der Fokus darauf liegen, was die Kund:innen vom Produkt haben – das ist bei einer Pressemeldung nicht anders. Stattdessen lese ich hier Selbstbeweihräucherung („unabhängig zertifiziert, toller Erfolg, wir wollen mehr“), aber keine konkreten Informationen. Noch dazu kann ich dir nach dem Schließen der Mail nicht sagen, was ich da gerade überflogen habe. Eine Pressemeldung ist wie ein Produkttext. Schreib sie auch so! Sonst konvertierst du nicht. 4. Viel hilft nicht viel! Viel ist gleich Spam. Das Thema wird nicht relevanter, je mehr Personen in der Redaktion du es schickst. Es wird auch nicht relevanter, wenn du es mir auf mehreren Kanälen pitchst. Und es wird auch nicht relevanter, wenn du mir dieselbe Mail jede Woche schickst. Schicke es ausgewählten Redakteur:innen mit guter Copy und warte ab, ob es eine Reaktion gibt. Denn: 5. Hab Verständnis für redaktionelle Abläufe In einer Redaktion machen nicht einfach alle, worauf sie Lust haben. Für die grundsätzliche thematische Ausrichtung gibt es Chefredaktion, Redaktionsleitung und die Chef:innen vom Dienst. Das heißt: Redakteur:innen schlagen Themen vor – und die werden manchmal abgelehnt. Wenn ihr also ein Thema an Redakteur:innen herantragt, müsst ihr nicht nachfragen oder diskutieren – kann einfach sein, dass Chef:in Nein gesagt hat. Das müsst ihr genauso akzeptieren wie wir. Außerdem: Wenn du Sonderformate wie Gastbeiträge in Anspruch nehmen möchtest, informiere dich vorher über die Abläufe! Jedes Medium hat Voraussetzungen für solche Formate veröffentlicht. Bevor irgendjemand zu schreiben beginnt: Lies sie dir durch! Redaktionen haben eigene Standards. Selbst wenn dein:e Kund:in gutes Content-Marketing macht, ist das noch kein guter journalistischer Text. Das muss ohnehin alles umgeschrieben werden – setz dich also zuerst mit der Redaktion zusammen, bevor irgendwer Word öffnet. [crosslinks ids=277791] 6. CAPSLOCK MACHT DICH NICHT SYMPATHISCHER Das hast du vielleicht selbst gemerkt, als du die Überschrift gelesen hast. Das ist zugegeben für mich persönlich ein ABSOLUTES No-Go – aber auch allgemein bringt Capslock gar nichts. Sicherlich, du fällst in der BETREFFZEILE kurz auf, aber auch nur, weil du mich wegen einer Kleinigkeit anbrüllst. Journalist:innen bekommen täglich zig PRESSEMELDUNGEN, und SELTEN ist davon etwas wirklich WICHTIG. Dazu macht es dich und deine PR-Agentur unsympathisch und UNPROFESSIONELL – dann werden im schlimmsten Fall alle deine Vorschläge weniger ernst genommen. Zweitens wollte ich oben demonstrieren: Einzelne Wörter in Capslock zu schreiben irritiert mehr, als dass es hilft. Journalist:innen und Redakteur:innen arbeiten mit Sprache – sie werden selbst in der Lage sein, die wichtigsten Fakten zu erkennen. Du brauchst sie nicht zu markieren, weder mit Fettdruck noch mit Capslock – für uns ist höchstwahrscheinlich sowieso etwas ganz anderes interessant als das, was du markiert hast. [articlegallery id="63"] 7. Nein heißt Nein Haben wir ein Thema abgelehnt, ist das unverrückbar. Sollte sich da was ändern, kommen wir auf dich zu. Sieh davon ab, ein Thema jeden Monat neu zu pitchen. Auch wenn wir von vornherein Themen ausschließen, wie im t3n-Marketing Ressort Personalsachen oder welche Agentur welchen Pitch gewonnen hat: akzeptiere das. Schick nicht trotzdem Mails damit – dieser eine CMO ist nicht wichtiger als alle anderen. Ich werde es nicht aufnehmen. 8. Bilder, Bilder, Bilder Ein durchschnittlicher Artikel braucht mindestens ein Artikelbild, siehe oben. Wenn du möchtest, dass eine Pressemitteilung aufgegriffen wird, mach es den Journalist:innen so bequem wie möglich: Sende Bildmaterial mit; Querformate mit guter Auflösung und in Farbe. Das Logo reicht nicht aus, um damit das Artikelbild zu stellen und ist dazu Marketingmaterial, das redaktionell meistens nicht aufgenommen wird. (Du machst Werbung, Redaktionen nicht.) Idealerweise machst du von allen Personen, die öfter in der Presse zu Wort kommen, ein gutes Bild im Hochformat für die Socials und eines im Querformat, für Print- und Online-Journalismus. Noch mehr Tipps dazu, wie du bei Journalist:innen und Redakteur:innen mehr Erfolg hast, erfährst du von unserem Chefredakteur Holger Schellkopf und der Startups-&-Economy-Redakteurin Insa Schniedermeier. Sie haben auf der OMR eine Masterclass dazu gehalten: [youtube zskBkmIGrqw]