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Roboter-Einsatz im OP: Wir waren bei einem 3-stündigen Da-Vinci-Eingriff dabei

Das ist nicht Science-Fiction, sondern schon Realität: Der OP-Roboter Da-Vinci unterstützt Ärzte bei Eingriffen. Von selbst funktioniert er dabei aber nicht.

7 Min.
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Operation mit einem Da-Vinci-Roboter in der Medizinische Hochschule Hannover: Der Eingriff dauerte mehrere Stunden. (Foto: Stella-Sophie Wojtczak / t3n)

Seine vier Arme sind in Folie gehüllt, davor hängt noch ein großes OP-Tuch: Das Operationssystem Da-Vinci wartet auf seinen Einsatz. Der OP-Roboter soll an diesem Montagmorgen die beiden operierenden Ärzte Gerrit Grannas und Linda Feldbrügge in der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) bei einem Eingriff im oberen Bauchraum unterstützen. Dafür ist er selbst allerdings auf die Hilfe der beiden Ärzte und mehrere Assistenten angewiesen – von selbst kommt er nämlich nicht zu dem Patienten.

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Da-Vinci ist in der MHH gefragt: Das Gerät ist im Dauereinsatz, die Onkologie, in deren Rahmen auch diese OP stattfindet, hat ihn beispielsweise zwei Tage pro Woche. Bevor er zum Einsatz kommt, muss der Patient erst darauf vorbereitet werden. Er liegt bereits mit einer Vollnarkose auf dem OP-Tisch. Der Großteil seines Körpers liegt unter blauen OP-Tüchern, nur ein Rechteck zeigt einen etwas aufgeblähten Bauch. Damit genug Platz im Körper für die Operation ist, wird nämlich zuerst Luft eingepumpt, wie Feldbrügge erklärt. Gemeinsam mit Grannas führt sie den Da-Vinci-Eingriff durch.

5 Eingänge, 4 für Da-Vinci

Zur Vorbereitung der eigentlichen Operation werden fünf Eingänge gesetzt, vier braucht Da-Vinci. Der zusätzliche Eingang, quasi ein Loch im Bauchraum, ist für die Assistentin. Dadurch wird sie, ebenso wie der Roboter, in der gut dreistündigen Operation assistieren. Im OP-Saal ist es derweil ruhig – erst mit dem Einsatz von Da-Vinci ändert sich das. Der Roboter gibt akustisches Feedback: immer dann, wenn alles passt, oder auch, wenn etwas nicht in Ordnung ist.

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Erst einmal muss er dafür allerdings in Position gebracht werden. Vorher haben Grannas und Feldbrügge die fünf benötigten Trokare platziert. Trokare sind kleine Röhren, durch die die OP-Instrumente eingeführt werden – sie halten quasi die Eingänge zum Inneren des Patienten offen. Vier der Trokare davon sind für Da-Vinci reserviert. Durch die Röhren werden die an ihm befestigten Instrumente eingeführt.

Zuerst wird er von einem Assistenten an den OP-Tisch gefahren. Da-Vinci ist gut zwei Meter groß, die vier weißen Arme sind an seinem oberen Ende befestigt. Wie einer Art Spinne ragt er dann über den OP-Tisch. Obwohl er seitlich vom Patienten platziert wird, schweben die beweglichen Arme in sterilen Überzügen über Kopf und Oberkörper vom Patienten. So nehmen sie den Assistentinnen, die eher auf der Bauch- und Beinhöhe des Patienten Platz brauchen, keinen Raum weg. Außerdem ist so am Kopf des Patienten Platz, damit beispielsweise die Anästhesist:innen Zugang zu ihm haben.

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Der Da-Vinci-Roboter wurde über dem Patienten in Stellung gebracht. (Foto: Stella-Sophie Wojtczak / t3n)

Während der Roboter durch den Assistenten geschoben wird, ist auf dem Boden schon ein grünes Kreuz zu erkennen: Dieses wird über dem Patienten justiert. Steht der Roboter, fährt der Assistent die Arme über dem Patienten aus, damit die Assistentin am OP-Tisch die OP-Instrumente passend platzieren kann.

Kamera kommt als Erstes in den Patienten

Als Erstes wird die Kamera eingeführt: Durch einen Trokar geht der lange, silberne Stab mit einem leuchtenden Ende – schließlich wird im Inneren Licht benötigt, damit die Operierenden alles sehen können – in den Bauchraum. Die silberne Stange hat an dem Ende, welches nicht in den Patienten eingeführt wird, eine Art großen, weißen Clip: die Halterung für Da-Vinci. Zuerst wird die Stange durch den Trokar geführt, dann wird sie mit Arm Nummer 3 verbunden. Es macht kurz „Klick“, eine kleine Lampe leuchtet blau und dann grün: Die Kamera sitzt.

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Nach und nach werden an allen vier Armen die Geräte für die OP eingesetzt: An Arm eins ist ein OP-Werkzeug, das die Leber hochhält, befestigt, Arm zwei und vier sind entweder mit einer Art Zange oder einer Art Greifer, mit dem auch Gewebe durchtrennt und verödet werden kann, ausgestattet. Keinen seiner Arme kann Da-Vinci bewegen, ohne dass er dafür die Befehle durch einen Menschen bekommt.

Sitzen an einer Konsole statt Stehen am OP-Tisch

So sieht eine der Steuerungen für die Hand aus, der Zeigefinger kommt auf die schwarze Fläche. Auf dem Boden sind die Pedale für die Füße zu sehen. (Foto: Stella-Sophie Wojtczak / t3n)

Diese beiden Arme steuert zum Beginn der OP Grannas: Dafür sitzt er, etwa zwei Meter entfernt vom OP-Tisch, an einer Konsole. Die erinnert von der Form von außen an einen alten Spielautomaten: Es ist ein graues Gebilde. Der Operateur nimmt davor auf einem Stuhl Platz, die Arme werden auf eine Stütze gelegt.

Mit den Händen werden die beiden Steuermodule gegriffen: In je zwei weiße Schlaufen wandert entweder der Daumen oder der Mittelfinger, der Zeigefinger wird auf einer schwarzen Fläche platziert. Über diese Module werden die Werkzeuge im Bauch des Patienten gesteuert. Zuerst wählt er den ersten Arm aus, und stellt ihn so ein, dass er die Leber des Patienten hochhält. Wackelfrei und stabil ist sie ihm so nicht im Weg, während er mit den anderen beiden Werkzeugen beginnt, das Gewebe zu trennen. Ziel der Operation ist es, denn Magen als Speiseröhren-Ersatz vorzubereiten.

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Ihm gegenüber sitzt Feldbrügge an einer weiteren Konsole. Grannas kann ihr die OP digital übergeben, was er auch nach einiger Zeit macht. „Ich mache im Grunde noch das Gleiche wie bei einer minimal-invasiven OP, aber der Roboter ist dazwischengeschaltet. Der Vorteil ist, dass man eine viel größere Beweglichkeit hat“, so Feldbrügge.

Das OP-Werkzeug befindet sich nämlich am Ende der langen Stange, die durch den Trokar in den Menschen führt. Es ist lang wie ein Fingerglied, allerdings deutlich schmaler und an einem Drehgelenk befestigt. Das ermöglicht Bewegungen mit Drehungen um 360 Grad – bei herkömmlichen minimal-invasiv Eingriffen ist das nicht möglich. Bei diesen sei der Winkel, in dem die Instrumente bewegt werden könnten, geringer.

Patienten kommen vergleichsweise schneller auf die Beine

Während der OP wird das sichtbar: Die Roboterarme, an denen die OP-Instrumente an dem Verbindungsstück befestigt sind, bewegen sich nicht groß, außerdem bleibt der Mittelpunkt, an dem die Stangen in den Bauch gehen, stets stabil.

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Das sorgt auch dafür, dass nach der OP die Narben kleiner sind, was für die Patienten ein kosmetischer Vorteil sei. „Und sie kommen schneller wieder auf die Beine, im Vergleich mit einer offenen Operation“, sagt Feldbrügge im Gespräch, gesondert von der Operation. Während des Eingriffs ist sie konzentriert, spricht nur, wenn es um die Operation geht. Nach der Übergabe durch Grannas fährt sie mit der Trennung des Gewebes fort.

Dafür greift sie ein Stück mit dem OP-Werkzeug, das an eine Mini-Zange erinnert. Über Pedale am Boden der Konsole löst sie dann die Trennung des Gewebes aus, indem sie zwei Schalter mit dem Fuß berührt. Auf den Monitoren und auch in ihrer Konsolen-Ansicht ist dann ein „Cut“ zu lesen: Das Gewebe wurde durch Hitze geteilt und damit gleichzeitig verödet, damit es nicht im Inneren blutet. Dabei zeigt Da-Vinci auch Warnmeldungen an, etwa, wenn aus seiner Sicht nicht genug Gewebe in der kleinen Zange ist.

Magen wird als Schlauch geformt

Mit dieser Technik arbeitet sich Feldbrügge nach und nach durch das Innere des Patienten: Damit der Magen zu einem Schlauch geformt werden kann, muss erst das umliegende Gewebe gelöst werden. Als sie damit fertig ist, übernimmt Grannas. Er bringt den Magen mit einer Art Clip in seine neue Form als Schlauch – vorher erinnerte er eher an einen unförmigen Ball.

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Dafür wird das OP-Besteck am zweiten Arm von Da-Vinci gewechselt: Die Assistentin fasst dafür das weiße Verbindungsstück am Roboter an, klickt es raus und zieht den langen Stab durch den Trokar aus dem Inneren. Eingesetzt wird ein neues Instrument, an dessen Ende sich der Clip befindet. Grannas kann ihn über die Konsole steuern.

Damit er den Magen passend greifen kann, unterstützt ihn die Assistentin, indem sie mit einer weiteren Art kleiner Zange, eingeführt durch den fünften, äußersten Trokar, den Magen hält oder quasi anreicht. Grannas greift dann mit der Konsolen-Steuerung den passenden Teil: Mit dem Fußschalter schließt er den Clip. Auf dem Monitor sieht das in etwa so aus wie eine Müslitüte, die mit einem Clip verschlossen wird.

Assistentin reicht OP-Utensilien in den Bauchraum an

Dieser Prozess erfolgt mehrmals – bis ein Schlauch entstanden ist. Was auf dem Bildschirm deutlich vergrößert und scharf angezeigt wird, ist natürlich in Wahrheit deutlich kleiner. Beispielsweise wurde während der Operation auch Gewebe entnommen: Dafür reicht die Assistentin mit OP-Besteck eine Art kleine Tüte in den Bauchraum, in die das Gewebe gelegt wird.

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Obwohl es auf dem Bildschirm so aussieht, als würde das nicht durch die Röhre mit nur wenigen Zentimetern Durchmesser passen, klappt es natürlich – sobald die Tüte draußen ist, fällt auf, das sie nicht einmal so groß wie eine Hand ist.

Faszinierend ist auch der Moment, als die Vorbereitung des Magens so gut wie abgeschlossen ist: Er muss nur noch vernäht werden. Dafür reicht die Assistentin mit einem OP-Instrument medizinisches Garn samt entsprechender, sehr kleiner Nadel durch den Trokar. Grannas greift mit den am Roboter befindlichen OP-Instrumenten diese Nadeln mit Garn und vernäht, gesteuert über die Handteile an seiner Konsole, den Magen entsprechend. Nach wenigen Minuten ist es geschafft.

OP verläuft positiv

Es ist der Abschluss der OP, die in zwei Eingriffe aufgeteilt ist. Für den zweiten Teil muss der Patient allerdings umgelagert werden, Da-Vinci wird also erst einmal abmontiert. Das geht schneller als der Aufbau: Durch die Trokare wird das jeweilige OP-Werkzeug entfernt, die Verbindungen werden gelöst.

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Grannas und Feldbrügge vernähen die kleinen, runden Wunden am Bauch des Patienten. Währenddessen fährt der Assistent den Roboter wieder an seinen Ausgangspunkt an der Wand zurück – hier wartet er auf seinen nächsten Einsatz, der etwa eine halbe Stunde später folgen wird.

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