Anzeige
Anzeige
MIT Technology Review News
Verpasse keine News mehr!

Sauberer Treibstoff aus Exkrementen: So stellt eine Mannheimer Kläranlage Methanol für Schiffe her

Mit einem neuen Verfahren wird aus CO₂ Methanol produziert, das unter anderem als Treibstoff für Schiffe taugt. Der Ort des Geschehens: ein Klärwerk in Mannheim.

3 Min.
Artikel merken
Anzeige
Anzeige

Die Schifffahrt klimaneutraler zu machen, ist immer noch ein langer Weg.
(Foto: Gerhard Roethlinger / Shutterstock.com)

Wie man aus Exkrementen „Gold“ machen kann, ist seit Kurzem in Mannheim zu beobachten. Das Startup ICODOS, das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und die Stadtentwässerung der Stadt Mannheim haben die örtliche Kläranlage nachgerüstet und in eine Produktionsstätte für grünen Schiffstreibstoff verwandelt. Aus den Abwässern und grünem Wasserstoff wird in der Demonstrationsanlage „Mannheim 001“ Methanol gewonnen – laut ICODOS-Angaben klimaneutral.

Anzeige
Anzeige

Die in Containern untergebrachte Technologie nutzt dazu CO₂, das in der Biogasanlage des kommunalen Klärwerks entsteht. In den beiden stählernen Faultürmen, die wie riesige, silbrige Vogeleier in den Himmel ragen, verwandeln Bakterien die Stoffe aus dem Abwasser nicht nur in Biogas zum Heizen, sondern eben auch in CO₂, das lange ein unerwünschtes Abfallprodukt war. „Die Technologie, mit der wir das Kohlendioxid aus dem Biogasgemisch extrahieren und in Methanol umwandeln, ist das Herzstück unseres neuen und patentierten Verfahrens“, sagt ICODOS-Gründer David-Andre Strittmatter.

E-Methanol aus CO₂

Das Gasgemisch wird dazu in ein Wasser-Methanol-Gemisch geblasen, in dem sich praktisch nur das CO₂ löst. Durch geeignete Temperatur-Druck-Kombinationen wird es anschließend wieder freigesetzt „und kann gleichzeitig mit Wasserstoff zu Methanol umgesetzt werden“, betont der Unternehmer. Diese Kombination der Prozessschritte sei bisher einzigartig. Und es gebe eine weitere Besonderheit. Denn als Produkt entstehe zunächst kein reines Methanol, sondern ein Methanol-Wasser-Gemisch. Davon werde nur ein Teil destilliert, um reines Methanol für den Schiffsbetrieb zu bekommen. „Der Clou ist, dass wir den anderen Teil des Gemischs wieder in den Prozess zurückführen, als Lösungsmittel für die CO₂-Entnahme. Dieses Hybridsystem regeneriert sich also kontinuierlich selbst.“

Anzeige
Anzeige
In einem Mannheimer Klärwerk kann seit kurzem Methanol gezapft werden. Der Alkohol taugt unter anderem als Schiffstreibstoff und Rohstoff für die Chemieindustrie. (Foto: Karlsruher Institut für Technologie)

In einem Mannheimer Klärwerk kann seit Kurzem Methanol gezapft werden. Der Alkohol taugt unter anderem als Schiffstreibstoff und Rohstoff für die Chemieindustrie. (Foto: Karlsruher Institut für Technologie)

Bisher wird Kohlendioxid für die grüne Methanolproduktion üblicherweise über Membranen abgetrennt oder in Lösungen mit Stickstoffverbindungen chemisch gebunden. Einige Forschungsgruppen arbeiten zudem mit sogenannten metallorganischen Gerüstverbindungen, sogenannten MOFs, die CO₂-Moleküle in molekularen Gitterkäfigen aufnehmen und halten. Von einer neuen Methode, das Treibhausgas in schwammartigen Substanzen aus der Luft zu ziehen, um daraus E-Methanol herzustellen, berichtete kürzlich etwa das Startup Aerleum aus Frankreich.

Hinweis: Dieser Podcast wird durch Sponsorings unterstützt. Alle Infos zu unseren Werbepartnern findest du hier.

Anzeige
Anzeige

Mit Luft würde das ICODOS-Verfahren allerdings nicht funktionieren. Der CO₂-Gehalt darin beträgt nicht einmal ein Zwanzigstel Prozent. „Wir können Gasgemische nutzen, deren CO₂-Gehalt größer als zwei Prozent ist“, sagt Strittmatter. Aber auch dafür gebe es etliche weitere Quellen, etwa Biogas aus landwirtschaftlichen Abfällen oder Industriekläranlagen. Schlämme aus der Zellstoffproduktion und Abgase aus Zementwerken oder Müllverbrennungsanlagen seien ebenfalls geeignet, berichtet der Unternehmer. „Unser Fokus liegt aber derzeit auf den biogenen Quellen.“

Wertschöpfungskette von ICODOS.

Wertschöpfungskette von ICODOS. (Grafik: ICODOS)

Begrenztes Angebot an Wasserstoff

In der Mannheimer Demonstrationsanlage können laut ICODOS zwischen 15.000 und 17.000 Liter E-Methanol pro Jahr produziert werden. „Das reicht natürlich nur für kleine Schiffe“, räumt Strittmatter ein. Für größere Mengen brauche es viele solcher dezentralen Anlagen. Dann könnten künftig auch Container- oder Kreuzfahrtschiffe mit grünem Methanol aus der Kläranlage versorgt werden und die Chemieindustrie. Methanol ist ein wichtiger chemischer Rohstoff, als Lösungsmittel oder als Grundstoff etwa für Polymere, Harze und Lacke.

Anzeige
Anzeige

Beim Hochfahren der grünen Methanolproduktion helfen den Entwicklern weitere Anlagen in Frankreich, Spanien und Skandinavien. Die Technologie sei im Grunde beliebig skalierbar, sagt Strittmatter. Nur das Angebot an Gasgemischen dafür sei natürlich begrenzt und auch das Angebot an grünem Wasserstoff. Dessen Produktion verschlingt zudem eine Menge Energie. „Für eine Anlage im konventionellen Maßstab bräuchte man schon einen eigenen Windpark von vier bis fünf Gigawatt.“ Ob die E-Methanolproduktion aus Klärschlämmen Schule macht, hängt nicht zuletzt von der Wirtschaftlichkeit ab.

Mehr zu diesem Thema
Fast fertig!

Bitte klicke auf den Link in der Bestätigungsmail, um deine Anmeldung abzuschließen.

Du willst noch weitere Infos zum Newsletter? Jetzt mehr erfahren

Anzeige
Anzeige
Kommentare

Community-Richtlinien

Bitte schalte deinen Adblocker für t3n.de aus!
Hallo und herzlich willkommen bei t3n!

Bitte schalte deinen Adblocker für t3n.de aus, um diesen Artikel zu lesen.

Wir sind ein unabhängiger Publisher mit einem Team von mehr als 75 fantastischen Menschen, aber ohne riesigen Konzern im Rücken. Banner und ähnliche Werbemittel sind für unsere Finanzierung sehr wichtig.

Schon jetzt und im Namen der gesamten t3n-Crew: vielen Dank für deine Unterstützung! 🙌

Deine t3n-Crew

Anleitung zur Deaktivierung
Artikel merken

Bitte melde dich an, um diesen Artikel in deiner persönlichen Merkliste auf t3n zu speichern.

Jetzt registrieren und merken

Du hast schon einen t3n-Account? Hier anmelden

oder
Auf Mastodon teilen

Gib die URL deiner Mastodon-Instanz ein, um den Artikel zu teilen.

Community-Richtlinien

Wir freuen uns über kontroverse Diskussionen, die gerne auch mal hitzig geführt werden dürfen. Beleidigende, grob anstößige, rassistische und strafrechtlich relevante Äußerungen und Beiträge tolerieren wir nicht. Bitte achte darauf, dass du keine Texte veröffentlichst, für die du keine ausdrückliche Erlaubnis des Urhebers hast. Ebenfalls nicht erlaubt ist der Missbrauch der Webangebote unter t3n.de als Werbeplattform. Die Nennung von Produktnamen, Herstellern, Dienstleistern und Websites ist nur dann zulässig, wenn damit nicht vorrangig der Zweck der Werbung verfolgt wird. Wir behalten uns vor, Beiträge, die diese Regeln verletzen, zu löschen und Accounts zeitweilig oder auf Dauer zu sperren.

Trotz all dieser notwendigen Regeln: Diskutiere kontrovers, sage anderen deine Meinung, trage mit weiterführenden Informationen zum Wissensaustausch bei, aber bleibe dabei fair und respektiere die Meinung anderer. Wir wünschen Dir viel Spaß mit den Webangeboten von t3n und freuen uns auf spannende Beiträge.

Dein t3n-Team

Kommentar abgeben

Melde dich an, um Kommentare schreiben und mit anderen Leser:innen und unseren Autor:innen diskutieren zu können.

Anmelden und kommentieren

Du hast noch keinen t3n-Account? Hier registrieren

Anzeige
Anzeige