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MIT Technology Review Interview
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SETI Post Detection Hub: Wissenschaftler entwickeln Kommunikationsprotokolle für den Erstkontakt mit Aliens

Kontakt zu Außerirdischen ist ein beliebtes Motiv in der Science-Fiction. In der Realität erforscht der „SETI Post Detection Hub“, was dann zu tun wäre.

Von Wolfgang Stieler
6 Min.
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Wollen Aliens Kontakt mit uns aufnehmen? (Foto: Shutterstock / John A Davis)

Aliens, die Kontakt – im Guten wie im Bösen – mit Erdbewohnern stehen, ist ein beliebter Stoff in der Science-Fiction. Welche Kommunikationsmittel Autor:innen und Filmschaffende finden, ist beachtlich. Doch auch die reale Wissenschaft setzt sich mit der Frage auseinander: Wie soll die Menschheit reagieren, wenn man herausfindet, dass wir nicht allein sind? Das ist der Kern der Aufgabe des „Seti Post Detection Hub“. Die Forschungseinrichtung hat im Jahr 2022 ihre Arbeit aufgenommen und ist seitdem erstmals eine permanente Institution, um Protokolle und Verfahren zu entwickeln, falls uns außerirdische Signale jemals erreichen sollten. Worin genau die Arbeit des Hubs besteht, erklärt der Leiter John Elliott im Interview mit MIT Technology Review.

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MIT Technology Review (TR): John Elliott, Sie haben ein Seti Post Detection Hub eingerichtet. Was macht er?

John Elliott forscht gemeinsam mit Kollegen an der Frage, was genau zu tun ist, wenn wir tatsächlich Signale von Aliens empfangen.

John Elliott forscht gemeinsam mit Kolleg:innen an der Frage, was genau zu tun ist, wenn wir tatsächlich Signale von Aliens empfangen.
(Foto: University of St Andrews)

John Elliot: Um die Frage zu beantworten, muss ich etwas ausholen. Ich bin seit 25 Jahren am Seti-Projekt (Search für Extraterrestrial Intelligence) beteiligt. Meine Hauptforschungsarbeit besteht darin, zu erkennen, welche Art von Signal wir empfangen könnten, und was wir in der Struktur, dem Inhalt des Signals suchen müssen, um dann die Entschlüsselung vorzunehmen.

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Im Zuge dieser Arbeit wurde mir klar: Es gab keine Vorbereitung, keinen Plan im Vorfeld dieses Ereignisses, was wir eigentlich tun sollten, wenn wir wirklich etwas finden. Wie sollten wir damit umgehen?

Ich habe erkannt, dass wir eine Strategie ausarbeiten müssen. Alles, was wir bisher hatten, ist die Idee der Transparenz. Wenn wir ein Signal erhalten, ist es die Pflicht der Forschergemeinschaft, es allen mitzuteilen und nicht geheim zu halten.

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Also habe ich um 2008 herum angefangen, Papiere über eine Strategie zur Entschlüsselung nach der Entdeckung eines solchen Signals zu schreiben, und nach einigen Gesprächen wurde mir dann klar, dass ich diese Initiative selbst starten muss. Das ist ein bisschen, wie bei den Pfadfindern: Sei allzeit bereit.

Das ist der Grund, warum die Organisation gegründet wurde, weil wir einen Plan brauchen. Andernfalls hätten wir einfach weitergemacht und uns nur auf die Suche konzentriert und unsere verbesserten Fähigkeiten des Hinschauens und Zuhörens da draußen entwickelt, ohne einen Plan zu haben, wie wir es der Menschheit mit all ihren dynamischen Veränderungen in der Technologie wie den sozialen Medien mitteilen würden. Zum Glück stieg das Interesse an dieser Arbeit mit der Entdeckung von immer mehr Exoplaneten rapide an.

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Interdipisziplinäres Team

TR: Was sagen denn andere Wissenschaftler dazu?

Elliot: So ziemlich das Gleiche wie ich: dass es da draußen Leben geben muss. Wir sprechen hier von Wissenschaftlern aus allen Bereichen des Lebens. Das Fachwissen deckt über 40 verschiedene Disziplinen ab. Das derzeitige Team besteht aus 36 Personen. Es handelt sich um Experten, die weltweit verteilt sind, von Athen bis Kalifornien, von Kanada bis Australien, und überall dazwischen – einige auch in Deutschland.

Aber es gibt auch viele Facetten des Problems: Wir sprechen über Weltraumrecht, Ökonomie, Politik bis hin zu der Frage, wie solch eine Entdeckung unser tägliches Leben beeinflusst.

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TR: Wie wird die Arbeit finanziert?

Elliot: Im Moment sind alle, wie gute altmodische Akademiker, mit Enthusiasmus dabei und arbeiten ohne Bezahlung. Aber wir haben uns um Fördergelder beworben und drücken die Daumen, dass das klappt.

„So kann man einen Dialog beginnen“

TR: Wie kann Kommunikation mit Aliens überhaupt funktionieren? Was ist die gemeinsame Basis für die Kommunikation mit etwas völlig Fremdem?

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Elliot: Das Universum um uns herum. Wenn Sie plötzlich mitten im Amazonas-Regenwald auf einen verschollenen, indigenen Stamm stoßen, hätten Sie den Wald als gemeinsamen Bezugsrahmen um sich herum. Sie würden nicht anfangen, über Computer zu reden. Man würde also etwas aufgreifen, auf das man zeigen könnte, sagen wir einen Baum, und diesen als gemeinsamen Bezugsrahmen verwenden. So kann man einen Dialog beginnen.

Inwieweit wir den Inhalt verstehen können, ist natürlich eine andere Sache. Es liegt in der Natur der Kommunikation, dass es eine willkürliche Paarung zwischen dem von Ihnen geschaffenen Symbol und der dahinter stehenden Bedeutung gibt. Wenn man also nicht etwas hat, das tatsächlich darauf hindeutet, dass man wie der Anthropologen mitten im Amur-Regenwald arbeiten kann, dann können wir nur von den Strukturen ausgehen, von der Syntax.

Wahrscheinlich würden wir Bilder verwenden, um metaphorisch auf „etwas zu zeigen“, und von dort aus weitergehen. Wir haben Bilder verwendet, in der Arecibo-Botschaft von 1974. Die ist aber leider ziemlich verwirrend in ihrer Zusammensetzung. Wir müssen sehr klar in der inhaltlichen Struktur solch einer Botschaft sein. Was wir sagen, ist eine Frage, die ich nicht in die Hände allein von uns Forschern legen möchte. Wenn wir für die gesamte Menschheit kommunizieren wollen, dann ist das der Punkt, an dem eine Organisation wie die UNO involviert sein sollte.

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TR: Sagten Sie die Uno?

Elliot: Zu unseren Mitgliedern gehören bereits Leute, die mit der Uno, der Europäischen Weltraumorganisation, der Nasa und all diesen wichtigen Organisationen in Verbindung stehen, so dass wir bereits Gespräche mit diesen Parteien führen. All dies ist aus meinem jahrzehntelangen Wissen innerhalb der Seti-Gemeinschaft und der Erkenntnis, was benötigt wird, entstanden und wurde von mir vorangetrieben.

„Es wäre eine Verschwendung von Chancen, einfach zu schweigen“

TR: Nun wäre es ja durchaus möglich, dass es dort draußen zwar intelligentes Leben gibt, aber jeder – wenn man das so sagen kann – schweigt, weil die anderen vielleicht technisch überlegen, aber nicht freundlich gesinnt sind. Was denken Sie darüber? Und ist dieses Dilemma auf irgendeine Weise zu lösen?
Elliot: Das Dilemma, von dem Sie sprechen, ist eine Diskussion, die wir in der Seti-Gemeinschaft schon oft geführt haben. Und ich würde sagen, dass die Meinungen am Ende jeder Diskussion, wie auch am Anfang 50 zu 50 geteilt sind.

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Natürlich sehen wir das Potenzial für Feindseligkeit – schon aufgrund unserer eigenen Geschichte. Aber viele von uns, wie ich selbst, sind der Meinung, dass es eine Verschwendung von Chancen wäre, einfach zu schweigen.

Es würde eine Menge Zeit und Energie, Ressourcen, benötigen, um sich die Mühe zu machen, uns zu besuchen. Ich sage nicht, dass die Wahrscheinlichkeit dafür nicht gleich Null ist, aber ich würde sagen, dass sie ziemlich nahe dran ist – das ist natürlich nur meine eigene Meinung. Ich glaube, dass die Lichtgeschwindigkeit eine Grenze ist. Wir werden keine Star Trek-Technologie haben. Ich glaube nicht, dass wir die Lichtgeschwindigkeit mit irgendetwas brechen werden, das größer ist als ein kleines, masseloses Elementarteilchen, wie es in der Natur vorkommt.

Wir können ziemlich sicher sein, dass, wenn es da draußen etwas gibt, ist es nicht vor unserer Haustür. Aber selbst das wäre kein unbedeutendes Unterfangen. Es würde ungefähr 70.000 Jahre dauern, um zu unserem nächsten anderen Stern zu reisen.

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Natürlich kann ich mich irren, aber ich denke, die Wahrscheinlichkeit dafür ist auf meiner Seite. Und um noch einmal darauf zurückzukommen, was für eine Verschwendung es wäre, nicht zu erkennen, dass es Intelligenzen da draußen gibt und hoffentlich von ihnen zu lernen. Denn es ist genauso wahrscheinlich oder wahrscheinlicher, dass sie gutartig und einfach nur neugierig sind wie wir. Zudem glaube ich, dass ein längeres Überleben und eine höhere Entwicklung und Intelligenz die Wahrscheinlichkeit dafür erhöhen würde.

„Transparenz muss sofort gegeben sein“

TR: Gibt es ein Protokoll, das sicherstellt, dass diese Transparenz, von der Sie vorhin sprachen, auch wirklich stattfindet?

Elliot: Nun, das ursprüngliche Seti-Protokoll, das es seit 1989 gibt, besagt, dass die Transparenz sofort gegeben sein muss. Und die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass nicht nur eine einzige Radioantenne dieses Signal empfängt. Ein zweites Teleskop wird versuchen, das Signal zu empfangen werden, damit man triangulieren kann, woher es kommt.
Es wird vielleicht unterschiedliche politische Absichten geben, wie damit umzugehen ist. Aber die Regierungen werden erst wissen, dass es Kontakt gibt, wenn die Entdecker, die Wissenschaftler, es bekannt geben. Ich denke also, dass wir einen Vorsprung haben werden, was Transparenz angeht. Aber wir müssen einen Plan haben, das tatsächlich auf die richtige Art und Weise zu kommunizieren. Die Art und Weise, wie wir es der Menschheit mitteilen, ist wichtig.

18 atemberaubende Bilder der Erde aus dem Weltall Quelle: NASA
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