Burnout-Prävention: So erkennst du Anzeichen von Burnout bei Freunden und Kollegen
Wir müssen über Erschöpfung reden. Gemeint ist dieses Gefühl, nicht mehr zu können, nicht mehr zu wollen und dass alles einfach sinnlos ist und sowieso: Es reicht nicht nur, es geht auch nichts mehr. Und ja, wir starten alle mit neuer Energie ins neue Jahr – und das macht diese Zeit zum perfekten Moment, sich mit der Erschöpfung zu beschäftigen. Denn die kommt schon noch. Wenn nicht bei dir, dann bei Menschen in deinem Umfeld.
Seit etwa 25 Jahren sprechen wir, wenn wir von Erschöpfung reden, von Burnout. Der Burnout bekommt im neuen Klassifikationssystem der Krankheiten (ICD 11) auch endlich einen Eintrag, der
- sich allerdings nur auf andere bestehende Krankheiten bezieht und dabei
- ausschließlich für die Arbeit gilt.
Beides ist ärgerlich, weil der Burnout kein Modebegriff mehr ist. Burnout bedeutet: Ich habe mich reingehängt und es war zu viel. Eltern können ausgebrannt sein, Arbeitslose können ausgebrannt sein, Sportler:innen, Schüler:innen und Studierende können ausgebrannt sein. Und all das kann echt krank machen. Damit müssen wir uns befassen, denn wenn erschöpften Menschen nicht geholfen wird, dann können sie eine Substanzabhängigkeit entwickeln, Depressionen, Schlafstörungen, schwere körperliche Symptome. Wir müssen hinschauen.
Wie du Menschen erkennst, die auf Erschöpfung oder Burnout zusteuern
Brauchbar sind im ICD 11 immerhin die Merkmale des Burnouts:
- Gefühle der Energieerschöpfung oder Erschöpfung,
- erhöhte mentale Distanz zur Arbeit oder Gefühle von Negativismus oder Zynismus in Bezug auf die Arbeit und
- ein Gefühl der Ineffektivität und des Mangels an Leistung.
Wenn wir uns das genauer anschauen, sehen wir in Punkt 2 und 3 Kennzeichen der Erschöpfung und in Punkt 1 den Kern des Problems: Die Leute sind durch. Diese Warnsignale solltest du kennen, denn sie sind nicht wirklich intuitiv:
- Erste Vorwarnzeichen sind Ungeduld und Reizbarkeit. Dieses Verhalten wird oft auf die Persönlichkeit geschoben, wir sprechen dann vom fundamentalen Attributionsfehler. Tatsächlich müssen wir davon ausgehen, dass Umstände einen größeren Einfluss haben.
- Manche Menschen werden empfindlich, das ähnelt der Reizbarkeit. Plötzlich ist ihnen das Gespräch zu laut, das Licht zu grell, die Lüftungsanlage zu luftig. Das ist ganz normal – Übererregung kann dazu führen, dass Reize dieser Art nicht mehr ausgeblendet werden können.
- Andere zeigen maximale Nachgiebigkeit und Flexibilität. Sie wirken entweder, als hätten sie sich selbst aufgegeben oder als wollten sie den Held:innen-Tod sterben.
- Es gibt Menschen, die einfach immer witziger werden und ihre Beanspruchung damit kompensieren – bis sie die Grenze zum Fiessein überschreiten. Dann sind sie zynisch, herablassend, sprechen schlecht über andere. Patient:innen werden Nummern oder Organe, Lesende werden Klickvieh.
Erschöpfung und Burnout: Was nun?
Wenn du das Gefühl hast, Menschen um dich herum steuern auf Erschöpfung oder Burnout zu, dann sprich sie an. Das gilt ganz besonders in den Fällen, in denen sie dir mit ihrem Verhalten schon auf die Nerven gehen. Das heißt gar nicht, dass du ihre Probleme lösen musst. Zeig den Betroffenen, dass sie gesehen werden. Manche Menschen warten darauf, dass man ihnen sagt, dass sie sich Hilfe holen wollen. Das ist sicher nicht ideal, aber es gilt in diesem Fall nicht als zulässige erzieherische Maßnahme, sie mit ihrer Beanspruchung allein zu lassen. Lasst uns einander helfen, sonst tut es keiner.
Vielleicht sollten wir wieder öfter von Erschöpfung sprechen. Erschöpfung klingt schwach, während Burnout nach Hochleistung klingt. Aber genau das könnte den Begriff der Erschöpfung so hilfreich machen, denn er bezieht sich auf das, was ist, nicht auf das, was war. Du darfst erschöpft sein. Du musst es nicht dadurch begründen, dass du gebrannt hast. Wir leben alle im gleichen System. Wir glauben es dir auch so.