Wichtige Gespräche, aufregende Präsentationen: Manche Menschen drehen hier erst richtig auf, viele jedoch nicht. Vor allem Introvertierte leiden unter Lampenfieber, so auch Lisa Fenske. „Ich arbeite seit Jahren in der gleichen Agentur und kenne meine Chefin gut“, erzählt die Web-Entwicklerin im t3n-Gespräch. „Trotzdem bekomme ich jedes Mal einen Schweißausbruch, wenn ich über mein Gehalt sprechen möchte.“ Verhandlungen, das weiß Fenske, sind im Job unumgänglich, wenn die eigenen Interessen gewahrt bleiben sollen. Dennoch wird ihre Stimme jedes Mal blechern, die Knie weich und die Hände feucht. Gespräche, in denen sie überzeugen muss, sind ihr unangenehm, und doch zwingt die 28-Jährige sich einmal jährlich, das Gehalt im Mitarbeitergespräch zum Thema zu machen. Für sie fühle sich das wie ein Spießrutenlauf an.
Psychologisch betrachtet ist Lampenfieber die Furcht vor einer ablehnenden Haltung anderer Personen. Eine große Aufregung spüren Menschen vor allem dann, wenn sie sich in der Situation stark abhängig machen. Im Job trifft das in der Regel auf fast alle Berufstätigen nicht nur einmal zu: Arbeitende, die ständig wichtige Präsentationen vor Kunden halten, trifft es genauso wie Personen, die – wie Lisa Fenske – in einem Mitarbeitergespräch nur gelegentlich im Mittelpunkt stehen. Der berühmte Schriftsteller Mark Twain hat es auf den Punkt gebracht: „Das menschliche Gehirn ist eine großartige Sache. Es funktioniert vom Augenblick der Geburt an bis zu dem Zeitpunkt, wo du aufstehst, um eine Rede zu halten.“ Und so fühlt es sich dann oft auch an, wenn andere Menschen für sich gewonnen werden müssen. Das Gefühl kennt wohl jeder Mensch.
Gut vorbereitet auf Hoppalas
Silvia Agha-Schantl ist studierte Kommunikationswissenschaftlerin und gefragte Trainerin für überzeugendes Auftreten. Beklemmungen, so weiß sie, können wirklich jeden treffen. „Die meisten Menschen haben Panik vor Lampenfieber“, so die Expertin im t3n-Gespräch. „In dem Moment, in dem sie feststellen, dass jetzt die Nervosität kommt, beginnen sogar viele, noch gestresster zu werden.“ Agha-Shantl kennt diese Mechanismen auch aus eigener Erfahrung, denn als Keynote-Speakerin steht sie regelmäßig vor großem Publikum. Die grundlegendste Erkenntnis, die sie aus diesen Situationen mitgenommen hat, lautet: „Es ist wichtig, Lampenfieber zu akzeptieren und es nicht zu bekämpfen, denn damit erhöht sich der Druck nur noch weiter und das stresst noch mehr.“ Sich in das Lampenfieber hineinzusteigern, sei kontraproduktiv.
„Es ist wichtig, Lampenfieber zu akzeptieren!“
Um selbstbewusst zu bleiben, sei gute Vorbereitung immer die Grundvoraussetzung, so sagt sie. Das beginne schon damit, dass die jeweilige Person mindestens eine Stunde vorher startklar sein sollte. „Niemandem ist geholfen, wenn man gestresst zum Termin kommt.“ Zudem müsse der Inhalt klar sein. „Was will ich wann mit welchen Hilfsmitteln wem mitteilen?“ Diese Frage hilft, schon vorab das wichtige Gespräch oder die aufregende Präsentation in die richtige Richtung zu lenken. Wer richtig gut vorbereitet sein will, stellt sich auch auf „Hoppalas“ ein, wie Silvia Agha-Schantl potentiell auftretende Probleme nennt. Vorbereitet zu sein, heißt auch, sich Horrorszenarien vorzustellen und Exit-Strategien zurechtzulegen. Das können fehlende Argumente, technische Pannen oder desinteressierte Gesprächspartner beziehungsweise Zuhörende sein.
Auch Lisa Fenske folgt diesen Ratschlägen in ihren Gehaltsverhandlungen. „Ich geh nie einfach nur ins Gespräch und bitte um mehr Geld“, so die Angestellte. „Ich recherchiere branchentypische Gehälter, überlege mir gute Argumente, warum ich die Erhöhung verdiene, und verweise dabei auch auf erfolgreiche Projekte oder wie ich mich persönlich weiterentwickelt habe.“ Außerdem, so die Web-Entwicklerin, überlegt sie sich schon im Vorfeld, welche Gründe ihr Arbeitgeber anführen könne, um zu seinen Gunsten zu verhandeln. Agha-Schantl befürwortet das und fügt hinzu, sich immer auch mit einer Frage zu konfrontieren: „Was wäre das Schlimmste, was ich sagen beziehungsweise tun könnte, um tatsächlich alles noch zu vermasseln?“ So komme die jeweilige Person recht zackig auf Ideen, wie sie lösungsorientiert mit einem Fauxpas umgehen kann.
Den Körper in den Griff bekommen
Neben Akzeptanz und guter Vorbereitung lasse sich aber noch mehr tun. Der Stress vor dem großen Auftritt basiert natürlich auch auf biochemischen Prozessen im Körper, die Berufstätige nicht noch anfeuern sollten. Vor allem Cortison- und Adrenalin-Ausschüttungen führen zu Anspannungen. Silvia Agha-Schantl meint deshalb, dass ein häufig begonnener Fehler zu vermeiden sei: Aufputschende Getränke wie Kaffee oder Energy-Drinks zu sich zu nehmen. Viele Menschen glauben, es würde ihre Konzentration und Reaktionsfähigkeit steigern, jedoch bewirke das meist das Gegenteil. „Klares, lauwarmes Wasser ist am besten“, so die Expertin. „Das verdünnt die aufputschenden Stoffe im Blut.“ Außerdem, so weiß sie, unterstützt ein kräftiger Schluck nach einer These in der Präsentation die Dramatik und helfe im Gespräch, Zeit für einen Gedanken zu finden.
Atemübungen können sehr helfen. Zum Beispiel aus dem Yoga.
Alkohol könnte helfen ;)
In Maßen. Wird man gelassener, selbstbewusster. Evtl. auch psychologischer Effekt.
Oder man spricht das Thema einfach an: „Entschuldigung, dass ich Lampenfieber habe, ich bin nicht oft in dieser Situation“. Auch das kann den Druck rausnehmen.